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Ohne eine private Altersvorsorge geht es nicht. Doch wie soll man Geld für morgen am besten zurücklegen? Darüber sind Experten uneins.

© dpa

Weltverbrauchertrag: Ist die Riesterrente noch zu retten?

Politiker und Verbraucherschützer streiten darüber, wie sinnvoll die Riesterrente noch ist. Die Alternative wäre ein Staatsfonds.

Von Carla Neuhaus

Die Rente ist sicher, versprach einst Bundesarbeitsminister Norbert Blüm (CDU). Doch das ist lange her. Mittlerweile ist klar: Etliche Deutsche werden im Alter in die Armut rutschen, wenn sie nicht selbst vorsorgen. Weil immer weniger Jüngere die Rente von immer mehr Älteren finanzieren müssen, sinkt das Rentenniveau drastisch ab. Bis 2030 soll es so stark fallen, dass auch Normalverdiener mit der gesetzlichen Rente ihren Lebensstandard kaum werden halten können, zeigen Prognosen. Zwar gibt es dafür die Riesterrente, mit der die Deutschen privat Geld fürs Alter zurücklegen sollen. Doch das funktioniert noch lange nicht so gut, wie Politiker und Verbraucherschützer gehofft hatten. „Es muss mehr geschehen“, sagt zum Beispiel Verbraucherminister Heiko Maas (SPD).

Auf einer Veranstaltung anlässlich des Weltverbrauchertags in Berlin kritisierte er vor allem die Informationsflut, der Riestersparer ausgesetzt sind. Dabei sei für sie kaum erkennbar, was ihnen im Alter mit den einzelnen Produkten am Ende tatsächlich bleibe.

Sollte man die Riesterrente für gescheitert erklären?

Noch härter als der Minister greift Klaus Müller das Riestersystem an. „Das Versprechen der Riesterrente ist aus heutiger Sicht hinfällig“, sagt der Vorstand des Verbraucherzentrale Bundesverbands (VZBV). „Die Produkte sind oft zu teuer und zu wenig renditeträchtig.“ Zudem sei nicht klar, ob die Verbraucher wirklich von den staatlichen Zuschüssen profitieren würden – oder ob die „letztlich doch überwiegend in den Kassen der Produktanbieter“ landen. Deshalb stellt Müller in Frage, ob es wirklich Sinn macht, an der Riesterförderung festzuhalten – oder ob man sie nicht besser für gescheitert erklären sollte.

Auch damals hätte es jedem denkenden Politiker klar sein müssen, dass niemand die Entwicklung der Kapitalmärkte für die nächsten 30-40 Jahre voraussagen kann - genau das wäre aber notwendig gewesen, um beurteilen zu können, ob die Riester-Rente sinnvoll ist oder nicht.

schreibt NutzerIn happyrocker

Zumal auch die niedrigen Zinsen Riestersparern zunehmend Sorgen bereiten. Sie drücken vor allem die Renditen bei Riesterprodukten wie Banksparplänen und kapitalgedeckten Lebensversicherungen. Die Versicherungskonzerne haben darauf bereits reagiert: Statt einem Garantiezins sagen sie Neukunden heute meist nur noch zu, das eingesetzte Kapital zu erhalten. Im Gegenzug wollen die Konzerne das Geld der Versicherten breiter anlegen: „Um die Renditen zu steigern, investieren wir verstärkt in Aktien, Unternehmensanleihen und Infrastrukturprojekte“, sagt zum Beispiel Alf Neumann, Produktvorstand bei der Allianz Leben. Das heißt: Die Lebensversicherer gehen höhere Risiken ein und hoffen, dass sich das langfristig für die Kunden auszahlt.

Fallen die Kurse, müssen Riester-Fondssparpläne umgeschichtet werden

Das einzige Riesterprodukt, das nicht so stark von den Niedrigzinsen betroffen ist, sind Fondssparpläne. Doch auch bei denen läuft nicht alles optimal. Weil die Anbieter den Anlegern den Kapitalerhalt garantieren müssen, sind sie gezwungen bei einem Kursrutsch an der Börse umzuschichten: Sie müssen sich dann sofort von Aktien trennen und dafür Rentenpapiere kaufen – die derzeit allerdings kaum etwas abwerfen. Dabei ist das selbst aus Sicht von Verbraucherschützern nicht sinnvoll. „Aktienmärkte haben in der Vergangenheit über einen längeren Zeitraum stets Renditen abgeworfen“, sagt Dorothea Mohn, Finanzexpertin beim VZBV. Sie meint, man sollte deshalb darüber diskutieren, ob man bei Riester-Fondssparplänen die Garantie für den Kapitalerhalt noch braucht – oder ob Anleger nicht ohne sie besser fahren würden.

Lieber als solche Detailregelungen wäre den Verbraucherschützern aber ein ganz neues Produkt: die Deutschland-Rente. Die hatte Hessen im vergangenen Jahr zur Diskussion gestellt. Gemeint ist ein Staatsfonds, in den Arbeitnehmer automatisch einen Teil ihres Gehalts einzahlen, das dann gesammelt breit gestreut anlegt wird. Für Verbraucher hätte das den Vorteil: Sie bekämen im Alter eine private Rente, ohne sich damit beschäftigen zu müssen, wie sie sie ansparen sollen. VZBV-Chef Müller sagt, er begrüße den Vorschlag einer Deutschland-Rente. Das sei eine „lohnenswerte Idee“.

Der Vorteil eines Staatsfonds sind die geringeren Kosten

Auch Martin Weber, Wirtschaftsprofessor an der Universität Mannheim, kann einem Staatsfonds für die private Altersvorsorge einiges abgewinnen. „Der Vorteil sind vor allem die günstigen Kosten“, sagt er. Denn anders als bei einer Versicherung oder einer Riesterrente würden die Anleger dafür keine Provisionen zahlen. Hinzu käme, dass andere Länder mit solch einem Fonds gute Erfahrungen gemacht hätten – etwa Schweden, Norwegen oder Australien.

Verbraucherminister Maas ist allerdings noch zurückhaltend, was die Schaffung einer Deutschland-Rente angeht. „Das klingt gut, aber es bleiben einige Fragen“, sagt er. So kann er sich nicht vorstellen, wie dadurch das Geld bessern angelegt werden kann. „Auch ein Staatsfonds kann nicht zaubern“, sagt Maas. „Auch er muss mit den niedrigen Zinsen arbeiten.“ Zudem stehe viel auf dem Spiel: Scheitere ein solches Projekt, könnten die Deutschen gar komplett das Vertrauen in die private Altersvorsorge verlieren.

Deshalb setzt er auf einen anderen Ansatz: mehr Aufklärung. So arbeitet sein Ministerium gerade an neuen Produktinformationsblättern für Riester. Sie sollen dem Verbraucher auf einen Blick klar machen, welche Kosten, Chancen und Risiken mit der Anlage verbunden sind. Vor allem sollen auf diesen Informationsblättern ausgewiesen werden, wie sich die Kosten auf die Rendite auswirken. Gleichzeitig soll die Honorarberatung auch im Versicherungsmarkt gestärkt werden. Denn noch immer würden den Kunden zu oft Produkte empfohlen, an denen die Vermittler verdienen – und nicht die, die am Besten zum Kunden passen.

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