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Unmut. HU-Präsidentin Sabine Kunst kann ihr Sparziel noch nicht erreichen.

© Anja Kühne

Finanzloch: Die Humboldt-Uni quält sich

Acht Prozent sollen alle Fakultäten sparen. Doch die Vorgabe der Uni-Leitung wird bislang nicht erfüllt.

„Dieser Raum wurde im Rahmen der Strukturplanung gestrichen“, ist auf mehreren Zetteln zu lesen, die an Türen des Erwin-Schrödinger-Zentrums in Adlershof kleben. Seit Monaten ist bekannt, dass die Leitung der Humboldt-Uni jeder Fakultät eine Sparsumme von acht Prozent auferlegt hat. Ein Finanzloch von etwa zehn Millionen Euro muss geschlossen werden. Der Strukturplan, in dem die Einsparungen abgebildet sein sollen, stand am Dienstag zur ersten Lesung auf der Tagesordnung des AS. Zahlreiche Stellen sollen bis 2030 entfallen.

Das Präsidium kürze „in vorauseilendem Gehorsam“, anstatt vom Berliner Senat mehr Geld zu verlangen, sagte eine Studentin, die sich bei der Fachschafts-Versammlung engagiert. Der Berliner Senat hält die HU aber für so auskömmlich finanziert wie die anderen Berliner Hochschulen. Wie ist es also zu dem Finanzloch gekommen? HU-Präsidentin Kunst sagte den Tagesspiegel, es handle sich gar nicht um „ein echtes Defizit“, sondern um eine „Vorsorge“. Dabei müsse die HU vor allem ihre in der Exzellenzinitiative geschaffenen Professuren in den eigenen Haushalt überführen. Tatsächlich hat die HU sich mit ihrem Exzellenzkonzept zu solchen Umschichtungen selbst gezwungen. Der FU bleiben sie erspart, weil ihr Exzellenzkonzept keine entfristeten Professuren enthält. Kunst nennt als Grund für das Defizit aber auch den vom Berliner Senat verlangten Ausbau der Lehrerbildung und das neue Bund-Länder-Programm für den Tenure Track: Für Juniorprofessoren müssen nun zusätzlich entfristete Professuren im Stellenplan ausgewiesen werden – was auf den Stellenplan drückt.

Die HU hat mehr W3-Professuren besetzt als eigentlich vorgesehen

Ein HU-Professor nennt noch andere Gründe für das Defizit: So habe die HU mehr der höher dotierten W3-Professoren berufen als vorgesehen sind. Unter diesen seien auch viele „teuer berufen“ worden. Auch die Umstellung auf SAP schlage zu Buche. Die Größe des Finanzlochs sei aber „eine Konstruktion“. Denn dort sei etwa die jahrelange Unterausstattung der Verwaltung mit abgebildet.

Die Uni-Leitung hat den Fakultäten schon vor Monaten Vorschläge dafür gemacht, wie sie entlang ihrer Stärken und Schwächen sparen sollen. Nicht überall stießen die Indikatoren dafür auf Zustimmung. Auch die Idee, nicht nur beim Mittelbau, sondern auch bei den Professuren zu sparen, stieß nicht auf Gegenliebe, wie Michael Brecht, Direktor des Instituts für Biologie, am Rande der Sitzung berichtete. Eine Kürzung von acht Prozent hätte für die HU einen Verzicht auf 32 Professuren bedeutet. Aus den Fakultäten wurden Brecht zufolge aber überhaupt nur sechs bis neun Professuren zum Sparen vorgeschlagen, was ein „Massaker“ im Mittelbau zur Folge haben werde. Der Biologe hält den Sparplan wegen seines Rasenmäherprinzips für „erbärmlich“: „Es gibt viele Flaschen an der HU, die stadtbekannt sind.“ Die Uni-Leitung traue sich aber nicht heran. Und weil viele Fakultäten keine Vorschläge im Umfang von acht Prozent gemacht hätten, würden noch die bestraft, die sich daran halten wollten. Brecht zog darum im AS das Sparangebot seines Instituts zurück.

"Die Schäfchen in den engeren Korridor treiben"

Ein Professor fragte Kunst denn auch: „Wie wollen Sie Ihre Schäfchen, die beim Sparen noch weit auseinanderliegen, in den engeren Korridor treiben?“ Und werde dieser bei den aktuell erst erreichten fünf Prozent Einsparung liegen oder tatsächlich bei acht Prozent? Eine klare Antwort bekam er darauf nicht.

Nachdem die Zeit für eine ausführliche Debatte am Dienstag nicht reichte und der vorgelegte Strukturplan als unvollständig und fehlerhaft gilt, wird nun für den AS eine Sondersitzung anberaumt. Es hob die Stimmung im AS nicht, dass der Beschluss über die Zulassungszahlen eine 300-prozentige Überlastung der Erziehungswissenschaften enthielt, weil Berlin die Lehrerbildung rasant ausbaut.

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