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Permanent geortet: Handynutzer in Freiburg.

© picture alliance / dpa

Überwachung: Google ortet permanent Standort von Android-Nutzern

Selbst wenn Nutzer Ortungsdienste abschalten, erfährt Google ihren Standort. Nach Kritik soll das nun geändert werden.

Wer ein Smartphone benutzt, kann in der Regel für jede App einstellen, ob der jeweilige Dienst die Standortdaten nutzen darf. Denn was für Karten oder die Navigation beinahe unumgänglich und beispielsweise bei der Wetterabfrage praktisch ist, müssen Spiele oder Nachrichtenangebote nicht zwingend wissen.

Manch ein Nutzer, dem die Privatsphäre besonders wichtig ist, stellt die Ortungsfunktion sogar generell ab. Doch nun stellt sich heraus, dass auch bei größten Vorsichtsmaßnahmen die Standortdaten von Android-Nutzern regelmäßig an Google übermittelt werden. Damit ist potenziell der Großteil aller Handynutzer weltweit betroffen, denn inzwischen läuft das mobile Betriebssystem von Google auf 85 Prozent aller Smartphones.

Die Ortungspraxis hat das US-Onlinemagazin Quartz herausgefunden. Google hat das Verfahren inzwischen eingeräumt. Übertragen werden dabei die Daten der Funkzelle, in der sich ein Nutzer befindet. Die sind zwar nicht ganz so genau wie die GPS-Daten, doch auch durch die Entfernung zum nächsten Funkmasten lässt sich der Standort auf etwa 500 Meter genau bestimmen.

Standort wird auch ermittelt, wenn keine SIM-Karte im Gerät steckt

Normalerweise verfügen nur die Telefonanbieter über diese Informationen und dürfen sie auch nur auf Anordnung an Behörden übermitteln. Laut Quartz würden die Daten sogar dann erhoben, wenn der Nutzer keine SIM-Karte im Gerät hat und übermittelt, sobald ein Nutzer sich in ein WLAN-Netz einwähle.

Laut Google wird das Verfahren seit Januar eingesetzt. Durch die Daten der Funkzellen soll „die Geschwindigkeit der Nachrichtenübermittlung weiter verbessert werden“, erklärte das Unternehmen. Die Standortdaten sollen allerdings nicht gespeichert worden sein, betont das Unternehmen: „Wir haben Cell ID nie in unser Netzwerk-Sync-System integriert, so dass die Daten sofort verworfen wurden“.

Trotzdem sorgt die Praxis für scharfe Kritik. „Das heimliche Sammeln von Standortdaten ohne oder gar gegen den expliziten Willen der Nutzerinnen und Nutzer stellt einen klaren Rechtsverstoß dar, der auch ein Fall für die zuständigen Aufsichtsbehörden ist“, sagte der netzpolitische Sprecher der Grünen, Konstantin von Notz, dem Tagesspiegel. Die unbestimmt gehaltenen Passagen in der Datenschutzerklärung, stellen aus seiner Sicht keine ausreichende Rechtsgrundlage dar.

Ortung soll zum Monatsende abgestellt werden

„Die Reaktion von Google zeigt, dass man sich seiner Schuld durchaus bewusst ist“, sagt Vize-Fraktionschef von Notz. Denn das Unternehmen hat gegenüber Quartz angekündigt, das Verfahren bis Ende November abzustellen. „Ich fordere das Unternehmen auf, die Ortung der Nutzer umgehend einzustellen", sagt von Notz, "nicht erst wie angekündigt Ende des Monats".

Auch sein Parteikollege Malte Spitz kritisiert das Vorgehen. „Ich war ehrlich gesagt überrascht, dass sowas 2017 noch passiert“, sagt der Datenschutzexperte. Spitz hat mehrere Bücher dazu geschrieben und einst von der Telekom per Klage alle über ihn erhobenen Bewegungsdaten eingefordert und dann visualisiert. „Ich hätte gedacht, dass die Sensibilität bei Google inzwischen höher ist und dort in solchen Fällen die Alarmsignale angehen“, sagt Spitz. Daher bezweifelt er auch, dass die Daten tatsächlich nur zum besseren Versenden von Push-Nachrichten erhoben wurden. Man könne zwar nur spekulieren, aber wahrscheinlicher sei es, dass so Suchergebnisse oder Werbeangebote optimiert werden sollten.

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