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Die Exporte legten 2016 um 1,2 Prozent auf den Höchstwert von gut 1,2 Billionen Euro zu.

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Update

Nach dem Export-Rekord: Handelsüberschuss bereitet Ökonomen Sorgen

Die deutschen Unternehmen haben 2016 Waren im Wert von 1,2 Billionen Euro ins Ausland verkauft - so viel wie nie. Das ist eine gute Nachricht - trotzdem sind Ökonomen alarmiert.

Von Carla Neuhaus

Es ist ein neuer Rekord – aber kein Grund zum Feiern. Für 1,2 Billionen Euro haben die Deutschen im vergangenen Jahr Waren ins Ausland verkauft. 2016 war damit das dritte Jahr in Folge, in dem die deutschen Unternehmen den bisherigen Rekordwert ihrer Exporte noch einmal getoppt haben. Doch worüber die Konzerne jubeln, weil es ihnen hohe Gewinne beschert, bereitet Ökonomen zunehmend Sorgen.

Der Grund: Der Handelsüberschuss steigt damit weiter an. Denn während die Exporte um 1,2 Prozent zugelegt haben, sind die Importe „nur“ um 0,6 Prozent gestiegen. Das heißt, die Deutschen haben noch einmal mehr Autos und Maschinen ins Ausland verkauft, als sie selbst an Computern oder Kleidung aus dem Ausland eingekauft haben. Inzwischen übersteigt der Wert der deutschen Exporte den der Importe um 266 Milliarden Euro. Auch das ist ein Rekordwert. Und der Grund, warum Ökonomen wie Marcel Fratzscher zur Vorsicht mahnen. „Dass die deutsche Wirtschaft sehr viel mehr exportiert als importiert, ist Anlass zur Sorge und kein Grund stolz zu sein“, sagt der Chef des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW).

Das Problem sind die geringen Importe

Dabei richtet sich seine Kritik nicht gegen die deutschen Konzerne, die aufgrund ihrer Wettbewerbsfähigkeit mehr Waren ins Ausland verkaufen können. Fratzscher kritisiert vielmehr die andere Seite der Rechnung: „Problematisch ist die schwache Entwicklung der Importe“, sagt er. Soll heißen: Die Deutschen verkaufen nicht zu viele Waren ins Ausland – sondern sie kaufen zu wenige Waren aus dem Ausland ein. Fratzscher erklärt das mit der Investitionszurückhaltung der Deutschen. Angesichts der guten Konjunktur könnten die Deutschen eigentlich sehr viel mehr ausgeben: etwa für neue Straßen, schnelleres Internet oder modernere Häfen – sie tun es aber nicht. Deutlicher wird das Problem, wenn man sich überlegt, was bei hohen Exporten passiert. Verkauft ein Land besonders viele Waren ins Ausland, hat es theoretisch zwei Möglichkeiten: Es kann das eingenommene Geld für Investitionen im Inland ausgeben – oder es im Ausland anlegen. Was Ökonomen nun kritisieren, ist, dass die Deutschen vor allem Letzteres tun. Statt in neue Maschinen oder Straßen zu investieren, parken sie das Geld im Ausland. Zum Beispiel in den USA, wo dann wieder die Gefahr einer neuen Finanzblase entsteht, weil zu viel Geld in spekulative Finanzprodukte fließt. Dabei sind die Folgen am Finanzmarkt nur ein Problem. Legen die Deutschen viel Geld im Ausland an statt im Inland zu investieren, verursache das auch „hohe wirtschaftliche Kosten für Deutschland“, sagt Fratzscher. Denn bleiben Investitionen aus, können Firmen ihre Produktivität nicht steigern, die Löhne ihrer Arbeiter nicht anheben. Langfristig könnten sie dadurch sogar ihre hohe Wettbewerbsfähigkeit einbüßen.

Konzerne fordern mehr staatliche Investitionen

Deshalb wünschen sich auch die Exportunternehmen selbst mehr staatliche Investitionen: „Politisches Ziel muss es sein, die Nachfrage und Investitionen in Deutschland entschlossener zu fördern“, sagt Markus Kerber, Hauptgeschäftsführer des Bundesverbands der Deutschen Industrie (BDI). Er denkt dabei vor allem an höhere Ausgaben für Verkehrsinfrastruktur (Straßen) und digitale Infrastruktur (schnelleres Internet). Kerber rechnet vor, dass der Handelsüberschuss dadurch automatisch zurückgehen würde: Schließlich würden die Deutschen dann mehr Leistungen aus dem Ausland einkaufen, um diese Projekte zu stemmen.

Das wiederum könnte auch die Handelspartner ein Stück weit besänftigen. Allen voran die USA, die bereits seit Jahren den hohen Exportüberschuss der Deutschen kritisieren. Zumal der mit Donald Trump als US-Präsident zunehmend zum „politischen Risiko“ wird, warnen die Ökonomen der Landesbank Helaba. Sollte Trump tatsächlich ernst machen und zum Beispiel Strafzölle auf Fahrzeuge deutscher Autobauer erheben, würde das die deutsche Wirtschaft hart treffen.

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