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Die umstrittene Elbvertiefung steht vom 15. Juli an beim Bundesverwaltungsgericht in Leipzig auf dem Prüfstand.

© dpa

Klage von BUND und Nabu: Die Elbe vor Gericht

Das Leipziger Bundesverwaltungsgericht verhandelt ab Dienstag über die Elbvertiefungen. Es geht um einen Unterschied von einem Meter. Hamburg und der Bund wollen den Fluss ausbaggern, damit größere Containerschiffe die Elbe befahren können. Die Umweltverbände BUND und Nabu möchten das verhindern.

Die Zahl der Containerschiffe auf den Weltmeeren nimmt zu – und sie werden immer größer. Zwar haben sich Terminalbetreiber in Deutschlands größtem Hafen inzwischen darauf eingestellt. Doch ohne mehr Wasser unter dem Kiel könnte es für die Großschiffe auf der Elbe eng werden. Hamburg setzt deshalb gemeinsam mit dem Bund auf Ausbau und Vertiefung der Elbe. Zwei Drittel der Kosten soll der Bund tragen, ein Drittel der Stadtstaat. Die Umweltverbände BUND und Nabu sowie der WWF Deutschland haben dagegen Klage eingereicht.

Die Umweltschützer befürchten, dass sich durch das Ausbaggern Ebbe und Flut verändern und Brut- und Nistplätze überflutet werden. Das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig verhandelt ab Dienstag über die Einsprüche und damit über eines der größten Infrastrukturprojekte Deutschlands. Sechs Verhandlungstage sind zunächst angesetzt.

Der Fluss soll jederzeit befahrbar sein

Im Detail geht es bei der Elbvertiefung darum, den Fluss zu jeder Tageszeit befahrbar zu machen. Schiffe mit einem Tiefgang von 13,50 Metern sollen unabhängig von Ebbe und Flut den Hafen der Hansestadt erreichen können – auf der Flutwelle des Tidehochwassers auch mit einem Tiefgang von 14,50 Metern. Etwa 40 Prozent der Elbe sind schon hinreichend tief, dort muss nicht gebaggert werden. Zudem gilt bei großen Containerschiffen zurzeit Einbahnstraßenverkehr. Künftig sollen sie sich aber zwischen Glückstadt und dem Hamburger Hafen begegnen können. Bei Wedel ist zudem eine gut sieben Kilometer lange und 385 Meter breite „Begegnungsbox“ vorgesehen. Das Ausbauprojekt umfasst eine Gesamtstrecke von 136 Kilometern, die sich über die Bundesländer Hamburg, Niedersachsen und Schleswig-Holstein erstreckt.

„Der Hamburger Hafen verzeichnet Wachstumsquoten, die kein anderer Hafen in Europa vorweisen kann“, sagt Susanne Meinecke, Sprecherin des Wirtschaftssenators Frank Horch (parteilos), auf Anfrage. Mit 139 Millionen Tonnen Gesamtumschlag und 9,3 Millionen 20-Fuß-Containern war der Hamburger Hafen 2013 mit Abstand die größte maritime Güterdrehscheibe Deutschlands.

Hamburg rechnet mit Kosten für den Stadtstaat von 267 Millionen Euro

Vor diesem Hintergrund ist die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts auch von nationalem Interesse. Hamburg würde Schaden nehmen, wenn die Elbvertiefung nicht erreicht würde, meint Uwe Beckmeyer, Maritimer Koordinator der Bundesregierung. „Im Falle der Elbvertiefung hoffen wir, dass uns die Gerichte beim Ausbau unterstützen“, sagt der Parlamentarische Staatssekretär beim Bundesminister für Wirtschaft und Energie. Wenn die Elbvertiefung in diesem Jahr beginne, könnten Mittel des Bundesverkehrsministeriums umgewidmet werden. „Das Bundesverkehrsministerium hat für die Bundeswasserstraßen 2013 Haushaltsmittel von 300 Millionen Euro nicht ausgegeben, die gegebenenfalls umgewidmet werden könnten.“

Hamburgs Wirtschafts- und Verkehrsbehörde geht von Kosten in Höhe von 267 Millionen Euro allein für den Stadtstaat aus, inklusive Ausgleichsmaßnahme für den Eingriff in das Ökosystem Elbe. Nach einer vom WWF beim Institut für ökologische Wirtschaftsforschung in Auftrag gegebenen Studie würde die geplante Elbvertiefung den Bund und Hamburg jetzt insgesamt 591 Millionen Euro kosten. Das voraussichtliche Baggervolumen liegt bei mehr als 42 Millionen Kubikmetern.

Ein Meter tiefer reicht nicht aus

Sinn und Zweck der „Fahrrinnenanpassung“, wie Hamburg das Großprojekt nennt, kommen im Laufe des Verfahrens nicht erneut auf den Prüfstand. Hinter vorgehaltener Hand ist zu hören, dass die vorgesehene Vertiefung und Verbreiterung von Unter- und Außenelbe bereits schon wieder von gestern ist: Die Umsetzung der 2002 begonnenen Planungen reicht gar nicht aus, um voll beladene Großschiffe tideunabhängig über Unter- und Außenelbe zu bewegen. Das heißt: Der geplante eine Meter mehr für zusätzlichen Tiefgang ist für Mega-Carrier keine wirkliche Lösung. Sie können den Hamburger Hafen auch nach der Elbvertiefung nur eingeschränkt erreichen.

Dies wird von Hapag Lloyd indirekt bestätigt. „Für unsere derzeit größten Schiffe in der Flotte mit einer Kapazität von 13200 Standardcontainern würde diese Fahrrinnenanpassung ausreichen, um ohne größere Einschränkungen den Hafen zu erreichen“, sagt ein Sprecher auf Anfrage. Voll beladene Mega Carrier mit einer Kapazität von 18 000 Containern kämen also nicht durch.

Hamburgs Hafen ist auch ohne Elbvertiefung konkurrenzfähig, sagen Kritiker

Hamburgs Erster Bürgermeister Olaf Scholz (SPD) befürchtet, dass sein Hafen von Rotterdam abgehängt wird, wenn es nicht zur Elbvertiefung kommt. Hamburg könnte von den 330 Meter langen und bis zu 45 Meter breiten Großschiffen nicht mehr angelaufen werden; deren Ladung könnte künftig ab Rotterdam mit der Bahn die Zielorte erreichen. Hamburg ist derzeit nach Rotterdam und vor Antwerpen der zweitgrößte Hafen Europas.

Malte Siegert vom NABU argumentiert, den Wassertiefen in Rotterdam könne man auf der Elbe ohnehin nicht hinterherbaggern. Und Hamburg bleibe auch ohne Elbvertiefung konkurrenzfähig – wegen der vorzüglichen Hinterlandanbindung durch die Bahn. Hier aber hakt es aktuell, weil die Be- und Entladung der Schiffe respektive der Züge mangels Personal zeitweise nicht funktioniert. Die Abfertigung der Container- Lkws an den Terminals läuft schlecht. Am Freitag traf sich Bahn-Chef Rüdiger Grube in Hamburg deshalb mit Wirtschaftssenator Horch zum Krisengespräch.

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