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Fed-Chefin Janet Yellen könnte am Mittwoch eine Kernwende in der Zinspolitik der US-Notenbank einläuten.

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Zinsentscheidung der US-Notenbank Fed: Die Macht ist mit ihr

Fed-Chefin Janet Yellen dürfte am Mittwoch den Zinsschritt wagen. Was das für die Anleger und die Wirtschaft bedeutet.

Am Dienstag und Mittwoch trifft sich der Rat der US-Notenbank Federal Reserve (Fed) zu seiner letzten Sitzung in diesem Jahr. Es gilt als sicher, dass das Gremium unter Leitung von Fed-Präsidentin Janet Yellen erstmals seit mehr als neun Jahren den US-Leitzins erhöhen wird. Grund ist die gute Konjunkturlage und die niedrige Arbeitslosigkeit in den USA. Die Entscheidung hat weltweit große Bedeutung – für die Finanzmärkte und die Wirtschaft. Die wichtigsten Hintergründe über die Entscheidung im Überblick.

DIE INSTITUTION FEDERAL RESERVE

Die Fed wurde 1913 gegründet. Das System der Fed besteht aus der Fed selbst und zwölf regionalen Fed-Banken. Wie die Europäische Zentralbank (EZB) ist die Fed unabhängig. Geleitet wird sie von sieben Gouverneuren, Präsidentin ist seit 2014 Janet Yellen. Legendär ist ihr Vor-Vorgänger Alan Greenspan, dem aber angelastet wird, in seiner Amtszeit von 1987 bis 2006 durch allzu billiges Geld den Boden für die Finanzkrise bereitet zu haben.

DIE GELDPOLITISCHEN ZIELE DER FED

Die Fed verfolgt mit ihrer Geldpolitik mehrere Ziele: Eine hohe Beschäftigung und niedrige Arbeitslosigkeit, moderate langfristige Zinsen und stabile Preise. Wichtigstes Instrument ihrer Geldpolitik ist die Federal Funds Rate (Fed Rate), der Leitzins. Zu diesem Zinssatz leihen sich Banken untereinander Geld, um ihrer Mindestreservepflicht bei der Fed nachzukommen. Die Fed nennt in der Regel eine Spanne für den Leitzins.

DIE ENTWICKLUNG DES US-ZINSSATZES

Im Jahr 2000 lag sie bei 6,5 Prozent, Mitte 2003 nur noch bei einem Prozent. Bis Ende Juni 2006 stieg der US-Leitzins wieder auf 5,25 Prozent. Danach senkte ihn die Fed wegen der Finanzkrise bis Ende 2008 auf eine Spanne zwischen null und 0,25 Prozent. Dort steht er heute noch. Zusätzlich kaufte sie zwischen 2009 und 2014 für Billionen Dollar US-Staatsanleihen. Mit dieser Strategie („Quantitative Easing“ genannt) sollte die Finanzkrise bekämpft und die Wirtschaft in Fahrt gebracht werden.

DIE GRÜNDE FÜR DIE ZINSERHÖHUNG

Die Konjunktur in den USA ist wieder in Schwung, sie wächst 2015 nach Prognosen von Deutsche-Bank-Volkswirt Stefan Schneider um 2,4 Prozent und 2016 um 2,5 Prozent. Die Arbeitslosigkeit liege mit fünf Prozent auf Vollbeschäftigungsniveau, sagt Frank Hübner, Volkswirt bei Sal. Oppenheim. Die Fed Rate dürfte von 0 bis 0,25 auf 0,25 bis 0,50 Prozent steigen. Dieser Schritt war schon im September erwartet worden.

MÖGLICHE FOLGEN DES ZINSSCHRITTS

Volkswirte rechnen mit verhaltenen Reaktionen an den Märkten. Schließlich ist seit Monaten klar, dass der Zinsschritt kommt. Ein Kurseinbruch an der Börse ist unwahrscheinlich, zumal die Kurse in den letzten Tagen ohnehin nachgegeben haben. Die Zinsen von US-Staatsanleihen würden nur moderat steigen, sagt Commerzbank-Chef-Volkswirt Jörg Krämer.

FÜR DEN EURO

Die US-Währung wird im Vergleich zum Euro stark bleiben, die Zinsschere zwischen beiden Wirtschaftsräumen geht mit der Erhöhung der US-Leitzinsen weiter auseinander. Die EZB wird den Zins noch lange niedrig halten und ihr Anleihekaufprogramm um sechs Monate bis März 2017 verlängern. Viele Ökonomen erwarten schon im nächsten Jahr die Parität. Ein Euro wäre dann für einen Dollar zu haben.

FÜR DIE UNTERNEHMEN

Wer auf US-Staatsanleihen setzt, kann sich auf höhere Zinsen freuen. Ein zweiter Effekt ergibt sich aus der tendenziell weiteren Aufwertung des Dollar. Reisen in die USA und andere Länder, in denen mit Dollar bezahlt wird, verteuern sich. Eigentlich müssten auch Heizöl, Benzin und Diesel teurer werden, weil Öl in Dollar abgerechnet wird. Allerdings wird dieser Effekt derzeit durch den niedrigen Ölpreis mehr als ausgeglichen. Insofern halten sich auch die Folgen für Unternehmen und ihre Energierechnung in Grenzen. Bei Rohstoffen, für die ebenfalls der Dollar gilt, sieht es ähnlich aus. Auch dort sind die Preise im Keller. Umgekehrt werden Produkte aus der Eurozone in Dollarländern günstiger. Das sollte den Export stützen.

FÜR DIE WELTWIRTSCHAFT

Ein Risiko ergibt sich für die Schwellenländer. Sie sind zum Teil hoch verschuldet – in Dollar. Steigen in den USA die Zinsen, wird der Schuldendienst teurer. Zudem droht der Abzug von Kapital, weil die Geldanlage in den USA attraktiver wird. Damit wird die ohnehin abgeschwächte Konjunktur in Schwellenländern wie Brasilien, Südafrika, Indien oder Indonesien zusätzlich gebremst – Was auch Importe aus den Industrieländern trifft.

KÜNFTIGE ZINSSCHRITTE

Finanzexperten gehen davon aus, dass es beim ersten Zinsschritt nicht bleiben wird. Allerdings werde die Fed nur dosiert vorgehen, glaubt Commerzbank-Ökonom Krämer. Die Fed selbst hat angedeutet, dass der Leitzins bis Ende 2016 auf 1,4 Prozent steigen könnte. Das wäre, so Krämer, ein „geldpolitisches Bremsmanöver mit halber Kraft“. Entsprechend gemäßigt dürfte die Reaktion in Wirtschaft und an den Finanzmärkten ausfallen.

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