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Der Unternehmer Hans Rudolf Wöhrl (Archivbild).

© picture alliance / Dirk Borm/WDR

Unternehmer Hans Rudolf Wöhrl: „Um ehrlich zu sein, ich bin entsetzt“

Der Unternehmer Hans Rudolf Wöhrl spricht im Interview über seine Pläne mit der insolventen Air Berlin und das Verhalten von Regierung und Konkurrenz.

Was wollen Sie mit der Übernahme von Air Berlin erreichen?

Die Intro-Verwaltung ist nur an einer Gesamtübernahme und Fortführung der Air Berlin interessiert, um kein Monopol entstehen zu lassen. Am Ende wollen wir auch Geld verdienen.

Wie sieht Ihr Angebot konkret aus?

Bisher bestand unser Angebot in einer entsprechenden Absichtserklärung an die Insolvenzverwalter. Die Behauptung, es sei dort kein Schreiben eingegangen, hat man später revidiert: „Die E-Mail und das Fax sind leider in den vielen Air Berlin relevanten Schreiben untergegangen!“

Sie sprechen von Investoren. Wer und wie viel Geld stecken dahinter?

Die Intro-Verwaltung verfügt über ein Konsortium von Fachleuten, Investoren, Leasinggesellschaften und Fluggesellschaften, welche bei Bedarf zur Verfügung stehen. Wer und welche davon benötigt werden, lässt sich erst entscheiden, wenn eine Fortführungsprognose erstellt ist. Im Vorfeld, zu unserem Angebot, haben wir diesen Kreis befragt und positive Rückmeldungen bekommen. Nach der heutigen Kenntnislage könnten wir das, was die Intro-Verwaltung alleine nicht bewältigen oder finanzieren kann, mit diesen Partnern abdecken.

Thomas Winkelmann, der Chef der Air Berlin, hat Sie öffentlich als Trittbrettfahrer bezeichnet.

Bisher habe ich Herrn Winkelmann als seriösen Manager kennengelernt. Daher halte ich diese Äußerung für einen emotionalen Gefühlsausbruch. Das ist durchaus verständlich, denn Herr Winkelmann kam von Lufthansa zu Air Berlin und vertritt offensichtlich nach wie vor die Interessen seines früheren Arbeitgebers. Das verstößt gegen Treu und Glauben gegenüber den Anteilseignern der Air Berlin, von denen auch Intro mit rund 500000 Aktien einer ist. Herr Winkelmann weiß sehr genau, welche Erfahrungen und welch guten Ruf die Intro auf dem Gebiet der Luftfahrt hat. Dass wir diesen guten Ruf nicht um eines PR-Gags willen riskieren würden, weiß auch er!

Wie bewerten Sie die diversen Erklärungen der Regierung?

Um ehrlich zu sein, bin ich entsetzt! Was in den letzten Tagen passierte, ist einer marktwirtschaftlich ausgerichteten und demokratischen Nation unwürdig. Ich kann gar nicht aufzählen, gegen wie viele Regeln verstoßen wurde und vermutlich noch wird. Es drängt sich der Eindruck auf, dass wir in Deutschland auf dem besten Weg zu einer sozialistischen Planwirtschaft sind, bei der nur noch Großbetriebe erwünscht sind.

Was würden Sie tun, wenn Intro-Verwaltung am Ende doch den Zuschlag bekäme?

Die Übernahme der kompletten Firma bedeutet zwangsläufig, dass der Geschäftsbetrieb zunächst unverändert fortgeführt wird. Details können erst nach einer genauen Ist-Analyse genannt werden. Air Berlin war ja zu Zeiten von Joachim Hunold mit dem Konzept: „Von der Provinz in die Welt“ sehr erfolgreich. Nach dem Einstieg von Etihad hat man, in der Hoffnung, ein internationales Drehkreuz in BER aufbauen zu können, dieses Erfolgsmodell Stück für Stück aufgegeben und saß damit zwischen Baum und Borke. Dafür konnte Air Berlin herzlich wenig, aber darüber spricht heute kaum noch jemand. Unser Bestreben wäre es, teilweise zu den Wurzeln zurückzukehren, was den touristischen Verkehr anbetrifft. Dann würden wir uns intensiver wieder mit dem innerdeutschen und den europäischen Kurzstreckenverkehr verstärkt befassen, denn eine so große Airline braucht Ganzjahresziele.

Ein Punkt aber ist wichtiger als alles andere, und diesen positiv zu belegen wäre schon die halbe Miete. Wir würden alles tun, um das Vertrauen der Mitarbeiter und damit das Vertrauen der Kunden wiederzugewinnen. Air Berlin verliert Millionenumsätze, weil die Leute der Airline nicht mehr vertrauen. Das muss sich als Erstes ändern, und das können wir.

Wollen Sie das Deutschland- und Europa-Flugnetz aufrechterhalten?

Ja, das sollte der Schwerpunkt sein.

Wollen Sie die Direktflüge in die USA bestehen lassen?

Ja, aber nur dort, wo sie einen eindeutigen touristischen Wert haben und nicht im direkten Wettbewerb mit anderen Airlines stehen. Bei der Langstrecke wollen wir möglichst Ziele, die man 52 Wochen im Jahr anfliegen kann.

Wollen Sie nach dem Ausscheiden von Etihad die früheren Asienverbindungen der Air Berlin wieder aufleben lassen?

Warum sollte Air Berlin nicht in die klassischen Winterurlaubsziele der LTU fliegen? Ich denke an Thailand, die Malediven, und so weiter. Aber wir kämen nie auf die Idee, nach Hongkong oder China zu fliegen.

Wollen Sie das Ferienfliegerprogramm – Mallorca – aktiv halten?

Die Balearen sind die wichtigste Feriendestination in Europa und dort war Air Berlin Nummer eins und sollte es auch wieder werden oder bleiben.

Was würde der Einstieg von Intro für die Mitarbeiter bedeuten?

Auch wenn ich nicht als Freund der Gewerkschaften gelte, so bin ich kein Feind meiner Mitarbeiter. Ganz im Gegenteil! Bei keiner unserer Beteiligungen haben wir die Sanierung auf dem Rücken der Belegschaft ausgetragen. Lediglich bei der dba haben die Mitarbeiter freiwillig auf 15–20 Prozent ihres Gehaltes für ein Jahr verzichtet. Das war verbunden mit der Zusage, dass dieser Verzicht im Falle einer Kündigung zurückbezahlt worden wäre. Wir haben das Versprechen eingehalten, nach einem Jahr gab es bereits wieder neue Jobs und die alten, hohen Gehälter. Bei der LTU und allen anderen Sanierungen gab es keine Einschnitte für die Belegschaft! Unser Prinzip ist es, durch Produktivitätssteigerung sowohl den Personalstand als auch die Gehälter beizubehalten. Mit motivierten Mitarbeitern ist das kein Problem!

Wie lange, glauben Sie, würde es dauern bis Air Berlin verlustfrei fliegen könnte?

Das hängt davon ab, wie schnell das Verfahren durchgezogen werden kann und wie der Vergleich mit den Gläubigern aussieht. Wenn ich meine Erfahrungen als Ansatz nehme, dann wird der Winter 2017/2018 hohe Verluste bringen, der Sommerflugplan 2018 könnte mit ein wenig Glück eine schwarze Null zeigen. Dann folgen noch einmal sechs schwierige Monate, die aber der Sommer 2019 ausgleichen könnte. Dann sollte/könnte Air Berlin gut da stehen.

Wie sähe Ihre Air Berlin 2019 aus?

Neben einem leistungsfähigen innerdeutschen Netz würde der touristische Verkehr das Programm klar dominieren. Wir würden nicht die billigste Airline sein, aber mit uns würde der Urlaub zwei Tage länger werden, weil wir Hin- und Rückflug zu einem Vergnügen machen werden. Es gäbe eine teilweise Rückverlagerung in die „Provinz“, um (falls er bis dahin fertig sein sollte) über BER und Palma mit den Inlandsstrecken auch ein zusätzliches Passagieraufkommen zu generieren.

Das sieht nach Joachim Hunold aus!

Da kann ich nur sagen: „Lieber eine gute Kopie, als ein schlechtes Original!“

„Wie meine Träume fliegen lernten“, so lautet der Titel Ihrer Biografie, die in ein paar Wochen erscheint. Welche Rolle spielt darin die geplante Air-Berlin-Übernahme?

Das Buch war schon zum Druck freigegeben, als diese Nachricht kam und wir konnten diese gerade noch auf einer halben, freien Seite vermerken. Beim Piper Verlag war man froh darüber und meinte, dass 50 Jahre Luftfahrtgeschichte fürs Erste genug seien!

Mir ist schon klar, dass es in den Medien heißen wird: „Wöhrl habe das alles nur inszeniert, um sein Buch attraktiv zu machen.“ Das würde mich ehren, denn dann hätte ICH Regie geführt. Ich hätte folglich den Zeitpunkt des Insolvenzverfahrens bestimmt und sowohl das Air Berlin Management, die Lufthansa als auch die Regierung hätten auf mein Kommando gehört. Leider zu schön, um wahr zu sein.

Manche bezeichnen Sie als jemanden, der Firmen kauft, um sie möglichst schnell wieder mit Gewinn zu verkaufen. Haben Sie das auch mit Air Berlin vor?

Die Firma Wöhrl wurde 1933 gegründet, war immer in Familienhand, nur leider hat mein Bruder (er übernahm sie nach 2004 in zwei Schritten zu 100 % von mir) massiv auf Expansion gesetzt und sich dabei übernommen. Das Ergebnis, vor einem Jahr musste er unter den Schutzschirm schlüpfen, hat es aber leider nicht geschafft, ein erfolgversprechendes Fortführungskonzept zu unterbreiten. Er hat den größten Teil seines Vermögens verloren und am Ende war es mein Sohn Christian Greiner, der mit meiner Unterstützung die Firma als Ganzes retten konnte. Wenn es uns ums Geld ginge, hätten wir das, in dieser schwierigen Zeit, für den Handel sicherlich nicht getan. Ich bin ziemlich emotional, aber ich bin auch Realist. Daher beteilige ich mich, wo ich eine Chance sehe, aber ich bin auch bereit, mich von einem Engagement zu trennen, wenn es keine Zukunft hat. Da muss man auch mal eine verlustreiche Schließung in Kauf nehmen. Im Normalfall aber gibt es strategische Lösungen, die genau eine solche verhindern. Kaufen und Verkaufen gehören einfach zusammen, wer darin etwas Schlechtes sieht, der hat von Wirtschaft keine Ahnung!

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