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Snezana Michaelis und Markus Terboven (Mitte) legen den Grundstein an der Gubitzstraße im Prenzlauer Berg.

© Promo/Tina Merkau

Ehrgeiziges Programm: Mit 1a Rating im Rücken lässt es die Gewobag krachen

Landeseigene Gesellschaft will für 2,5 Milliarden Euro 14 000 neue Wohnungen bauen oder kaufen. Die Miete soll zwischen 6,50 und zehn Euro pro Quadratmeter liegen

Die Gewobag hat große Pläne: 2,5 Milliarden Euro will die landeseigene Wohnungsgesellschaft in den kommenden zehn Jahren in Bau und Kauf von Wohnungen investieren und so ihren Bestand von heute 58 0000 auf gut 72 000 Wohnungen erhöhen. Vorgesehen ist, 10 000 Wohnungen neu zu bauen und 4000 bestehende Wohnungen zu kaufen.

Wie ehrgeizig das Programm ist, zeigt der Vergleich mit dem noch vor Kurzem geltenden Planungsstand. Vor zwei Jahren, rekapituliert Gewobag-Vorstand Markus Terboven, sollten die damals 50 000 unternehmenseigenen Wohnungen auf 63 000 Wohnungen erhöht werden. Doch weil Stadtentwicklungssenator Geisel das Ziel ausgab, den Gesamtbestand städtischer Wohnungen von 300 000 auf 400 000 zu erweitern, müssen die sechs landeseigenen Wohnungsbaugesellschaften ihre Neubaupläne intensivieren.

Den Anfang hat die Gewobag bereits gemacht: Im Herbst werden die Mieter die 98 Wohnungen eines Neubaus in der Kiefholzstraße in Alt-Treptow beziehen. Diese Woche feierten die Verantwortlichen den ersten Spatenstich für einen Neubau mit 51 Wohnungen in der Gubitzstraße 50 in Prenzlauer Berg. Sieben weitere Projekte in Prenzlauer Berg folgen in diesem und im kommenden Jahr. Dabei handelt es sich um kleinere Neubauten, die meist in Baulücken entstehen.

Noch ist genug Platz für Neubauten

Allein mit solch bescheidenen Vorhaben wird sich das angestrebte Neubauvolumen von 10 000 Wohnungen aber nicht realisieren lassen. Nach Angaben von Gewobag-Vorstand Snezana Michaelis ist auf unternehmenseigenen Grundstücken Platz für rund 1000 Neubauwohnungen. 3000 weitere Wohnungen sollen auf Arealen errichtet werden, die der Gesellschaft vom Land Berlin übertragen werden – etwa in der Wasserstadt Spandau.

Darüber hinaus würden auch Projektentwicklungen angekauft, sagt Terboven. Das bedeutet, dass private Projektentwickler Neubauten planen und realisieren und sie dann an die Gewobag verkaufen. „Dabei sollte der Kaufpreis in der Regel 2500 Euro pro Quadratmeter nicht überschreiten“, sagt Terboven.

Die angestrebte Miete im frei finanzierten Neubau beziffert er auf rund zehn Euro pro Quadratmeter. Allerdings nutzt die Gewobag auch das Förderprogramm des Landes Berlin, das Einstiegsmieten von 6,50 Euro pro Quadratmeter vorschreibt. Bei den acht Projekten in Prenzlauer Berg wird jede fünfte Wohnung zu diesem Betrag vermietet. Auf der anderen Seite können für eine attraktive Wohnung mit Dachterrasse auch mal zwölf Euro fällig werden.

Doch ist überhaupt Platz für so viele Neubauten? Aber sicher, antwortet Snezana Michaelis, die seit zehn Monaten an der Spitze der Gewobag steht: „Auch wenn die Sicht der Berliner eine andere ist, so kann man doch nicht von einer Verknappung der bebaubaren Flächen reden. Berlin hat von allen europäischen Hauptstädten die größten Flächenreserven.

"In Berlin gibt es durchaus ein Angebot an Wohnungen"

Gut vergleichen kann Michaelis die Situation mit der in München, wo sie bis 2014 als Bereichsleiterin Technik bei der GBW-Gruppe tätig war. Vor diesem Hintergrund erscheint ihr der Berliner Wohnungsmarkt nicht ganz so angespannt, wie er oft dargestellt wird: „In Berlin gibt es durchaus ein Angebot an Wohnungen, während dieses Angebot in München praktisch nicht existent ist“, erläutert sie.

Bei Neubauwohnungen, sagt Michaelis weiter, müssten sich langfristig tätige Wohnungsunternehmen stets fragen, „ob sie auf sich künftig ändernde Anforderungen reagieren können“. Voraussetzungen dafür seien beispielsweise multifunktionale Grundrisse und die Möglichkeit, im vorhandenen Tragwerk andere Nutzungen unterzubringen.

Kritisch äußert sich Michaelis zur Forderung, die Baukosten mit allen denkbaren Mitteln zu senken. „Als stadtbildprägendes Unternehmen tragen wir eine Verantwortung für die Gestaltung der Stadt“, argumentiert sie. „Gute Architektur kostet nicht mehr als schlechte Architektur.“ Mit dem Thema des günstigen Bauens werde „viel Schindluder“ getrieben, ergänzt Markus Terboven: „Kostengünstiges Bauen meint häufig billiges Bauen. Das ist am Ende des Tages eine Mär. Denn je billiger man baut, desto teurer ist später die Instandhaltung.“

Anteil der Wohnungen für Menschen mit Wohnberechtigungsschein fast verdoppelt

Nur: Ist die Gewobag überhaupt in der Lage, das teure Neubau- und Ankaufsprogramm finanziell zu stemmen? Ja, antworten Michaelis und Terboven und verweisen stolz auf das Rating durch zwei Agenturen, dem sich die Gewobag als erstes kommunales Wohnungsunternehmen Deutschlands unterzogen hat: A1 lautet das Ergebnis bei Moody’s. Das ist besser als das Rating der börsennotierten Wohnungskonzerne Deutsche Annington und Deutsche Wohnen.

Die Nettokaltmiete bei der Gewobag beträgt nach Angaben von Michaelis und Terboven im Schnitt 5,61 Euro pro Quadratmeter und damit 0,23 Euro weniger als der Mittelwert des Mietspiegels. Zudem sei der Anteil der Wohnungen für Menschen mit Wohnberechtigungsschein (WBS) durch das mit dem Senat geschlossene Bündnis für soziale Wohnungspolitik und bezahlbare Mieten stark erhöht worden: Weil die kommunalen Gesellschaften innerhalb des S-Bahn-Rings 50 Prozent ihrer frei werdenden Wohnungen WBS-Berechtigten anbieten müssen (außerhalb des S-Bahn-Rings 33 Prozent), hat sich die Zahl der Wohnungen für WBS-Berechtigte bei der Gewobag von 13 800 auf 22 300 Wohnungen erhöht.

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