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Männer und Frauen bedecken eine monumentale Statue mit Stoffbahnen.

© Nehal El-Sherif/dpa

Update

Ägyptischer Sensationsfund: Zweifel an Identität der Ramses-Statue

Die Ramses-Statue wurde in der Nacht zum Donnerstag ins Ägyptische Museum gebracht. Ein deutscher Ägyptologe und das Antikenministerium bezweifeln, dass die Statue wirklich Ramses II. zeigt.

Ist es Ramses II., oder ist er es nicht? Dietrich Raue, der Leipziger Archäologe, der mit seinem deutsch-ägyptischen Team in Kairo wie berichtet Fragmente einer einst neun Meter hohen Kolossalstatue ausgegraben hat, ist sich sicher: Die Skulptur stelle Ramses II. dar, denn sie stand im Hof des von ihm errichteten ersten Tempels zu Ehren des Sonnengottes im altägyptischen Heliopolis.

Dass der Pharao der 19. Dynastie des Neuen Reichs, der ab 1279 v. Chr. für 66 Jahre herrschte, für sein Abbild womöglich eine frühere Statue „recycelt“ hat, hatte Raue bereits kurz nach dem Fund vor zehn Tagen angedeutet. „Die Statue wurde sicher von Ramses II. vor dem Tempel aufgestellt, dabei hat er aber eventuell – wie es damals weit verbreitet war – eine ältere Statue verwendet“, sagte Raue dem Tagesspiegel.

Antikenminister will "wahre Identität" enthüllen

Diese Hypothese bestätigte Raue am Donnerstagmorgen gegenüber „Deutschlandradio Kultur“. Mahmoud Afifi, Abteilungsleiter im Kairoer Antikenministerium, stimmte ihm zunächst zu: Auch wenn bislang keine Gravur entdeckt worden sei, durch die die Statue identifiziert werden könne, lege der Standort am Eingang der Tempelanlage von Ramses II. nahe, dass sie ihn darstelle, sagte Afifi dem ägyptischen Portal „Ahram Online“. Am Donnerstagmittag berichtete das Medium von Zweifeln seitens des Antikenministeriums, am Abend wolle Minister Khaled El-Enany „die wahre Identität“ der Statue bekannt geben.

In der Nacht zum Donnerstag war der im Kairoer Stadtteil Matariya entdeckte „Koloss von Heliopolis“ mit einem Schwertransport zum Ägyptischen Museum am Tahrir-Platz gebracht worden.

Zweifel an der Zuordnung der Statue hatte zuvor bereits der Konstanzer Ägyptologe Jan Assmann gegenüber dem „Südkurier“ geäußert. Gegen Ramses II. spreche, dass die Statue aus Quarzit bestehe. Dieses Gestein sei vor allem in der 18. Dynastie unter Pharao Amenophis III. verwendet worden – also rund 100 Jahre vor der Ära Ramses’ II.

Begeisterte Ägypter begleiten den Transport zum Museum

Raue wollte sich am Donnerstag im Kreise seiner deutschen und ägyptischen Kollegen sowie von Restauratoren des Ägyptischen Museums ein genaueres Bild machen. Die für den Transport sorgfältig verpackten Fragmente – unter anderem der drei Meter lange Torso und der riesige Kopf der Pharaonenstatue – sollten noch im Hof des Museums untersucht werden. Das Museum plant, sie vorläufig im Altbau im Zentrum Kairos zu präsentieren, bevor sie ins neue Grand Egyptian Museum bei den Pyramiden von Gizeh überführt werden. Dessen Fertigstellung ist derzeit für 2018 geplant.

Für die ägyptische Öffentlichkeit steht die Bedeutung der Funde in der Baugrube für einen Supermarkt in Matariya ohnehin außer Frage. Den von Militärfahrzeugen eskortierten Schwertransport in der Nacht zum Donnerstag begleiteten und bejubelten laut „Deutschlandradio Kultur“ viele Menschen. Schon als die Fragmente der Statue in der vergangenen Woche mit einem Kran aus dem Schlamm der Baugrube gehoben wurden, waren aus der Masse der Anwohner des Armenviertels Rufe wie „Hier kommt Ramses!“, und „Matariya, Matariya!“ zu hören, wie die Zeitung „Egypt Independent“ berichtete.

Dietrich Raue will weitersuchen, solange die Notgrabung möglich ist

Heliopolis ist von zentraler Bedeutung für die alte ägyptische Kultur, erläutert Dietrich Raue. Das heutige Matariya sei der Ort, an dem in der ägyptischen Mythologie die Welt erschaffen wurde. „Hier steigt der Sonnengott von einem Hügel empor“, sagte Raue der Nachrichtenagentur „dpa“. „Das war der erste Sonnenaufgang der Welt und der Moment, in dem sich die Welt entfaltete.“ Ramses II. gilt trotz seiner zahlreichen Kriegszüge auch als Friedensstifter, so legte er den lange währenden Konflikt mit den Hethitern auf dem Gebiet der heutigen Türkei bei.

Dietrich Raue will die von der Deutschen Forschungsgemeinschaft und vom Auswärtigen Amt geförderte Suche nach weiteren Zeugnissen des einstigen Tempelbezirks fortsetzen, solange die Notgrabung zugelassen wird. Unter anderem fehlen noch die Beine des „Kolosses von Heliopolis“.

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