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Weil er die Schutzfolie entfernt hatte, verweigerte ein Online-Shop dem Kunden den Widerruf.

© dpa

Ist probeschlafen okay?: Matratze wird vor dem EuGH ausgerollt

Ein Mann wollte seine online gekaufte Matratze zurückgeben. Der Anbieter lehnte aus Gründen der Hygiene ab. Auch die Richter des Bundesgerichtshofs sind wohl mit dem Fall überfordert.

Von Maris Hubschmid

14 Tage Widerrufsrecht – daran sind Onlinekäufer in Deutschland längst gewöhnt. Bestellen, ansehen, verwerfen und zurückschicken, das ist ein gängiges Prozedere im Internethandel. Schließlich hat der Kunde ein Recht darauf, die Ware, für die er sich interessiert, sorgfältig zu begutachten. Der Bundesgerichtshof (BGH) sollte nun entscheiden, ob auch Matratzen retourniert werden dürfen. Ein Anbieter hatte sich geweigert, die Unterlage zurückzunehmen, nachdem der Kunde eine Folie entfernt hatte.

Sein Argument: Bei der Matratze handele es sich um ein Hygieneprodukt. Für den Kauf versiegelter Waren, die aus Hygienegründen nicht zur Rückgabe geeignet sind, schließt das Gesetz ein Widerrufsrecht aus, sofern die Versiegelung nach der Lieferung entfernt wurde.

Ikea nimmt Matratzen noch nach sechs Wochen zurück

Der Kläger hatte eine im Internet gekaufte Matratze nach ein paar Tagen zurückgeben wollen. Viele Matratzenhändler werben sogar damit, dass Kunden die Produkte ausgiebig testen können. „Dein Körper braucht vier bis sechs Wochen, um sich an die neue Matratze zu gewöhnen. Du kannst sie gerne wieder zurückbringen, wenn du nicht tief und fest darauf schläfst“, heißt es zum Beispiel beim schwedischen Möbelkonzern Ikea. Aber hat der Verbraucher einen Anspruch darauf? Oder ist eine Matratze gleichzustellen mit einer Zahnbürste oder Unterhose? Die Richter in Karlsruhe fanden darauf zunächst keine Antwort – und deuteten am Mittwoch an, dass sie den Fall womöglich an den Europäischen Gerichtshof (EuGH) weiterreichen müssen.

Sollte die Matratze als Hygieneartikel eingeordnet werden, schließen sich weitere Fragen an. Wie weit soll der Ausschluss des Widerrufsrechts aus Hygienegründen gehen? Wie definiert man Versiegelung? Ist es mit einer Schutzfolie getan? Die bestehende Regelung basiert auf der EU-Richtlinie zu Verbraucherrechten. Für deren Auslegung hat die EU-Kommission einen unverbindlichen Leitfaden herausgegeben, der aber einigen Interpretationsspielraum lässt.

Saubermachen und weiterverkaufen

Das Landgericht Mainz war auf Seite des Kunden gewesen. Entscheidend sei, ob eine Wiederveräußerung der Ware nach dem Umtausch noch möglich sei, hatten die Richter erklärt. Sie fanden, dies sei gegeben: schließlich könne eine Matratze gereinigt werden. Das gilt freilich auch für Unterhosen.

Die BGH-Richter hielten beide Ansichten für plausibel. Der EuGH werde dann hoffentlich auch andere Fälle in dem Bereich lösen, sagte die Vorsitzende Richterin am Mittwoch bei der Verhandlung. Eine Entscheidung soll am 8. November verkündet werden.

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