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Hände weg. In hochautomatisierten Autos übernimmt der Computer das Lenkrad.

© picture alliance / dpa

Mehr Verbraucherschutz: Wenn das Auto denkt und lenkt

Der Bundesverband der Verbraucherzentralen fordert klare Regeln, Rechtssicherheit und mehr Datenschutz für autonomes Fahren.

Der Mensch sollte auch in hochautomatisiert fahrenden Autos im Mittelpunkt stehen – aus ökonomischer, rechtlicher oder ethischer Perspektive. Unter dieser Prämisse hat der Bundesverband der Verbraucherzentralen (vzbv) am Dienstag in Berlin zentrale Forderungen zum Thema autonomes Fahren an den Gesetzgeber formuliert. „Wenn Fahrer in Zukunft ihre Hände vom Lenkrad nehmen dürfen, dann muss absolute Klarheit darüber bestehen, was ihre Rechte und Pflichten sind“, sagte vzbv-Vorstand Klaus Müller. Noch vor Weihnachten werde wohl der Entwurf zur Änderung des Straßenverkehrsgesetzes vorliegen, der aus Verbrauchersicht nachgebessert werden müsse. Ein vom vzbv in Auftrag gegebenes Rechtsgutachten sieht vor allem beim Datenschutz und bei der Datensicherheit Handlungsbedarf. „Das Auto greift tief in die Persönlichkeitsrechte ein“, sagte Gutachter und ehemaliger Bundesinnenminister Gerhard Baum. „Der Gesetzgeber hat hier einen Schutzauftrag.“

Ein "Trust Center" soll die Daten verwalten

Drei Kernforderungen richtet der vzbv an den Gesetzgeber: die Fahrer automatisierter Autos dürfen nicht überfordert werden, der Hersteller haftet bei Unfällen (wenn das Auto sich selbst gesteuert hat) und Datensicherheit und -schutz müssen oberste Priorität haben. Um Letzteres zu gewährleisten, schlagen die Rechtsgutachter vor, ein unabhängiges „Trust Center“ für Mobilitätsdaten einzurichten, das Fahrzeug- und Verkehrsdaten treuhänderisch verwaltet und als Vermittler zwischen Dateninhabern und Dritten (etwa der Polizei oder Gerichten) auftritt. „Die Datensammler greifen das Auto an“, begründete Gerhard Baum das besondere Schutzbedürfnis der Verbraucher. Wie Daten im Auto verwendet werden, müsse transparent und leicht erkennbar sein. Dies auch, um im Falle eines Unfalls die Schuldfrage besser klären zu können. „Wir müssen verhindern, dass das Auto zum Zeugen gegen uns wird“, sagte Baum. Auch die Algorithmen, die den Computer im Auto steuern, müssten – zumindest in der Grundstruktur – offen gelegt werden. „Wir brauchen einen Algorithmen-Tüv“, sagte vzbv-Vorstand Müller. Dabei dürften keine Geschäftsgeheimnisse preisgegeben werden. „Aber das Beispiel VW-Dieselgate zeigt, dass Kontrolle notwendig ist.“

Nicht schlafen und den Fahrersitz nicht verlassen

Grundsätzlich schlägt der vzbv vor, den Fahrern hochautomatisierter Autos die Freiheit zu lassen, ob sie selbst steuern wollen oder nicht. Zur Pflicht dürfe das System nicht werden. Gebe man die Verantwortung ab, dürfte der Fahrer aber nicht „zur Rückfalloption werden, wenn die Maschine versagt“. Mit dem Fortschritt der Technik müsse der Fahrer „sukzessive aus der Verantwortung entlassen werden“, sagte vzbv-Mobilitätsexpertin Marion Jungbluth. Schon in der aktuellen Phase des teil- und (in Kürze) hochautomatisierten Fahrens, in der technische Assistenten das Fahrzeug überwachen und der Fahrer bald auch das Steuer abgibt, seien einfache Verbote für die Verbraucher hilfreicher als ein Katalog von Pflichten. „Der Fahrer darf nicht schlafen und den Fahrersitz nicht verlassen“, fasste Marion Jungbluth zusammen. Sie empfahl eine gesunde Portion Skepsis mit Blick auf die Leistungsfähigkeit der Technik. Ein tödlicher Unfall mit einem Autopiloten wie beim US-Autobauer Tesla zeige, dass das autonome Fahrsystem Fehler machen könne, die ein Fahrer nicht machen würde. „Autonome Autos dürfen nicht schlechter fahren als der Mensch“, sagte Jungbluth.

Keine schnellen Antworten auf ethische Fragen

Vzbv-Vorstand Müller forderte eine „kontrovers geführte öffentliche Diskussion“ über die ethischen Fragen, die mit dem autonomen Fahren verbunden seien („Überfährt das autonome Auto A oder B?“). Müller sitzt auch in der Ethikkommission, die Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU) eingesetzt hat. Schnelle Antworten seien nicht zu erwarten, gab Müller zu bedenken. Die Forderung Dobrindts, die Kommission möge schon bis Sommer 2017 ihren Bericht vorlegen, bezeichnete er als „sehr sportlich“.

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