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Drei Frauen und ein Mann sitzen in einem Klassenraum an einem Tisch.

© Thilo Rückeis

Bildungsstand von Flüchtlingen: Fast zwei Drittel haben einen Schulabschluss

Welche Bildungsbiografien bringen Geflüchtete mit? Eine repräsentative Studie liefert jetzt verlässliches Datenmaterial zu einem umstrittenen Thema.

Fast zwei Drittel (64 Prozent) mit Schulabschluss, davon 35 Prozent, die eine weiterführende Schule abgeschlossen haben, sowie 25 Prozent mit mittlerem Schulabschluss: Diese Zahlen aus einer Befragung von knapp 5000 erwachsenen Geflüchteten, die seit 2013 nach Deutschland kamen, zeichnen kein vollkommen neues Bild von ihrem Bildungsstand. Weitere vier Prozent haben eine sonstige Schule abgeschlossen, heißt es in einer am Montag vom Bundesbildungsministerium veröffentlichten Studie. Elf Prozent haben demnach keinen Schulabschluss, nur die Grundschule besucht haben ebenfalls elf Prozent.

Einem Aufmacher der „Bild-Zeitung“ in der vergangenen Woche, nach dem 59 Prozent keinen Schulabschluss hätten, hatte bereits das Bundesinstitut für Berufsbildung widersprochen: Die Quote bezieht sich auf Flüchtlinge, die arbeitssuchend gemeldet sind.

Ein differenzierteres Bild vom Bildungsstand der Flüchtlinge

Dass eine größere Mehrheit der Geflüchteten eine Schule absolviert hat, sei schon aus früheren Befragungen des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge (BAMF) bekannt, sagt Jürgen Schupp, Leiter des Sozio-oekonomischen Panels am Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung (DIW). „Wir können jetzt aber ein differenzierteres Bild zeichnen.“ An der aktuellen Studie waren auch das Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung und das BAMF beteiligt. Zu den Ergebnissen gehört auch, dass 20 Prozent der Geflüchteten über einen Hochschul- oder beruflichen Abschluss verfügen.

Frauen sind seltener im Deutschkurs

Positiv hervorgehoben wird die „hohe Bildungsmotivation“ der Geflüchteten: Knapp die Hälfte ist interessiert, einen (weiteren) Schulabschluss zu machen, zwei Drittel streben einen beruflichen Abschluss an. Das gilt insbesondere für Personen aus Eritrea, Somalia, Afghanistan und dem Irak sowie für junge und geringer qualifizierte Geflüchtete. Der Anteil der Analphabeten ist mit acht Prozent überraschend gering. Etwa vier Prozent seien als primäre Analphabeten einzustufen, vier Prozent als funktionale Analphabeten.

Wie ist es um die Deutschkenntnisse der Geflüchteten bestellt? Nur jeder Fünfte gab an, gut oder sehr gut Deutsch zu sprechen, mehr als doppelt so viele sagen, dass sie die Sprache nicht oder schlecht beherrschen. Bei denen, die schon drei Jahre hier leben, stufte ein Drittel seine Kompetenzen als gut oder sehr gut ein. Entsprechend hoch ist die Teilnahme an Deutschkursen. Einen Integrationskurs des BAMF hatten fast 40 Prozent der Befragten absolviert oder nahmen noch teil, ebenso viele waren es in anderen Kursen. Frauen nehmen seltener am Deutschunterricht teil – bei den Integrationskursen sind es nur 31 Prozent (Männer: 42 Prozent). Dies liege vor allem an fehlender Kinderbetreuung, heißt es.

Bildungsziele müssten realisiert werden

Im Fazit verweisen die Forscher darauf, dass vor allem jüngere Geflüchtete ihre Bildungsbiografien durch Krieg, Verfolgung und Flucht unterbrechen mussten. Wenn es einem größeren Teil gelänge, seine Pläne für eine Ausbildung in Deutschland zu realisieren, werde sich das Bild von den Qualifikationen der Geflüchteten „mittelfristig deutlich verändern“ – zum Positiven. Bundesbildungsministerin Johanna Wanka (CDU) nannte es „ermutigend“, dass viele einen beruflichen Abschluss anstreben.

Anmerkung der Redaktion: In einer früheren Version des Artikels sah es so aus, als werde der Besuch einer Grundschule in der Studie als Schulabschluss gewertet. Das ist nicht der Fall, wir haben dies korrigiert.

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