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Immobilien: Temporärer Park

VON HARTMUT SOLMSDORF Der Schloßplatz heißt so, weil das Schloß dort seinen Platz hat!" Derlei Sprachblumiges war von einembekannten Schriftsteller zu vernehmen, der an der abschließenden Diskussionsrunde der Tagesspiegel-Aktion zumBerliner Schloßplatz am 9.

VON HARTMUT SOLMSDORF Der Schloßplatz heißt so, weil das Schloß dort seinen Platz hat!" Derlei Sprachblumiges war von einembekannten Schriftsteller zu vernehmen, der an der abschließenden Diskussionsrunde der Tagesspiegel-Aktion zumBerliner Schloßplatz am 9.1.ds.Js.im Kunstforum der Grundkreditbank teilnahm.Die Architekten hatten sich bei dieser Aktion viel Mühe gegeben, diese offene Wunde im Stadtbild zu heilen.Imgroßen Rund des Kunstforums konnten die Visionen und Entwürfe miteinander verglichen und "begriffen" werden.Die Diskussion darüber, was mit dem Herzen der Bundeshauptstadt passieren soll, hat sechs Jahre nach der Wendegerade erst richtig eingesetzt; das Ergebnis wird wohl noch eine Weile auf sich warten lassen.Allzulange hat dieZunft der Landschaftsarchitekten gezögert, sich in diese Diskussion einzumischen.Das jetzige trostlose Bild desPlatzes schreit geradezu nach einer - schnellen - Zwischenlösung.Bis zu einer Wiederbebauung könnte diese etwa drei Hektar große Fläche vor dem Palast der Republik inmittender hochverdichteten Innenstadt - mit einem Versiegelungsgrad von 70 %; (Tendenz durch neue Bundesbauten und"Wohntürme" zunehmend) und einer nachgewiesenen erschreckend hohen Unterversorgung an wohnungs-nahenGrünflächen und daraus resultierendem "Wüstenklima" (mit einer Jahresdurchschnittstemperatur von10,5 ° C gehört Berlin zu den wärmsten Gegenden Deutschlands), könnte also auf dieser "Frei"- Fläche z.B.einezeitweilige Grünanlage, ein "temporärer Park" oder Garten am grünen Strand der Spree hergerichtet werden, als"Stadt-Oase" zum Beispiel:Eine provisorische Grünanlage, die jederzeit zugunsten eines neuen Gebäudes verändert oder sogar zurückgebautwerden kann; möglichst nicht als baumlose und möblierungsfreie "Schale", gewiß nicht in der Art der Potsdamer"Schloß-Pappeln", auch nicht als "Klein-Arkadien" mit laubbedeckten Hügeln und kleinen Tempelchen obenauf,nicht mit Lennéschen "Brezelwegen", keine Kopie der Natur aber auch kein "Cyber-Space".Was dann?Auf alle Fälle eine grüne Freifläche, als Forum und Werkstatt für zeitgenössische Gartenkunst in Mitteleuropa,offen für Fachleute, aber auch für Leute außerhalb der Zunft, wie Künstler, Wissenschaftler und Studenten undobendrein ein Touristenmagnet in der sonst eher ruhigen Sommersaison, mitten in einer ohnehin vorhandenenhervorragenden Infrastruktur.Immer noch zehren Volksparks und Grünanlagen vom Bildreservoir der englischen Gartenlandschaft, längst ist siezum Abbild der Natur schlechthin geworden.Seit 150 Jahren gibt es in der Gartenkunst keine vergleichbareStilentwicklung wie in der Baukunst.in dieser "Werkstatt für zeitgenössische Gartenkunst" könnte sich dernächste Stil entwickeln, vielleicht ein "kosmopolitischer Stil", unserem Kommunikationszeitalter entsprechend,losgelöst von formalen Traditionen, ohne Bindung an Land und Ort; ein Stil der auch die thematischenUnterscheidungen von Gärten, Parks und Landschaften nicht mehr erkennen läßt.Gärten sind nicht nur fürGartenwissenschaftler und Gartenfunktionäre da, Gärten sollen wie früher Spaß bereiten.Wir Berliner sollten uns Zeit lassen mit unserem Schloßplatz; vielleicht fällt der nächsten Generation etwas ein,wofür sich die vorhergehende vergeblich angestrengt hat!Dipl.-Ing.Hartmut Solmsdorf LandschaftsArchitekt BDLA LG Berlin-Brandenburg Referent für Landschafts-Kunst, Berlin

HARTMUT SOLMSDORF

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