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Neue Diskussionen. Die TU könnte ein neues Wahlgremium schaffen.

© Ulrich Dahl/Technische Universität Berlin

Entmachtung der Professoren: Ringen um die Präsidentenwahl

Die TU Berlin prüft ein neues viertelparitätisches Wahlgremium. Nur noch bei der Nominierung der Kandidaten würden die Professoren die Mehrheit haben

Die TU Berlin ringt weiter um neue Wege der Mitbestimmung in den Gremien. Am Mittwoch diskutierte der Erweiterte Akademische Senat (EAS) einen neuen Vorschlag zum Thema Viertelparität, den TU-Präsident Christian Thomsen gemeinsam mit dem wissenschaftlichen Mitarbeiter Franz-Josef Schmitt vorgelegt hatte. Schmitt war vorher lange als Verfechter der Viertelparität im EAS in Erscheinung getreten. Der Vorstoß ist als Kompromiss gedacht. Er soll das über die Viertelparität und die damit verbundene Entmachtung der Professorinnen und Professoren gespaltene Gremium wieder zusammenführen. Nach langer Debatte stimmte der EAS dafür, diesen Vorschlag nunmehr bis zum 1. Juni auszuarbeiten (mit 40 Ja-Stimmen, elf Nein-Stimmen und bei fünf Enthaltungen).
Thomsen und Schmitt stützen sich auf einen gemeinsamen Vorschlag, den die viertelparitätisch besetzte Arbeitsgruppe Partizipation der TU beschlossen hat. Danach soll ein neues Gremium geschaffen werden, das nur zur Wahl des Präsidiums zusammenkommt. In diesem Gremium – und nicht wie an der TU lange diskutiert: im EAS – sollen die Professoren, wissenschaftlichen und nicht-wissenschaftlichen Mitarbeiter sowie die Studierenden die gleiche Zahl von Stimmen haben. Im EAS bliebe es bei der Professorenmehrheit von 31 Sitzen der insgesamt 61 Sitze. Damit wäre es auch weiterhin ausgeschlossen, dass andere Gruppen die Professoren beim Zugriff auf die Grundordnung der TU dominieren können.

"Man fragt drei Juristen und kriegt vier Antworten"

Gegenüber der Viertelparität im EAS, dem bisherigen Wahlgremium für das Präsidium, hätte der neue Vorschlag bessere Chancen, als rechtssicher zu gelten. Denn die Nominierung der Kandidaten fürs Präsidium läge in den Händen des Akademischen Senats, in dem die Professoren die Mehrheit haben. Ob für die Nominierung ein Drittel der Stimmen reichen soll oder mehr als die Hälfte nötig ist, ist eine weitere juristische Frage. Bislang reicht eine Zustimmung von einem Drittel.
Im EAS wurde lange darüber debattiert, ob die Rechtslage bereits ausreichend klar ist, um den Beschluss zu fassen. Die Informatik-Professorin Anja Feldmann sagte, sie schätze die Arbeit der AG Partizipation. Aber sie wolle nur über einen konkreten Vorschlag abstimmen, „von dem klar ist, dass er nicht von der Rechtsaufsicht kassiert wird“. Die AG Partizipation hat bereits zwei Rechtsgutachten eingeholt. Diese enthalten aber Widersprüche und Unklarheiten, wie der Bauinformatiker Wolfgang Huhnt sagte: „Man fragt drei Juristen und kriegt vier Antworten.“ Entscheidend sei am Ende, für welche Variation die TU sich entscheide. Huhnts Vorschlag, den Beschluss darum vorerst nur ganz allgemein zu fassen, scheiterte aber. Der Chemiker Peter Hildebrandt argumentierte, die TU solle ihre Entscheidung „nicht abhängig machen von der eben hingeschriebenen Meinung einer Berufsgruppe, die sowieso nicht die beste Reputation hat“: „Es muss geklärt werden, was politisch gewollt ist.“ TU-Präsident Thomsen erklärte schließlich, es dürfe zu diesem Zeitpunkt kein fertiges Konzept erwartet werden. Es gehe erstmal nur um das Signal: „Macht weiter in diese Richtung.“ Der EAS könne also unbesorgt zustimmen.

Das neue Wahlgremium werde die Strukturen "aufblähen"

Laut Berliner Hochschulgesetz müssen die Professoren in allen Gremien, die über Angelegenheiten der Forschung und der Lehre beschließen, die Mehrheit der Sitze und Stimmen haben. Damit stützt sich das Berliner Gesetz auf ein Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom Jahr 1973. Einen Beschluss für die Viertelparität im EAS der TU im Jahr 2013 hatte der damalige Präsident Jörg Steinbach mit Blick auf die Rechtslage für ungültig erklärt. Die TU hatte den Beschluss im Sommer mit 31 zu 30 Stimmen erneut gefasst. Wegen eines Formfehlers ist der Beschluss jedoch ungültig. Eine Abstimmung über die Viertelparität im EAS ist aber auch jetzt nicht für alle vom Tisch. So erklärte der Student Patrick Ehinger, das neue Wahlgremium sei „Quatsch“, es werde die „Gremienstruktur weiter aufblähen“. Er plädierte dafür, sogleich wieder über die Einführung der Viertelparität im EAS abzustimmen. Ein entsprechender Tagesordnungspunkt wurde aber auf den Sommer vertagt.
Im neuen Wahlgremium sollen zur Wahl eines Kandidaten mindestens die Hälfte aller Stimmen und mindestens zwanzig Prozent der Stimmen jeder der vier Statusgruppen nötig sein. Die neue Situation würde jedenfalls dazu führen, dass schon bei der Nominierung der Kandidaten im Akademischen Senat darauf geachtet werden müsste, dass im viertelparitätisch besetzten Wahlgremium ein Konsens möglich ist.
Das neue Wahlverfahren kann nur ins Leben gerufen werden, wenn das Kuratorium der TU dem zustimmt und der Berliner Senat es nicht stoppt. TU-Präsident Thomsen sagte am Rande der Veranstaltung, er erwäge, den Beschluss gerichtlich prüfen zu lassen, bevor das Kuratorium sich damit befasst.

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