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Oxfam klagt über die schlechten Arbeitsbedingungen bei der Weinernte.

© imago/Westend61

Wein aus Südafrika: Erntehelferinnen klagen über Arbeitsbedingungen

Die Preise für Wein aus Südafrika sind stark gefallen, zeigt eine Oxfam-Studie. Darunter leiden die Arbeiterinnen wie Marai Balie.

Von Carla Neuhaus

Oft weiß Marai Balie nicht, wie sie über die Runden kommen soll. Dann hangelt sie sich von einem Freitag, an dem der Lohn ausgezahlt wird, zum nächsten. 600 Rand, umgerechnet 40 Euro, verdient sie pro Woche auf einer Traubenfarm im Hax River Valley in Südafrika. Mit dem Geld müssen sie, ihr Sohn und ihre Mutter auskommen. Vor allem an frischen Lebensmitteln fehle es deshalb oft.

Dabei kann die Familie froh sein, wenn es überhaupt 600 Rand sind, die Balie am Ende der Woche ausbezahlt bekommt. „Die Farmer finden immer neue Möglichkeiten, um den Lohn zu drücken“, sagt die 45-Jährige. Meist machten sie unrealistische Zielvorgaben und senkten das Gehalt, wenn Arbeiterinnen sie nicht erreichten. „Über die Jahre sind die Arbeitsbedingungen immer schlechter geworden“, sagt Balie.

Laut der Nichtregierungsorganisation Oxfam liegt das zum Teil auch an den deutschen Supermärkten – und Verbrauchern. Wenn Wein aus Südafrika hierzulande für 2,50 Euro verkauft werde, sei klar, dass davon nur wenig bei den Arbeiterinnen ankomme. Seit 2000 sind die Preise, die deutsche Händler für Wein aus Südafrika zahlen, um 80 Prozent gefallen, rechnet Oxfam vor. Gerade einmal 14 Cent bekämen Farmer für ein Kilogramm Trauben, die zu Discounter-Wein verarbeitet werden.

Der Wein wird oft in Tanks nach Deutschland verkauft

Ein Teil des Problems ist demnach der sogenannte Tankwein. Fast 80 Prozent des Weins aus Südafrika wird inzwischen nicht mehr vor Ort abgefüllt, sondern in großen Tanks nach Europa gebracht. Das macht ihn für die deutschen Importeure besonders billig. Speziell gekennzeichnet wird dieser Tankwein nicht. Erkennen können Verbraucher ihn lediglich daran, dass auf dem Etikett ein deutscher Abfüller angegeben ist. „Die Supermärkte diktieren ruinöse Preise“, kritisiert Oxfam-Referentin Franziska Humbert. „Diesen Preisdruck geben die Produzenten nach unten weiter: an die Arbeiterinnen, die auf den Plantagen schuften.“ An Menschen wie Marai Balie.

Marai Balie arbeitet seit 25 Jahren als Erntehelferin in Südafrika. Der Lohn reicht kaum zum Leben.
Marai Balie arbeitet seit 25 Jahren als Erntehelferin in Südafrika. Der Lohn reicht kaum zum Leben.

© privat

Sie sitzt an diesem Nachmittag im Foyer eines Hotels unweit vom Moritzplatz in Kreuzberg und berichtet, wie es auf den Feldern zugeht. Wie sie würden die meisten Arbeiterinnen oft nur noch als Saisonkräfte und damit als Angestellte zweiter Klasse beschäftigt. So stellten Farmer ihnen zum Beispiel keine Schutzkleidung zur Verfügung – und das obwohl häufig direkt in der Nähe der Arbeiterinnen Pestizide versprüht würden.

„Nicht selten müssen wir die Früchte anfassen, direkt nachdem gespritzt wurde“, sagt Balie. Viele Arbeiterinnen litten deshalb unter Asthma oder Hautausschlag. Auch Toiletten gibt es für die Frauen auf den Feldern oft keine. „Manchmal erlauben die Vorarbeiter einem noch nicht einmal eine Pause, um sich in den Büschen zu erleichtern“, sagt Balie.

Viele Arbeiterinnen fürchten um ihre Jobs

So offen wie sie sprechen nur wenige Frauen über die Arbeitsbedingungen auf den Feldern in Südafrika. Viele trauten sich das nicht, auch weil sie ihre Rechte nicht kennen. So werden Gewerkschaftler laut Oxfam meist daran gehindert, die Felder oder Höfe auch nur zu betreten. Arbeiterinnen, die trotzdem aufbegehrten, müssten um ihre Jobs fürchten. Balie zum Beispiel engagiert sich seit ein paar Jahren bei „Women on Farms“, einer Organisation, die die Arbeitsbedingungen der Frauen auf Plantagen verbessern will. „Seitdem stehe ich auf einer schwarzen Liste“, sagt sie. Häufig könne sie nicht lange auf einer Farm bleiben, werde entlassen, sobald sie andere Frauen über ihre Rechte aufkläre.

Oxfam führt diese Bedingungen auch auf die Marktmacht der deutschen Supermarktketten zurück: Die vier Größten – Edeka, Rewe, Aldi und die Schwarz-Gruppe mit Lidl und Kaufland – stünden hierzulande für 80 Prozent des Weinmarktes und würden das ausnutzen.

Die Konzerne selbst weisen den Vorwurf zurück, wollen auch von den Problemen der Arbeiterinnen nichts wissen. Rewe zum Beispiel teilt auf Anfrage mit, der Konzern achte die Menschenrechte und sorge für „faire und sichere Arbeitsbedingungen“. Bei Aldi heißt es: „Die Rechercheergebnisse des Oxfam-Berichts können unsere Lieferanten für die uns beliefernden Plantagen nicht bestätigen.“

Die Ketten setzen fast alle auf Nachhaltigkeitsinitiativen wie die der WIETA-Initiative, die sich für die Verbesserung der sozialen Bedingungen im Weinsektor einsetzt. Bei Oxfam hält man das jedoch längst nicht für ausreichend. „Bisher haben auch freiwillige Nachhaltigkeitsinitiativen der einheimischen Industrie wie WIETA nicht zur Überwindung der Ausbeutung geführt“, schreibt die Organisation.

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