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Autohändler fürchten, dass sie vor allem gebrauchte Dieselmodelle kaum noch loswerden – oder nur noch mit Verlust.

© Jan Woitas / dpa

Software-Updates und Wechselprämien: Autohändler fürchten Kosten der Diesel-Modernisierung

Die Autobauer haben auf dem Diesel-Gipfel viel versprochen – nun fürchten die Händler, dass sie auf den Kosten der großen Umrüst- und Wechselaktion sitzen bleiben.

Das Autohaus König war auf das Schlimmste vorbereitet: „Innenstadt gesperrt“, meldete die größte Autohandelsgruppe Berlins wenige Tage vor dem Diesel-Gipfel. „Bundeskanzlerin spricht Verbot für alte Diesel aus.“ – Aus einer spaßig gemeinten Werbebotschaft für potenzielle Dieselkäufer wurde bitterer Ernst. „Dass Fahrverbote mit einer solchen Aufregung diskutiert werden würden, war uns nicht klar“, sagt Dirk Schumacher, Leiter des Onlinemarketings beim Autohaus König, das pro Jahr rund 25 000 Neu- und Gebrauchtwagen der Marken Renault, Fiat, Alfa Romeo und Jeep verkauft.

Die Franzosen und Italiener haben hohe Dieselanteile in ihren Flotten – entsprechend groß ist der Druck auf die Händler, die Werbetrommel für die in Verruf geratenen Selbstzünder zu rühren. Die Wettbewerber von Volkswagen, Daimler und BMW weigern sich bislang, Software-Updates an älteren Modellen vorzunehmen. Die Gefahr von Fahrverboten ist auch für die Fahrer ausländischer Marken nach dem Diesel-Gipfel nicht gebannt, glaubt Dirk Schumacher. Die Verunsicherung der Kunden sei geblieben. „Die Dieselverkäufe sind in den vergangenen Monaten stark zurückgegangen“, sagt der Händler. Rund 30 Prozent der Neuwagen hätten noch einen Dieselmotor, früher seien es mehr als 40 Prozent gewesen. „Wir haben schon seit Jahresanfang deutlich weniger Diesel bei den Herstellern bestellt“, sagt Schumacher. Wären nicht die Geschäftskunden, die nach wie vor wegen der geringeren laufenden Kosten auf den Diesel setzen, sähe es noch düsterer aus.

Kfz-Werkstätten wollen nicht die Zeche zahlen

Doch nicht nur die Kunden hängen in der Luft, auch die Händler selbst wissen häufig nicht, wie es weitergeht im Dieseldrama. Der Verband des Kfz-Gewerbes (ZDK) warnte, die Hersteller dürften die Folgen des Diesel-Gipfels – kostenlose Software-Updates und Umstiegsprämien – nun nicht auf den Handel abwälzen. Der Aufwand, der den meist mittelständischen Autohäusern und Kfz-Werkstätten entstehe, müsse „in vollem Umfang“ von den Konzernen vergütet werden. „Die Betriebe haben die Dieselkrise ebenso wenig zu verantworten wie die Autofahrer“, erklärte der ZDK. Man sei deshalb nicht bereit, die Zeche dafür zu zahlen.

Thomas Greitzke befürchtet aber genau das. „Rabatte wie die jetzt vereinbarten Diesel-Umstiegsprämien sind immer ein Thema, das die Händler zu tragen haben“, sagt das Vorstandsmitglied der Berliner Koch Automobile AG, die jährlich rund 8000 Neuwagen und Gebrauchte verkauft. „Das wird auf unsere Marge drücken.“ Dabei hat der Händler der Marken Seat, Skoda, Citroen, Mazda, Honda und Volvo schon jetzt Probleme, seine Dieselmodelle zu passablen Preisen vom Hof zu bekommen. 60 Prozent aller Autos, die Koch verkauft, sind Dieselfahrzeuge. Für die im Handel üblichen Tageszulassungen – Neuwagen, die der Händler anmeldet und als „junge Gebrauchte“ mit Nachlass verkauft – wird der Händler keine Dieselprämien geben dürfen. „Trotzdem werden die Kunden danach fragen“, sagt Greitzke voraus. „Da muss man schneller bereit sein, einen Verlust zu akzeptieren.“

Noch schwieriger ist die Situation bei Fahrzeugen, die aus auslaufenden Leasingverträgen stammen und weiterverkauft werden müssen. „Das ist ein echtes Problem – und es wird noch größer“, sagt der Händler. Weil mit Leasing-Kunden vor der Dieselkrise deutlich höhere Restwerte vereinbart wurden, zahlt der Händler beim Weiterverkauf nun drauf. „Und viele Verträge laufen noch ein, zwei Jahre“, sagt Greitzke. Das dicke Ende kommt also noch.

Diesel-Marktanteil sinkt massiv

Es sei denn, der Verkauf von Dieselfahrzeugen erholt sich wieder. Danach sieht es allerdings nicht aus. Der Anteil neu zugelassener Diesel in Deutschland ist sogar weiter deutlich zurückgegangen. Im Juli sank der Marktanteil auf 40,5 Prozent – das war im Vergleich zum Vorjahresmonat ein Minus von 12,7 Prozent. Vor einem Jahr lag der Anteil bei 47,1 Prozent. Wer keinen neuen Diesel kauft, will erst recht keinen gebrauchten. Weil die Kunden ihre Entscheidung über einen Autokauf vertagen, stehen gebrauchte Diesel länger herum, bis sie wieder verkauft werden. Das kostet die Händler Geld – im Schnitt 27 Euro pro Tag, hat die Deutsche Automobil Treuhand (DAT) auf der Grundlage von Händlerdaten für ihr „Dieselbarometer“ errechnet. 95 Tage waren es zuletzt im Schnitt, bis ein Diesel einen neuen Besitzer fand, bei gebrauchten Benzinern hingegen nur 79. Vor einem Jahr lagen beide Typen noch annähernd gleichauf.

Gibt es tatsächlich Fahrverbote in den Innenstädten, weil die vereinbarten Software-Updates bei Euro-5- und Euro-6- Wagen nicht ausreichen, wird aber auch der Restwert der Autos noch spürbar sinken, schätzt Ferdinand Dudenhöffer, Autoexperte an der Uni Duisburg-Essen (siehe auch Text unten links). In einer Modellrechnung geht er von pauschal zehn Prozent aus. Mit der Folge, dass es für Dieselfahrzeuge bis zurück ins Baujahr 2013 billiger wäre, die im Raum stehenden 1500 Euro für eine Nachrüstung am Motor zu investieren, als den Wertverlust hinzunehmen. Bei einem Dieselbestand ab Baujahr 2009 von aktuell 10,9 Millionen Stück kommt durch Nachrüstungen und Wertverluste so eine Summe von knapp 15 Milliarden Euro zusammen.

Restwerte von Leasingfahrzeugen fallen

„Wir stellen jeden Tag einen Wechsel auf die Zukunft aus“, sagt Autohändler Thomas Greitzke mit Blick auf das ungewisse Leasinggeschäft. Und Rabatte, die gebe es ohnehin das ganze Jahr über. „Frühlings-, Sommer- oder Weihnachtsrabatte – jetzt kommen eben Dieselrabatte“, sagt Greitzke. „Die Autobauer wird das jedenfalls nicht ärmer machen.“

Kollege Schumacher vom Autohaus König experimentiert derweil mit neuen Vertriebsmethoden. Seit Ende Juni bieten die Berliner als erster Autohändler in Europa den Renault Twingo im Leasing über den Onlinehändler Amazon an. „Wir sind zufrieden“, sagt Schumacher. Wie viele Kleinwagen bislang verkauft wurden, verrät er nicht. „Wenn es bis Oktober 300 werden, sind wir gut.“ Schon jetzt ist für den Autohändler aber klar: „Wir werden weitere Modelle bei Amazon reinstellen.“

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