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Im Nordpolarmeer bei Grönland könnte es bald vorbei sein mit dem ewigen Eis.

© imago/blickwinkel

Arktis: Das Eis schmilzt

Die Eisschmelze im nördlichen Polarmeer beschleunigt sich selbst. Schmilzt Eis auf dem Festland, könnte der Meeresspiegel steigen, fürchten Klimaforscher.

Die schlechte Nachricht zuerst: Auch am Ende des Sommers 2016 war die Eisdecke auf dem nördlichen Polarmeer wieder zusammengeschmolzen auf magere vier Millionen Quadratkilometer. Vor 30 Jahren bedeckte bei seiner Minimalausdehnung im Sommer noch doppelt so viel Eis das Meer rund um den Nordpol. Wenig überraschend und trotzdem erschreckend, dass die während des gerade beendeten Winters wieder wachsende arktische Meereisfläche ebenfalls nur einen Rekordtiefststand erreichte: Auch bei ihrer Maximalausdehnung am 7. März war sie nur 14,45 Millionen Quadratkilometer groß – so klein wie nie, seit man dies mit Satelliten messen kann. Spätestens in 30 oder 40 Jahren dürfte das Polarmeer im Sommer den Berechnungen der Klimatologen zufolge eisfrei sein.

Die gute Nachricht ist: Obwohl sich immer mehr arktisches Eis in Wasser verwandelt, steigt dadurch der Meeresspiegel nicht an. Denn vor dem Abschmelzen schwimmt dieses Eis ja im Meer. Und was Schwimmen heißt, hatte der griechische Naturforscher Archimedes schon vor über zwei Jahrtausenden herausgefunden. Das Gewicht der vom Eis verdrängten Wassermenge ist genauso groß wie das Gewicht des schwimmenden Eiskörpers selbst. Beim Abschmelzen bleibt dieses Gewicht gleich. Wenn also schwimmendes Eis schmilzt, füllt das Schmelzwasser hinterher im Meer genau dasjenige Volumen, welches vorher vom Eis verdrängt wurde. Das lässt sich mit einem einfachen Versuch nachweisen. Man fülle ein Glas mit einem Eiswürfel darin randvoll mit Wasser. Dann warte man, bis der Eiswürfel geschmolzen ist. Das Wasser läuft nicht über. Der Wasserspiegel ist nicht gestiegen.

Die dunklen Wasserflächen beschleunigen die Schmelze

Trotzdem bleibt die Eisschmelze in der Arktis nicht ohne Folgen. Denn spiegelnde Eisflächen reflektieren Sonnenlicht. 80 Prozent des auftreffenden Sonnenlichts werden sofort reflektiert und können es deshalb nicht erwärmen. Eine eisfreie und dunkle Wasserfläche reflektiert nur etwa 10 Prozent des auftreffenden Sonnenlichts. Ein Großteil der Sonnenenergie dringt also in das Wasser ein und erwärmt es. Genau dieser Effekt führt zu einem der vielen Rückkopplungseffekte, die den Klimawandel erst so richtig auf Touren bringen: Je mehr Eis im Sommer in der Arktis schmilzt, desto größer werden die offenen dunklen Wasserflächen. Und desto mehr Sonnenenergie fangen sie auf. Das Wasser wird also noch wärmer, noch mehr Eis schmilzt. Die dunklen Wasserflächen werden noch größer und fangen noch mehr Sonnenlicht auf. Ab einem bestimmten Punkt ist die Entwicklung nicht mehr aufzuhalten. Die Eisschmelze verstärkt und beschleunigt sich selber.

Die Klimaforscher sind denn auch nicht wirklich überrascht, dass der Temperaturanstieg in den arktischen Regionen bereits deutlich größer ist als auf der übrigen Erde. Und das hat dann doch Auswirkungen auf den Meeresspiegel. Denn auch auf dem polarnahen Grönland hat sich dadurch die Eisschmelze bereits deutlich beschleunigt. Hier schmilzt Eis, das nicht auf Meerwasser schwimmt. Das Schmelzwasser fließt vom grönländischen Land ins Meer und erhöht so den Meeresspiegel – bei einem vollständigen Abschmelzen des Grönlandeises um ungefähr sieben Meter. Es gibt aber Hoffnung: Wenn überhaupt, dann wird Grönland frühestens in einigen hundert Jahren eisfrei sein. Es bleibt uns also noch etwas Zeit, um dies zu verhindern. Allerdings nicht mehr viel.

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