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Wirtschaft: Von Anfang an wollen die Dänen nicht dabeisein

Die Konvergenzkriterienerfüllt das Königreich/Spätestens im Jahr 2010 soll der Euro eingeführtwerden/Bandbreite für Kursschwankungen wird bei 2,5 Prozent liegenVON JÖRGEN DETLEFSEN, STOCKHOLMEs wird ernst auf dem Weg zurWährungsunion.Aber wie überzeugt sind unsere Nachbarn von der IdeeEuropa wirklich?

Die Konvergenzkriterienerfüllt das Königreich/Spätestens im Jahr 2010 soll der Euro eingeführtwerden/Bandbreite für Kursschwankungen wird bei 2,5 Prozent liegenVON JÖRGEN DETLEFSEN, STOCKHOLM

Es wird ernst auf dem Weg zurWährungsunion.Aber wie überzeugt sind unsere Nachbarn von der IdeeEuropa wirklich? Unsere Korrespondenten zeichnen ein Stimmungsbild.Nichtvon ungefähr stammt der wankelmütige Sagenprinz Hamlet aus Dänemark, -seine Nachfahren, die Dänen von heute, fragen sich vor der EuropäischenWährungsunion: Dabeisein oder nicht Dabeisein.Sie halten zwar dieVerwirklichung der dritten Phase für realistisch, ebenso, daß ihr Landeinmal dazugehören wird; für die Mitwirkung von Anfang an mögen sie sichaber nicht entschließen.Die dänische Wirtschaft befürchtet deshalbNachteile.Nach dem Scheitern der Maastricht-Verträge im ersten Anlaufgestand die EU Dänemark im Jahre 1992 zu, es brauche an der EWU und an dersicherheits- und der rechtspolitischen Zusammenarbeit nicht mitzuwirken unddie "Unionsbürgerschaft" nicht einzuführen; erst danach sagten die DänenJa.In Umfragen ergibt sich inzwischen ein schillerndes Bild: GroßeZustimmung zu einer gemeinsamen Sicherheits- und Außenpolitik der EU;allerdings hegen die Dänen dabei nicht Träume von einer Super- undKernwaffenmacht, sondern von gemeinsamen Einsätzen für den Frieden inEuropa.Der Gedanke, der übermächtige Nachbar Deutschland, mit dem sieungute Erinnerungen verbinden, lasse sich durch europäische Zusammenarbeitzähmen, erscheint ihnen ansprechend; sie reagieren aber allergisch aufalles, was nach "Union" riecht, nach überstaatlicher Finanz- undSteuerpolitik.In einer Zukunftsstudie ging eine große Mehrheit davon aus, daß in der EUim Jahre 2010 eine gemeinsame Währung Zahlungsmittel sein und Dänemarksich dann angeschlossen haben werde.Zum jetzigen Zeitpunkt lehnen sie aberzu 54 Prozent den Eintritt in die EWU ab.Zudem wollen sie in einem neuenReferendum bestimmen, ob Dänemark das Ergebnis der gegenwärtigenEU-Regierungskonferenz umsetzen soll.Der sozialdemokratischeMinisterpräsident Poul Nyrup Rasmussen darf nicht die Volkssozialisten mitManipulationen an den Ausnahmen vom Maastrichter Vertrag herausfordern.Denn deren Stimmen benötigt seine Minderheitskoalition.Schließlich istgar Dänemarks begrenzte Mitwirkung an Maastricht in Gefahr; denn eineKlage von EU-Gegnern vor dem Obersten Gerichtshof, die Regierung gebe damitverfassungswidrig nationale Zuständigkeiten an Brüssel ab, ist nicht ganzaussichtslos.Obwohl ohne Verpflichtung dazu, hat Dänemark dennoch harteSanierungsarbeit geleistet.Die Konvergenzkriterien werden weitgehenderfüllt: Das Haushaltsdefizit beträgt in diesem Jahr nur noch 0,3Prozent, die Inflation 2,3 Prozent, der langfristige Zinssatz 6,5 Prozent,die öffentliche Verschuldung liegt - unter Einrechnung vonRentenfondsreserven - unter 60 Prozent. Die dänische Krone, die zu denhärtesten Währungen Europas gehört und an Stärke gegenüber der D-Markgewonnen hat, ist an das Europäische Währungssystem angeschlossen.Dasnotorisch hohe Zahlungsbilanzdefizit gehört der Vergangenheit an.Alseines der wenigen EU-Mitglieder hat Dänemark Erfolge bei der Bekämpfungder offenen Arbeitslosigkeit, derzeit 8,5 Prozent, vorzuweisen.Das istnicht nur kräftigen Investitions- und Exportsteigerungen zuzuschreiben,sondern auch großzügigen Ruhestandsregelungen und dem bezahlten"Sabbatjahr" für Ausbildungszwecke oder zum verlängerten Elternurlaub.Von der EWU versprechen die Dänen sich laut Umfrage hingegen keineFörderung der Beschäftigung.Die guten Aussichten trübt indes einewieder zunehmende Teuerung.Als Ursache für drohende Instabilitätverweist der dänische Sachverständigenrat auf dieAusgaben-Zugeständnisse, die die Regierung den Volkssozialisten machenmußte.Mehr noch warnen die Wirtschaftsweisen und die Industrie vor dennegativen Konsequenzen aus der Abstandnahme von der EWU.Der von diesererwartete Aufschwung gehe an Dänemark vorbei, die Exportwirtschaftverliere Marktanteile, das in diesem Jahr mit knapp drei Prozent noch überdem EU-Durchschnitt liegende Wachstum werde schon 1998 erlahmen.Außerdemwird befürchten, Dänemark und seine Unternehmer müßten bei derKreditaufnahme am internationalen Geldmarkt wegen der Nicht-Unterwerfungunter die EWU-Disziplin eine "Risiko-Prämie" in Form von ein Prozenthöherer Zinsen in Kauf nehmen.Deshalb ist Kopenhagen bei der notwendigen Regelung der Beziehungen zur EWUdaran gelegen, Stabilitätsbewußtsein zu demonstrieren.Es hofft dieZinsnachteile vermeiden zu können, indem eine Bandbreite derKursschwankungen zwischen Euro und Dänenkrone von nur 2 bis 2,5 Prozentfestgelegt wird, das heißt weit unter den für die Außenbeziehungen derEWU vorgesehenen 10 bis 12 Prozent.Die EU will zwar vermeiden, daß dasBeispiel des abtrünnigen Dänemark Schule macht.Es gilt deshalb dieses soeng wie möglich an die EWU anzubinden.Kopenhagen wiederum istkooperationswillig, um nicht immer weiter von den Kernländern abzutreiben.GELASSENER BLICK AUF KERNEUROPA: Die Dänen bleiben bei der Währungsuniongerne in der zweiten Reihe.

JÖRGEN DETLEFSEN[STOCKHOLM]

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