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Der Vorstandsvorsitzende der Volkswagen-Kernmarke, Herbert Diess (l), und der VW-Konzernbetriebsratsvorsitzende Bernd Osterloh sitzen am 12.11.2015 während eines Interviews im Volkswagenwerk in Wolfsburg (Niedersachsen) zusammen.

© dpa

Update

Streit bei Volkswagen: Machtkampf zwischen VW-Markenchef und Betriebsrat

"Soll ich gehen?" Bei VW ist laut "Spiegel" der Konflikt zwischen Volkswagen-Chef Diess und dem mächtigen Betriebsratsvorsitzenden Osterloh eskaliert.

Herbert Diess, Markenchef bei Volkswagen, soll am Donnerstag die Vertrauensfrage gestellt haben. Einem Bericht des "Spiegel" zufolge waren schwere Vorwürfe seitens der Betriebsräte vorausgegangen. "Soll ich gehen?", habe Diess Betriebsratsvorsitzenden Bernd Osterloh gefragt. Dieser habe mit "nein" geantwortet. Am Abend dementiert ein Betriebsratssprecher diese Darstellung. Klar ist aber, dass das Verhältnis zwischen Diess und Osterloh mehr als angespannt ist.In einem Brief an die Belegschaft hatten die Betriebsräte des Wolfsburger Autobauers geschrieben, man habe den Eindruck, dass der Diesel-Skandal "hinterrücks dazu genutzt werden soll, personelle Einschnitte vorzunehmen, die bis vor wenigen Monaten kein Thema waren". Zudem heißt es in dem Schreiben, der Markenvorstand lasse es "an Verlässlichkeit fehlen".

„gravierenden Vertrauensproblem“

Der Betriebsrat fürchtet einen Jobabbau und fordert Arbeitsplatz-Garantien. Von einem „gravierenden Vertrauensproblem“ zwischen Arbeitnehmervertretern ist die Rede. Doch damit nicht genug: Zugleich steht die Frage an, ob die Manager bei VW den Abgas-Skandal im Geldbeutel spüren sollen: Der „Spiegel“ berichtet, dass VW-Manager trotz Krise auf hohe Bonuszahlungen bestehen. Ein VW-Sprecher nannte das „pure Spekulation“. Müller hatte Ende 2015 versprochen, dass der Vorstand bei den Boni im Zuge der Krise „den Gürtel enger schnallen“ werde.

Ein Sprecher bekräftigte das: „Der Vorstand steht dazu, Vorbild zu sein, wenn es um die Anpassung der Boni geht.“ Über die genaue Höhe möglicher Bonuszahlungen will VW Ende April bei der Bilanz-Pressekonferenz informieren. Aus Aufsichtsratskreisen erfuhr dpa, dass die Verhandlungen darüber noch nicht zu Ende seien. Es sei nicht vermittelbar, wenn auf der einen Seite über Jobs diskutiert werde und auf der anderen Seite Boni in Millionenhöhe eingefordert würden. Ungeachtet dessen wird im Konzern bereits über die Zukunft tausender Arbeitsplätze bei der VW-Kernmarke gestritten.

Betriebsratschef Bernd Osterloh forderte Gespräche mit dem Markenvorstand über einen neuen „Zukunftspakt“. Osterlohs Leute wollen feste Zusagen für Jobs, Produkte und Stückzahlen sowie ein strategisches Gesamtkonzept. Es gebe keine Basis mehr für die bisherige Form der Zusammenarbeit, heißt es aus dem Betriebsrat. Diskussionen über einen „Zukunftspakt“ seien nötig, um die aktuellen Spekulationen zur Sicherheit von Jobs und Werken in Deutschland zu beenden. „Darin wollen wir feste Produkt-, Stückzahl- und Investitionszusagen für die nächsten Jahre festschreiben“, schrieb der Betriebsrat an die VW-Belegschaft. Das erfuhr die dpa am Donnerstag von Vertrauensleuten der IG Metall.

Der Vorstand der VW-Kernmarke zeigte sich bereit, rasch in Gespräche über mehr Planungssicherheit und Gewissheit für die künftigen Jobs einzusteigen. „Das Schreiben des Betriebsrats sehen wir als sehr gute Vorlage für die weitere Arbeit. Wir begrüßen ausdrücklich das Verhandlungsangebot für einen langfristigen Zukunftspakt“, sagte VW-Personalchef Karlheinz Blessing der dpa. „Die Sicherung der Standorte liegt auch im Interesse des Vorstands.“

Nicht der erste Streit zwischen Osterloh und Diess

Osterloh und VW-Markenchef Herbert Diess gerieten seit dem Ausbruch der Diesel-Krise schon mehrfach aneinander. Ein offener Bruch blieb aber aus. Nun sprechen die Arbeitnehmervertreter dem Markenvorstand die sprichwörtliche „Handschlag-Qualität“ ab: „Ständige wechselnde Zielvorgaben, das Fehlen einer verlässlichen, langfristigen Strategie für die Marke Volkswagen oder pauschale, nicht zu Ende gedachte Sparvorgaben sind hierfür nur einige Beispiele.“ Nötig sei deswegen ein „klarer Richtungswechsel“. Der Betriebsrat fürchtet, dass das Management in der Abgas-Affäre den Renditedruck verschärfe: „So haben wir den Eindruck, dass der Diesel-Skandal hinterrücks dazu genutzt werden soll, personelle Einschnitte vorzunehmen, die bis vor wenigen Monaten kein Thema waren“, heißt es in dem Brief, den auch die Betriebsratschefs aus Emden, Hannover, Kassel, Salzgitter, Braunschweig und VW-Sachsen unterschrieben haben. Einen Pakt für sichere Jobs gab es zuletzt vor zehn Jahren. Dafür gab die Arbeitnehmerseite die Viertagewoche auf und machte Zugeständnisse mit Mehrarbeit ohne vollen Lohnausgleich. (tsp, dpa)

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