zum Hauptinhalt
Gute Geschäfte, kaum Steuern: Auch Starbucks profitiert von den aktuellen Regeln.

© imago stock&people

OECD legt Vorschläge vor: Kampf gegen Steuerflucht

Internationale Konzerne rechnen sich arm und sparen so Steuern. Die Industrieländer-Organisation OECD will die Trickserei beenden.

Was haben Google, Amazon, Starbucks und Apple gemeinsam? Sie alle sind multi-nationale Großkonzerne, erwirtschaften Milliardenumsätze – und haben kreative Steuerabteilungen. Die Experten dort sagen ihnen genau, wie sie Gewinne, Kosten und Aktivitäten über Ländergrenzen hinaus verschieben müssen, um – ganz legal – Steuern zu sparen. Den Schaden haben Länder wie Deutschland. 160 Milliarden Euro entgehen dem deutschen Fiskus jedes Jahr, weil ausländische Firmen hierzulande zwar Geschäfte machen, sich der Steuer gegenüber aber arm rechnen. EU-weit steht jährlich sogar eine Billion Euro auf dem Spiel, schätzt man in Brüssel.

Finanzminister Schäuble begrüßt den Vorstoß

Die wichtigsten Industrie- und Schwellenländer wollen sich das nicht länger gefallen lassen. Am Dienstag präsentierte die Industrieländer-Organisation OECD ein erstes Maßnahmenpaket gegen die Steuerflucht der Großkonzerne. Die Finanzminister der Top-Wirtschaftsmächte (G20) wollen die Vorschläge der OECD bei ihrem Treffen im australischen Cairns an diesem Wochenende verabschieden. Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) begrüßte den Vorstoß am Dienstag. Ziel des Aktionsplans ist es, dass multinationale Konzerne dort, wo sie Geschäfte machen, auch angemessen Steuern zahlen.

Die Unternehmen vermeiden das bislang mit unterschiedlichen Tricks. So verlagern sie Patente, Markenrechte, Lizenzgebühren oder Darlehenszinsen in Tochterfirmen, die gezielt in Steueroasen angesiedelt werden. Diese Oasen gibt es nicht nur auf den Bermudas, sondern auch im Herzen von Europa. Die Niederlande, Irland oder Luxemburg locken mit enormen Steuererleichterungen.

Konzerne rechnen sich arm

So hatte die Europa-Zentrale von Amazon nach Recherchen der Nachrichtenagentur Reuters in Luxemburg 2011 zwar einen Umsatz von 9,1 Milliarden Euro gemeldet, aber nur einen zu versteuernden Gewinn von 29 Millionen Euro. Apple hat in den vergangenen drei Jahren im Ausland zwar Gewinne von insgesamt 74 Milliarden Dollar erzielt, aber darauf nur zwei Prozent Steuern abgeführt. Das will die OECD künftig verhindern. Bis Ende 2015 soll ein Gesamtpaket stehen – auf Basis eines 15-Punkte-Aktionsplans. Für sieben Bereiche liegen seit Dienstag erste Analysen und Vorschläge vor. Ziehen alle Länder der OECD und der G20 mit, würden die Regeln für mehr als 90 Prozent der Welt-Wirtschaft gelten.

Keine Sonderregeln für Internetfirmen

Handlungsbedarf sieht die OECD vor allem bei Internetfirmen. Im Zeitalter von Onlinehandel, Bezahlen per Handy, mobilen Download-Läden, „Cloud Computing“ (entferntes Datenspeichern) und Suchmaschinen wird es immer schwieriger zu klären, welchem Land Geschäfte sowie Produkte und damit Gewinne und Steuern zuzuordnen sind. Klassische Betriebsstätten gibt es nicht. Schwellenländer wollen, dass dort besteuert wird, wo die Nutzer sitzen. Andere nicht. Nur eines ist klar: Sonderregelungen für Internetfirmen soll es nicht geben.

Das Aus für die "doppelte Nicht-Besteuerung"

Gelöst werden soll auch das generelle Problem der „doppelten Nicht-Besteuerung“. Das passiert, wenn zwei Länder die Rechtsform eines Unternehmens und Transfers unterschiedlich einstufen, so dass bestimmte Zahlungsströme am Ende gar nicht mehr besteuert werden. Ein solcher Missbrauch von Doppelbesteuerungsabkommen soll eingedämmt werden, fordert die OECD. Zudem soll es Mindeststandards für die Anwendbarkeit von Doppelbesteuerungsabkommen geben. Von diesen Abkommen gibt es weltweit etwa 3000.

Zudem schlägt die OECD einige konkrete Maßnahmen vor, die – weltweit umgesetzt – vielen heute genutzten Steuertricks die Grundlage entziehen würden. So soll es einheitliche Regeln für sogenannte hybride Finanzinstrumente geben. Angegangen wird damit das Problem, dass Tochterfirmen in manchen Ländern zum Beispiel Zahlungen an ihre Zentrale als Zinsen steuermindernd geltend machen, diese im Land der Konzernmutter aber als steuerfreie Dividende ankommen. Im Extremfall kommt es so zur doppelten Nicht-Besteuerung von Erträgen.

Patent- und Lizenzboxen sorgen für Streit

Auch sollen sich Konzerne für die Steuer nicht mehr arm rechnen können, indem sich Mutter und Töchter willkürliche Preise für ihre konzerninternen Leistungen in Rechnung stellen. Schließlich sollen Konzerne künftig den Steuerbehörden mitteilen müssen, wie viel Steuern sie in welchem Land bezahlen. Keine Einigung gibt es jedoch zu den sogenannten Patent- oder Lizenzboxen, die auch innerhalb der EU für jede Menge Streit sorgen. Der Trick: Lizenzen und die Einnahmen daraus werden gezielt in ein Land verlagert, in dem so gut wie keine Steuern auf Lizenzerträge anfallen. Während in Deutschland Erträge hierzulande wie Unternehmensgewinne generell mit 30 Prozent besteuert werden, verlangt Großbritannien nur zehn Prozent. In den Niederlanden sieht es noch günstiger aus. Das ärgert Finanzminister Schäuble. Der erwägt nun seinerseits eine Steuersenkung – auf zehn oder 15 Prozent. mit dpa/Reuters

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false