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Man muss keinen reichen Ehepartner suchen – wie hier Marilyn Monroe in "How to marry a millionaire", um an Geld zu gelangen.

© Imago/Entertainment Pictures

Tipps für die Gehaltsverhandlung: Die Kunst des Taktierens

Wer mehr Lohn haben möchte, muss Empathie zeigen - und vor dem Gespräch auch mal in sich gehen. Das ist nicht immer einfach.

Von Aleksandra Lebedowicz

Wenn es darum geht, offen über das Gehalt zu sprechen, werden manche erst einmal verlegen. In vielen Firmen ist es sogar verpönt, sich über das Einkommen auszutauschen. Möchte ein Kollege am Ende des Monats trotzdem die Lohnzettel vergleichen, erntet er oft vorwurfsvolle Blicke. Die Heimlichtuerei ist albern - und macht vor allem Neulingen im Beruf zu schaffen. Wie sollen sie bei so viel Verkrampftheit ihr erstes Gehalt verhandeln? Und wie viel ist ihre Arbeitskraft eigentlich wert?

Gehaltsspiegel geben gute Orientierung

Um das herauszufinden, gehen Bewerber am besten grundsätzlich an die Sache ran. „Der erste Schritt ist: Informationen sammeln“, sagt Karrierecoach Martina Bandoly. Einerseits zum Unternehmen, andererseits zu der aktuellen Marktsituation. Denn die Lohnhöhe hänge stark von der Branche und der Region ab. Ausschlaggebend sind außerdem die Unternehmensgröße, gewünschte Position und Qualifikationen, die man mitbringt. „Eine verlässliche Quelle sind die einschlägigen Fachmagazine oder Wirtschaftsseiten von Tageszeitungen“, sagt Bandoly.

Auch ein Blick in die sozialen Berufsnetzwerke Xing und Linkedin lohnt sich. Stehen die Eckpunkte, geben die jährlich veröffentlichten Gehaltsspiegel eine erste Orientierung. „Mittlerweile gibt es viele Gehaltsreports, die einen guten Überblick über die Einstiegs- und Durchschnittgehälter bieten“, sagt Bandoly. Etwa die von der Jobbörse Stepstone oder der Lohnspiegel vom Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Institut der Hans-Böckler-Stiftung.

Man sollte nicht zu früh aus der Deckung gehen

„Dann ist es wichtig, sich selbst über einiges klar zu werden“, sagt Thomas Bachmann, Lehrtrainer bei Artop, einem Institut an der Humboldt Universität in Berlin: Wo will ich hin? Was möchte ich erreichen? Wie viel bin ich mir wert? Die eigenen Wünsche und Ziele zu reflektieren, ist nicht immer einfach. Ein Gespräch mit Freunden oder ein professionelles Coaching können helfen.

„Am besten spricht man mit unabhängigen Partnern, die keine eigenen Aktien im Spiel haben. Eltern und Familie sprechen oft aus einer anderen Perspektive.“ An jedem Verhandlungstisch ist die Kunst des Taktierens gefragt. „Man arbeitet mit Spielräumen – einem offenen und einem verdeckten“, sagt Bachmann und rät, nicht zu früh aus der Deckung zu gehen. Man pokere und schaue, wie nah man an das Wunschgehalt herankomme.

Aber Vorsicht: 37 Prozent aller Absolventen setzten ihre Forderungen zu hoch an, so die Recruiting-Studie (2016) der Jobbörse Jobware und der Uni Koblenz. „Hier ist ein realistischer Abgleich notwendig“, sagt Martina Bandoly. Wer zu viel verlangt, verspielt womöglich seine Einstellungschancen. Müssten sich Chefs nicht über Bewerber freuen, die besonders bescheidene Gehaltswünsche äußern? Ein Irrtum. „Wer zu niedrig ansetzt, kommt unprofessionell rüber und verunsichert damit sein Gegenüber“, warnt Bandoly. Schließlich wolle jeder Recruiter eins unbedingt vermeiden: eine Fehlbesetzung. Die kommt Firmen teuer zu stehen.

"Als Bewerber ist man kein Bittsteller"

Unternehmer bemängeln, dass Bewerber oft unvorbereitet zum Gespräch kommen. Wer sich informiert, liegt bei der Gehaltsverhandlung im Vorteil. Dabei gilt: „Niemals aus der Ich-Perspektive argumentieren“, rät Bandoly. Vielmehr müsse man sich in den Chef hineinversetzen. „Jedes Einstellungsgespräch hat zwei Phasen“, sagt Thomas Bachmann. Die Bewerbungs- und die Verhandlungssituation. In der ersten Phase werde der Boden für die Verhandlung vorbereitet. „Wer einen guten Eindruck macht, kann unter Umständen bessere Konditionen verhandeln.“

„Als Bewerber ist man kein Bittsteller“, fügt Bandoly hinzu und rät, auf Augenhöhe zu argumentieren. „Der eine hat, was der andere braucht. Es geht um Angebot und Nachfrage.“ Auch sollten Bewerber sparsam mit Konjunktivsätzen umgehen: also kein „könnte“ und „würde“. Besonders Frauen falle es schwer, offensiv aufzutreten. Sie müssten sich vor der Verhandlung intensiver mit ihren Stärken befassen, um sich dann besser zu präsentieren.

Großmäuler haben schlechte Karten

Allerdings ist richtiges Maß geboten: Auch wenn die Vielzahl der Trainingsseminare zum Image-Management und zur Selbstinszenierung eine andere Sprache sprechen, sollte man nicht übertreiben. Zehn Prozent Leistung, 90 Prozent Selbst-PR? Diese Methode kann schnell nach hinten losgehen. „Großmäuler kommen selten gut an“, sagt Martina Bandoly. Man müsse authentisch bleiben.

Einstiegsgehälter sind nicht das Ende der Fahnenstange. Auch daran sollten Berufsanfänger denken. Und sich ruhig erkundigen, wann Nachverhandlungen in dem Unternehmen üblich sind. Eine sinnvolle Aufgabe, besondere Unternehmenskultur, gute Entwicklungschancen: Arbeit habe nicht nur einen Geldwert, sagt Thomas Bachmann. Die Glücksforschung zeige eindeutig: „Ab einem gewissen Lohnniveau spielt das Geld keine Rolle mehr.“ Eine befreiende Erkenntnis.

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