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Das neue Quartier zwischen Hallesche Straße, Möckern- und Stresemannstraße entsteht in bester Lage in Kreuzberg.

© Visualisierung: Kondor Wessels

Stadtquartier Hallesche Straße: Fast wie in Manhattan

Am Anhalter Bahnhof entsteht ein neues Stadtquartier – wer hier wohnt, braucht Geld.

Ist die Eiche geschrumpft? Nein, unmöglich. Sie steht noch aufrecht wie eh und je, ist mindestens 40 Jahre alt. Stets dominierte sie die bei Parkplatzsuchenden begehrte Brache zwischen Möckern-, Stresemannstraße und Hallescher Straße in Kreuzberg, in unmittelbarer Nachbarschaft von Anhalter Bahnhof und Tempodrom. Heute erscheint der stattliche Baum allerdings richtig mickrig. Denn um ihn herum ist mächtig gebaut worden. Das „Stadtquartier Hallesche Straße“ wächst bis zu sieben Geschosse hoch aus dem Boden – und ist noch längst nicht fertig. Verschiedene Unternehmen sind dabei, nahezu 200 Millionen Euro zu verbauen: In dem Komplex entstehen sowohl 332 Miet- und Eigentumswohnungen als auch Büro- und Ladenflächen sowie eine Kindertagesstätte. Bis Ende kommenden Jahres sollen alle eingezogen sein.

„Au weia“. Der Mittvierziger, der sich im Infobüro an der Halleschen Straße neben dem Hotel „Crowne Plaza“ nach einer Wohnung erkundigt hat, ist baff. Nicht nur, weil fast alle Einheiten bereits vermietet, verkauft oder reserviert sind. „Das ist ja hier fast wie in Manhattan“, sagt er und bezieht sich dabei keineswegs auf die Preise. Die sind zwar hoch, doch im Vergleich zur Metropole am Hudson noch durchaus gemäßigt.

Was den Immobilieninteressenten fassungslos macht: die geringen Abstände zwischen den verschiedenen Gebäuden. „Wer hier in einer der unteren Etagen wohnt, lebt ja wie ein Molch.“ Nun, ganz so schlimm ist es nicht, etwas Licht wird schon noch einfallen. Doch auch dieses Quartier zeigt anschaulich, wie in Berlin, aber auch in anderen Städten, durch „Verdichtung“ der Baumasse ein Maximum an vermarktbarer Fläche herausgeholt wird. Zusätzlicher Beleg für hochprofitablen Wohnungsbau: überwiegend kleine Einheiten. Auf 15 400 Quadratmetern Grund entstehen 55 500 Quadratmeter oberirdische Geschossfläche.

An der Halleschen Straße sind die Fassaden der Bauten bereits nahezu fertig

Mit dabei im westlichen Kreuzberg ist neben der federführenden Kondor Wessels Wohnen Berlin GmbH auch die Reggeborgh Investment & Management GmbH. An der nördlichen Spitze (Stresemann-/Ecke Möckernstraße) des nahezu dreieckigen Quartiers wird ein neues Bürogebäude stehen. Von den sieben Geschossen ist jedoch bisher nichts zu sehen. Wegen der Baustellenlogistik wird dieser Teil vermutlich als letzter hochgezogen. Die Wohnprojekte „Yours“ (161 Eigentumswohnungen), „Truly“ (46 für Mieter) und „Metronom“ (74 im Eigentum) stehen hingegen bereits im Rohbau.

Trotz der dichten Bebauung soll für die Mieter und Angestellten des Quartiers eine angenehme Umgebung entstehen.
Trotz der dichten Bebauung soll für die Mieter und Angestellten des Quartiers eine angenehme Umgebung entstehen.

© Visualisierung: Kondor Wessels

Auch der Neubau des Deutschen Bundeswehr Verbandes an der Stresemannstraße – direkt neben dem „Holiday Inn Express“ – konnte bereits Richtfest feiern. Daneben werden die Fundamente für ein Gebäude der Wohnbau GmbH, Bonn, mit sogenannter Mischnutzung – also Läden, Büros und 97 Mietwohnungen – gerade gesetzt.

An der Halleschen Straße sind die Fassaden der Bauten bereits nahezu fertig. „Zumindest nicht völlig einfallslos, wie so oft bei Neubauten“, stellt Walter Hagemann fest, der seit 40 Jahren im Kiez nördlich der Stresemannstraße wohnt und gerade seinen Hund spazieren führt. „Aba so kleene Balkongs, det wär nüscht für mich.“ Ja, es fällt auf, dass die Balkone und Terrassen eher bescheiden geraten sind. Es entstehen überwiegend Zwei-Zimmer-Wohnungen in überschaubaren Größen von durchschnittlich 65 Quadratmetern. Ein Hinweis auf die künftigen Bewohner? Berufstätige, die mehr Zeit an ihrem Arbeitsplatz oder In-Locations verbringen als zu Hause? Möglich. Bei Quadratmeterpreisen zwischen knapp 4000 und mehr als 6000 Euro beim Kauf sowie Mieten bis zu knapp 20 Euro pro Quadratmeter sind überdurchschnittliche Einkommen oder Vermögen bei Bewohnern nicht nur Voraussetzung, sondern offensichtlich auch vorhanden. Dafür gibt es allerdings auch eine energiesparende Bauweise, die heutzutage üblich ist. Zudem werden in Prospekten hochwertige Materialien bei Fußböden und in Bädern versprochen.

Inmitten des Ensembles wird es eine Kita geben

Bei den Projekten „Metronom“ und „Yours“ zum Beispiel beträgt der Anteil an Zweizimmerwohnungen etwas mehr als die Hälfte. 45 Prozent sind Zweieinhalb- bis Vierzimmer-Wohnungen, bestätigt Anja Blaschke, Pressesprecherin der Kondor Wessels Holding GmbH. „Zielgruppe sind sowohl Alleinstehende, Pendler als auch Familien.“ Der Anteil der Familienwohnungen liege allerdings nur bei etwa 30 Prozent, sagt sie. Es könne schließlich davon ausgegangen werden, dass „inmitten der City die Wohnungen überwiegend von Alleinstehenden oder Paaren ohne Kinder genutzt werden“. Diese Vermutung bestätigen die Nachfragen.

Im Bereich der 97 Mietwohnungen an der Stresemannstraße, verteilt auf fünf Häuser, liegt der Anteil der Zweizimmerwohnungen bereits bei 70 Prozent. Diese Wohnungen im Eigentum der Wohnbau GmbH werden von Kondor Wessels schlüsselfertig übergeben. Das Unternehmen bewirtschaftet im gesamten Bundesgebiet rund 18 000 eigene Mietwohnungen sowie mehr als 4000 Eigentumswohnungen für Dritte.

In das neue Quartier werden also weniger Familien mit Kindern einziehen. Umso verwunderlicher, dass inmitten des Ensembles eine Tagesstätte für etwa 70 Kinder schon recht fertig aussieht. „Der Bau der Kita ist im städtebaulichen Vertrag vereinbart worden und macht absolut Sinn, da wir viel Wohnraum schaffen, und auch seitens der Büronutzer gibt es schon jetzt Nachfrage", klärt Anja Blaschke auf.

Der Bau einer Kita war also entsprechend dem „Berliner Modell“ eine Voraussetzung für die Genehmigung des Gesamtprojekts. Die Kombination aus Arbeiten, Wohnen und Kinderbetreuung sei „wesentlicher Ansatz dieser Quartiersentwicklung und absolut gewollt“, schließlich wolle man ein „belebtes Stadtquartier haben statt einer Schlafstadt“, sagt die Sprecherin.

Etwas aus dem Rahmen fällt der Bau Stresemannstraße 57

Als Betreiber der Einrichtung ist der „Humanistische Verband“ vorgesehen – ein Verein, der sich unter anderem als Interessenvertretung konfessionsloser Menschen versteht. Trotz der dichten Bebauung gibt sich der Projektentwickler Mühe – zumindest laut Plan – durch viel Grün eine gute Atmosphäre für Bewohner und Angestellte der Büros im Inneren des Quartiers zu schaffen. Die Pflanzenliste ist in der Tat stattlich: Kleinbäume und Großsträucher sind ebenso vorgesehen wie Hunderte von Kletterpflanzen, zudem Hecken und Rasen. In Summe entstehen drei Gemeinschaftsgärten. Rund um die Kita sieht es heute noch wüst aus, doch laut Plan wird sie in Zukunft von Spielmöglichkeiten für die Kinder umschlossen sein.

Dass sich noch weitere kleinere Freiflächen ergeben, liegt vermutlich weniger an der Großzügigkeit der Bauherren als vielmehr an den vorgeschriebenen Feuerwehrzufahrten innerhalb des Komplexes. Die Brandbekämpfer werden mit Falschparkern übrigens keinen Ärger haben: Das Innere des Quartiers ist autofrei, alle Zufahrten zu den Tiefgaragen sind am Blockrand untergebracht.

Etwas aus dem Rahmen fällt der Bau Stresemannstraße 57. Hier hat Kondor Wessels den neuen Hauptsitz für den Deutschen Bundeswehr Verband e.V. entwickelt und im Rohbau bereits fertiggestellt. Auf einer Bruttogeschossfläche von rund 5200 Quadratmetern auf sieben Etagen entstehen Konferenzräume und Arbeitsplätze für mehr als 140 Büroangestellte. Der Verband – Gewerkschaft/Lobbygruppe für 200 000 Soldaten und Zivilangestellte – hat das Projekt bereits 2015 erworben. Im kommenden Jahr soll es fertiggestellt sein. Rund 20 Millionen Euro Baukosten werden dafür wohl anfallen. „Zum großen Teil mit Eigenkapital“, wie ein Sprecher sagt.

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