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Gut gemacht. Positives Feedback am Arbeitsplatz hebt die Stimmung – und erhöht die Produktivität.

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Was Chefs für das Arbeitsklima tun können: Applaus, Applaus!

Lob, Anerkennung, Wohlwollen: Das gibt es zu wenig in deutschen Büros. Jeder dritte Beschäftigte fühlt sich nicht wertgeschätzt. Nicht nur die Arbeitgeber könnten das ändern.

Die morgendliche Begrüßung wird in den Bart genuschelt, Kontakte zwischen den Mitarbeitern werden gemieden und die Waschräume sind regelmäßig verdreckt. Für Anne Katrin Matyssek, Beraterin und Trainerin zu „Gesundem Führen“ aus Köln, gibt es am Arbeitsplatz viele kleine Signale dafür, dass „es rumort im Gebälk“.

Immerhin jeder dritte Berufstätige in Deutschland fühlt sich in seiner Arbeit „in geringem Maß“ oder „gar nicht“ wertgeschätzt. Das ist das Ergebnis des Gute Arbeit-Index 2013, der im Auftrag des Deutschen Gewerkschaftsbundes erstellt wurde. Auch die Unternehmensberatung Gallup kommt in ihrem Engagement Index für 2013 zu dem Schluss, dass nur jeder vierte Arbeitnehmer „voll und ganz“ der Meinung ist, der jeweilige Arbeitgeber interessiere sich für sein allgemeines Wohlergehen. 17 Prozent der befragten Berufstätigen haben „innerlich gekündigt“.

Wenn Wertschätzung am Arbeitsplatz fehlt, hat das gravierende Folgen für die einzelnen Mitarbeiter – und für das Unternehmen. Leistung und Motivation leiden. Gesundheit und Freude von Berufstätigen nehmen ab. Gleichzeitig tendieren Kollegen, die sich nicht richtig wertgeschätzt fühlen, laut Beraterin Matyssek zu weniger Zusammenarbeit. Wichtige Informationen behalte man eher für sich, Fehler würden auch unter großem Aufwand verheimlicht. Doch was kann der Arbeitgeber, was die Beschäftigten tun, damit diese innere Haltung des Respekts, der gegenseitigen Anerkennung und des Wohlwollens in die Arbeitswelt einzieht?

Auch Sportangebote sind eine Art von Wertschätzung

Bei den Berliner Stadtreinigungsbetrieben (BSR), die mehrfach als guter Arbeitgeber ausgezeichnet wurden, setzt sich Wertschätzung aus viele kleinen Dingen zusammen: aus unternehmensübergreifenden Sport- und Entspannungsangeboten für alle Mitarbeiter zum Beispiel, Kommunikationsritualen und einer Feedbackkultur. Um die Mitarbeiter im Straßendienst zu entlasten, wurde ein leichterer Karren aus Aluminium entwickelt, berichtet Angela Janecke von der BSR-Gesundheits- und Sozialberatung. Größere Reifen an den Mülltonnen vereinfachen den Transport über Bürgersteigkante und Kopfsteinpflaster bis zum BSR-Fahrzeug.

Wertschätzung ist „eine Vielzahl von kleinen Signalen“, sagt auch Uwe Döring-Katerkamp vom Institut für angewandtes Wissen (iaw) in Köln. Die Forschungseinrichtung und Unternehmensberatung erarbeitet in engem Kontakt mit Firmen Konzepte für die effiziente Organisation von Arbeit. Döring-Katerkamp hat Arbeitgeber wie Rewe, Vodafone oder die Deutsche Post zum Thema Wertschätzung beraten. „Die großen Emotionen entstehen durch die kleinen Dinge im Alltag, die immer wieder passieren und für die sich sonst niemand interessiert“, sagt er.

Für Döring-Katerkamp kann man Mitarbeitern oder auch Kollegen gegenüber Wertschätzung nur entgegenbringen, wenn man weiß, welche Art der Anerkennung ihnen wichtig ist. Er rät, sie persönlich danach zu fragen. Im besten Fall mache das der Vorgesetzte selbst. Damit vermittele er dem Mitarbeiter, dass er als Einzelner zähle.

Mitarbeiter sollten direkt angesprochen werden

Von allgemeinen Befragungen, in denen die Beschäftigten etwa auf einem Bogen ankreuzen, wie oft sie in den letzten vier Wochen Anerkennung für Ihre Arbeit bekommen haben, hält er nichts. Daraus ließen sich kaum Schlüsse ziehen. Kommen Unternehmen bei solchen Umfragen schlecht weg, coachten sie eher Führungskräfte statt Mitarbeiter konkret um Verbesserungsvorschläge zu bitten, so seine Erfahrung.

Dabei hätten die meisten Beschäftigten auf die Frage, was besser gemacht werden könnte im Unternehmen, sicher schnell eine Liste zusammengestellt: das kaputte Firmenhandy; die Schublade, die immer klemmt, das unnötige Feld in einem wichtigen Formular, das man jeden Tag ausfüllen muss. Meistens kämen dabei Vorschläge, die das Arbeiten effizienter und wirksamer machen, also auch den Interessen der Arbeitgeber entsprächen, berichtet Döring-Katerkamp.

Eine Gehaltserhöhung als einmalige Anerkennung könne Wertschätzung im Alltag nicht ersetzen, sagt der Berater. Anders herum funktioniere es aber auch nicht, schlechte Bezahlung durch alltägliche Wertschätzung aufheben zu wollen. Das laufe schief, sagt der Berater. Eine angemessene Bezahlung und eine angemessene Arbeitslast im Vergleich zum jeweiligen Arbeitsumfeld gehören für Döring-Katerkamp zum Grundstandard. Sie seien unabkömmliche Faktoren für das Wohlbefinden am Arbeitsplatz.

Die BSR agiert mit ihrer Feedback- und Kritikkultur ganz im Sinne des Beraters. Gerade weil der Großteil der Mitarbeiter die meiste Zeit des Arbeitstages im Team unterwegs ist, in dem es keinen direkten Vorgesetzten gibt, sei ein wertschätzender Umgang unter den Kollegen wichtig, der nicht „von oben“ dirigiert werden könne. Innerhalb des Betriebes stehen Personalvertreter, Mediatoren oder die Gesundheits- und Sozialberatung zu Verfügung, um auch unangenehme Themen anzusprechen. Das Angebot werde stets überprüft und optimiert, sagt BSR-Mitarbeiterin Janecke.

„Was schätzen Sie an Ihrer Arbeit?“ und „Was belastet Sie?“ fragen die Trainer etwa bei den regelmäßigen Mitarbeiterschulungen zu den Themen Gesundheit, Drogen und Stress die BSR-Kraftfahrer. Die Antworten fallen durchaus vielfältig aus: „Alles ist prima“, findet ein Mitarbeiter. Sein Kollege in gleicher Position meint: „Früher war alles besser.“ Solche unterschiedlichen Positionen könnten nicht immer ausgeglichen werden, sagt Janecke. Wichtig sei aber, die Mitarbeiter auch in ihrer Unterschiedlichkeit zu sehen, zu verstehen und, wo es geht, entsprechend zu fördern. Auch das sei Wertschätzung.

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