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Lufthansa wird wohl den größten Teil der insolventen Fluggesellschaft Air Berlin übernehmen.

© dpa

Lufthansa erhält Löwenanteil: Air Berlin vor der Zerschlagung

Die Gläubiger der insolventen Fluggesellschaft wollen Air Berlin aufteilen. Verhandelt wird nur noch mit Lufthansa, Easyjet und Condor.

Die insolvente Fluggesellschaft Air Berlin wird höchstwahrscheinlich in mehrere Teile zerschlagen und unter Konkurrenten aufgeteilt. Darauf haben sich die Gläubiger von Air Berlin am Donnerstag in Berlin verständigt. Sie hatten zuvor Angebote von insgesamt acht Bietern „intensiv erörtert“, wie die Airline mitteilte. Die Rechtsanwälte Frank Kebekus und Lucas Flöther sowie Air Berlins Vorstandschef Thomas Winkelmann wurden demnach beauftragt, bis zum Montag die Verhandlungen mit Bietern weiter zu führen und „einen Abschluss anzustreben“.

Nachrichtenagenturen berichteten, dass zunächst exklusiv mit der Lufthansa über große Teile der Fluggesellschaft verhandelt werden soll. Der deutsche Marktführer könnte demnach unter anderem die österreichische Air-Berlin-Tochter Niki übernehmen. Bestätigt wurde dies zunächst nicht. Für weitere Teile werde mit Easyjet und wahrscheinlich Condor, die Ferienfluggesellschaft des Touristikkonzerns Thomas Cook, verhandelt, hieß es. Lufthansa-Chef Carsten Spohr hatte am Vorabend in Frankfurt erklärt, dass sein Konzern insgesamt für bis zu 78 der insgesamt 144 Maschinen der Air-Berlin-Flotte bieten werde, um sie der Tochter Eurowings zu integrieren. Mehr werde kartellrechtlich kaum gehen. Zugleich wies er den Vorwurf zurück, sein Unternehmen werde dadurch eine marktbeherrschende Stellung erreichen. Die Lufthansa-Gruppe kontrolliere 34 Prozent des Marktes, Air Berlin komme auf 14.

Konkurrenten drohen bereits mit Klagen

Konkurrenten wie die irische Billigfluggesellschaft Ryanair und der Nürnberger Unternehmer Hans Rudolf Wöhrl hatten bereits Klagen angekündigt, sollte die Lufthansa den Zuschlag erhalten. Auch darum wird es noch deutlich länger als erwartet bis zu einer endgültigen Entscheidung dauern, hieß es bei Air Berlin. Die Gläubigervertreter wollen sich bis Montag einigen, anschließend soll der Verwaltungsrat der nach britischem Recht eingetragenen Air Berlin plc. einen Entschluss fassen. Diesen werde man aber noch Kartellbehörden vorlegen. Bis zum 12. Oktober wolle man sich Zeit geben.

Damit die gut 8000 Mitarbeiter, Passagiere und Geschäftspartner bis dahin Vertrauen behalten, werde es entscheidend sein, dass die Kaufinteressenten bereits bis Montag finanzielle Garantien abgeben, auch auf das Risiko hin, dass Behörden die Aufteilung am Ende untersagen, hörte man in Unternehmenskreisen. Der von der bundeseigenen Förderbank KfW gewährte Kredit in Höhe von 150 Millionen Euro dürfte nämlich nicht ausreichen, um den Flugbetrieb bis Mitte Oktober aufrechtzuerhalten.

Technik-Tochter wird gesondert behandelt

Ausgegliedert aus dem Verfahren wird das Schicksal der Technik-Tochter. Dieses Teilunternehmen mit noch rund 850 Mitarbeitern vor allem in Düsseldorf, Berlin und München erbringt auch Wartungsdienste für Dritte, passt aber nicht jedem Bieter ins Konzept. Lufthansa zum Beispiel betreibt selbst große Werften – unter anderem in Frankfurt und Hamburg. Andere, wie die Berliner Logistik-Firma Zeitfracht, haben hingegen ausdrücklich für die Technik ein Angebot abgegeben. Über die Air-Berlin-Technik (ABT) soll später entschieden werden. „Zuerst müssen die an der ABT interessierten Investoren Klarheit über die Entwicklungen der Airline haben, um sich dann detaillierter mit der ABT beschäftigen und ein passgenaues Angebot abgeben zu können“, teilte Air Berlin nach der Sitzung mit. Deshalb sehe der Zeitplan im Verfahren für die Technik nun vor, dass die Bieter ihre Angebote bis zum 6. Oktober vorlegen müssen. Daran schließe sich die Bewertung der verschiedenen Angebote an „Die Gespräche mit potenziellen Investoren sind auf positive Resonanz gestoßen“, hieß es.

Lufthansa-Konzernchef Carsten Spohr, der sich mit öffentlichen Äußerungen zum Thema bisher zurückgehalten hatte, ließ Branchenexperten am späten Mittwochabend in Frankfurt ein wenig in die Karten gucken. Er verriet zum Beispiel, dass Lufthansa nicht für die Langstrecken geboten hat. Lufthansa galt bereits mit Stellen des Insolvenzantrages am 15. August als großer Favorit, weil es ein deutsches Unternehmen ist, weil es finanziell schlagkräftig ist und sowohl Fürsprecher in der Bundesregierung wie auch bei den Gewerkschaften hat.

Die Vereinte Dienstleistungsgewerkschaft (Verdi) teilte Donnerstag mit, sie bewerte das von Lufthansa vorgestellte Angebot, bis zu 3000 Beschäftigte von Air Berlin übernehmen zu wollen, als „durchaus positiv“, man bedauere hingegen, dass die Lufthansa kein Interesse an der Langstrecke von Air Berlin hat, da die sehr gut qualifizierten Beschäftigten auch hier ein gutes Potenzial für den Luftverkehrsmarkt geboten hätten.

Scheitern der Teil-Übernahme wäre blamabel

Es wäre eine Blamage, sollte der deutsche Marktführer sein Ziel einer Teil-Übernahme tatsächlich noch verfehlen. Entsprechend intensiv arbeitet der Konzern seit Wochen an dem Projekt. In der Frankfurter Zentrale sollen rund 100 Mitarbeiter mit der Integration von Air Berlin beschäftigt sein. Doch auch für den nun sehr unwahrscheinlichen Fall eines Scheiterns beugte der Konzernchef vor: Lufthansa sei bei seinen Wachstumsplänen nicht auf einen Zuschlag angewiesen. „Wir können um 20 bis 40 Maschinen bei Eurowings auch aus eigener Kraft wachsen. So stark ist Eurowings nicht von der Air-Berlin-Entscheidung abhängig. Wir werden den Raum im Markt in jedem Fall nutzen.“

Die irische Gesellschaft Ryanair hatte mehrfach Kartellbeschwerden angekündigt, sollte Lufthansa einen maßgeblichen Teil der insgesamt 144 Flieger samt Crews und Landerechten zugeschlagen bekommen. Spohr zeigte sich erwartungsgemäß überzeugt, dass die Ämter keine Bedenken haben würden. Mit den dann maximal knapp 80 Air-Berlin-Jets sei Eurowings dann aber an der Grenze des Machbaren. „Viel mehr ist kartellrechtlich nicht drin“, räumte er ein.

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