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Aufgestellt. Die LMU München will erneut einen Einzelantrag einreichen.

©  Imago

Exzellenzinitiative: Unis sind bundesweit skeptisch bei Verbünden

In Berlin denken die Unis über einen gemeinsamen Antrag bei der Exzellenzinitiative nach. Die Konkurrenz bundesweit ist dagegen skeptisch, was einen Verbundantrag angeht..

Allein nach der Exzellenzkrone greifen – oder im Verbund mit anderen Universitäten antreten? Vor dieser Frage stehen derzeit nicht nur die Berliner Universitäten, deren Präsidenten die Frage wie berichtet intensiv prüfen wollen. Auch die Konkurrenz diskutiert über Chancen und Risiken von Einzel- und Verbundanträgen – mit unterschiedlichem Enthusiasmus.

Anders als die Berliner Kollegen spielt Bernd Huber, Präsident der Ludwig-Maximilians-Universität München (LMU) keineswegs mit dem Gedanken eines Verbundantrages: „Ich hege Sympathien für die Einzelbewerbung.“ Die LMU wurde wie die Technische Universität München (TUM) bereits in der allerersten Runde des Wettbewerbs im Jahr 2006 zur „Exzellenzuni“ gekürt, München ist neben Berlin die einzige Stadt mit zwei ausgezeichneten Unis.

Huber sagt, beide Münchner Unis seien stark genug für eine Einzelbewerbung: „Jede hat große Anstrengungen unternommen ein eigenes Profil zu entwickeln – das sollte man in einer Eigenbewerbung zum Ausdruck bringen.“ Ohnehin würde man bereits dort zusammenarbeiten, wo es sinnvoll ist. Huber bezweifelt generell, dass Verbundanträge der Wissenschaft viel Gewinn bringen: „Synergien sind an Standorten wie München, Köln oder Berlin doch längst gehoben. Ich glaube nicht, dass das durch eine Gesamtaddition der Unis im Verbund wirklich besser wird.“

Die LMU will allein antreten, die TU München hält sich bedeckt

TUM-Präsident Wolfgang Herrmann hält sich bei dem Thema noch bedeckt. „Es ist noch viel Zeit, um von den Konzepten und Inhalten her die möglichen Partnerschafen auszuloten, und das machen wir in der Metropolregion München“, teilt er auf Anfrage mit.

Als mögliche Verbünde neben dem Dreierbund in Berlin und dem Münchner Duo hat Berlins ehemaliger Wissenschaftssenator Jürgen Zöllner Hamburg und Bremen, die Regionen Rhein-Neckar, Rhein-Main und Köln-Bonn-Aachen genannt. In diesen Wissenschaftsregionen existieren schon Allianzen, etwa im vor einem halben Jahr gegründeten „Verbund der Rhein-Main-Universitäten“ mit den Unis in Frankfurt, Mainz und Darmstadt. Daraus werde aber nicht automatisch ein gemeinsames Zukunftskonzept, sagt der Mainzer Präsident Georg Kausch. „Ob das nachher mit der Ausschreibung zusammenpasst, werden wir sehen.“ Der Verbund sei unabhängig von der Exzellenzinitiative gegründet worden und „für alle Beteiligten gewinnbringend“. Die Hochschulen der „Metropolregion Rhein-Neckar“, darunter die Universitäten in Heidelberg und Mannheim, treten bereits jetzt als „hervorragende Wissenschaftsregion in Deutschland und Europa“ auf. Die Verbund-Frage hinsichtlich der Exzellenzinitiative zu stellen, sei aber noch zu früh, heißt es aus Heidelberg.

Unter den drei Universitäten, die in der „ABC-Region“ (Aachen-Bonn-Cologne) zusammengeschlossen sind, gibt es schon erste Gespräche über eine Bewerbung im Verbund, wie eine Aachener Unisprecherin verrät. Es sei aber fraglich, ob die Synergien der sehr unterschiedlichen Unis für einen Verbund ausreichten. Hamburg und Bremen, bislang lose im größeren „Verbund Norddeutscher Universitäten“ verbandelt, scheinen mit einer gemeinsamen Bewerbung noch nicht zu sympathisieren: „Es gibt noch keine Überlegungen zu eventuellen Verbünden“, wird mitgeteilt.

Wie groß Verbünde werden dürfen, ist noch nicht geklärt

Wie groß dürfen Verbünde überhaupt werden? Wird es geografische Einschränkungen geben, etwa dass beteiligte Universitäten nicht mehr als hundert Kilometer voneinander entfernt sein sollten? Wie die Voraussetzungen für Verbundbewerbungen sein werden, weiß man beim Wissenschaftsrat, der für diese Förderlinie zuständig ist, noch nicht. „Wir haben selber erst am Ende des Aushandlungsprozesses von den konkreten Planungen zu den Förderlinien erfahren“, teilt Sabine Behrenbeck mit, die im Wissenschaftsrat für die Exzellenzinitiative zuständig ist. Noch müsse der Wissenschaftsrat „weitere Überlegungen anstellen beziehungsweise politische Vorstellungen ausloten, was die Verbünde angeht“.

Ob im Verbund oder im Alleingang – zunächst müssen die Unis die Qualifikation für einen Antrag für den Exzellenzstatus schaffen. Es gelten verschärfte Regeln: Mindestens zwei Cluster (statt bisher eins) werden vorausgesetzt, will eine Uni alleine zur Exzellenzuni gekürt werden. Für einen Verbund reicht es, wenn jede beteiligte Uni mindestens ein Cluster einbringt, gemeinsam müssen es mindestens drei sein.

Einige der elf "Exzellenzunis" müssen zittern

Einige der elf aktuellen „Exzellenzunis“ müssen jedenfalls zittern, sollten sie sich für einen Einzelantrag entscheiden. Bremen, Konstanz, Tübingen und auch die TU München wären derzeit gar nicht erst qualifiziert, da sie nur über ein Cluster verfügen. Heidelberg, Aachen, Köln und Dresden führen zwei Cluster. Wegbrechen darf ihnen also keines, es sei denn, sie gewinnen im kommenden Clusterwettbewerb ein neues dazu. Richtig sicher dürfte sich nur die LMU München mit vier Clustern fühlen, wohl auch ein Grund für LMU-Präsident Huber, einen Einzelantrag anzustreben. Von den Nicht- Exzellenz-Universitäten wiederum würden derzeit Frankfurt/Main (drei Cluster), Hamburg, Kiel, Münster, Bonn und Freiburg (alle zwei Cluster) zumindest die formalen Voraussetzungen für einen alleinigen Exzellenzantrag mitbringen.

Berlin hat derzeit vier Cluster. Bei zweien – „Topoi“ aus den Altertumswissenschaften, „Neurocure“ aus der Charité – teilen sich FU und HU die Sprecherrolle. Die HU verfügt über ein weiteres Cluster in den Geisteswissenschaften („Bild Wissen Gestaltung“), die TU über eines in der Chemie zum Thema Katalyse. Würden alle Cluster im nächsten Wettbewerb verlängert, würde das zusammen ausreichen, um die Hürde für einen Verbundantrag zu nehmen. Doch Gefahren birgt die Konstellation durchaus: Wenn etwa die TU ihr Cluster verliert und kein neues hinzugewinnt, wäre ein möglicher Dreierantrag gescheitert. Und sollten sich FU und HU doch für einen Einzelantrag entscheiden, können sie sich ebenfalls nicht zu sicher sein. Fällt eines ihrer gemeinsamen Cluster weg, würde der Antrag sogleich bei beiden wackeln, wird kein neues Cluster eingeworben.

Bestehende Cluster verlängern, neue einwerben

Neben Bewerbungen um neue Cluster werden sich die Universitäten bundesweit darum bemühen, schon bestehende verlängern zu lassen. Auch in Berlin: „Nach zehn Jahren erfolgreicher Arbeit ist eine hervorragende Grundlage für die weitere Entwicklung geschaffen worden. Womöglich müssen auch Sprecherrollen neu besetzt werden“, sagt FU-Präsident Peter-André Alt. Neue Cluster könne die FU auch aus Graduiertenschulen hervorbringen, die bereits eine gewisse Größe haben, etwa eine aus den Sozialwissenschaften, eine aus der Literaturwissenschaft. Aus der Antikenforschung wird es einen neuen Clusterantrag geben, ebenfalls aus der Medizin und aus den Naturwissenschaften. An der FU sind acht von elf SFBs naturwissenschaftlich, die FU ist also nicht nur in den Geisteswissenschaften sehr stark, wie Alt betont.

Die TU will ihr Katalyse-Cluster weiterentwickeln, sagt Präsident Christian Thomsen. Und auch ein gemeinsames Cluster der Universitäten zur Digitalisierung sei wünschenswert. Aktuell soll dazu ein Zentrum mithilfe der Berliner Einstein-Stiftung gegründet werden, ein Antrag ist unterwegs. Stark ist Berlin auch in Mathematik, auch von dort könnte ein neues Cluster kommen.

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