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Grünes Licht. Der Hafen und die Logistik sind wichtige Pfeiler der Hamburger Wirtschaft. Wie konkurrenzfähig die Stadt in diesem Bereich bleiben kann, hängt auch davon ab, wie der Streit um die Elbvertiefung ausgeht.

©  dpa/Daniel Reinhardt

Hamburg vor der Wahl: Wie es der Stadt wirtschaftlich geht

Der Hafen stützt Hamburgs Wirtschaft. Auch der Tourismus wächst in der Stadt an der Elbe. Langfristig soll eine Digitalstrategie das Wachstum stärken.

Mehr Brücken als Venedig und Amsterdam zusammen: Es ist ein Rekord, von dem sich Hamburg nichts kaufen kann. Die Stadt hat wohl auch die größte Modelleisenbahnanlage der Welt – und die meisten Konsulate in Europa. Diese Zahl immerhin lässt sich als Indiz für die Bedeutung dieser Nicht-Hauptstadt verstehen. Weltweit beherbergen angeblich nur New York und Hong Kong mehr ausländische Staatsvertretungen. Amtlich bestätigt ist: In keinem anderen Bundesland ist die Wirtschaftskraft pro Kopf so hoch.

Hamburg ist reich – und doch auch irgendwie nicht. Zuletzt schaffte der Stadtstaat es nur knapp über die Schwelle vom Nehmer- zum Geberland im Länderfinanzausgleich. Daher will die Hamburger SPD, die nach der Wahl zur Bürgerschaft wohl wieder den Senat anführen dürfte, nichts an dem System ändern. Sie hat es geschafft, 2014 ohne neue Schulden auszukommen. In ihrem Wahlprogramm verspricht sie, in den nächsten vier Jahren ohne weitere Neuverschuldung mehr in die öffentliche Infrastruktur zu investieren, denn diese sei Grundlage für eine starke Wirtschaft.

Im Hamburger Hafen kommen so viele Container an wie nie

Die wichtigsten Anker der Wirtschaft sind der Hafen, die Logistik und Industrie, der Handel, die Dienstleistungen und die Medien. Der Hafen hat gerade erst einen Rekord vermeldet: Mit 145,7 Millionen Tonnen wurden 2014 dort so viele Güter umgeschlagen wie nie. 9,7 Millionen Standardcontainer wurden über Hamburg transportiert. Mit Abstand größter Handelspartner des nach Rotterdam und Antwerpen drittgrößten Frachthafens Europas ist China.

Im Hamburger Hafen werden so viele Container verladen wie nie.
Im Hamburger Hafen werden so viele Container verladen wie nie.

© dpa

Eng verbunden mit dem „Tor zur Welt“ ist die Logistik. In diesem Bereich arbeiten derzeit mehr als 400 000 Beschäftigte in rund 12 000 Unternehmen, zu denen Branchen-Riesen wie die HHLA, Hapag-Lloyd und Kühne & Nagel gehören. Mit mehr als 500 Mitgliedsunternehmen ist die Logistikinitiative Hamburg das größte Standortnetzwerk in Europa. Hamburg ist auch Hauptstadt der deutschen Windkraftbranche. Hamburg gilt zudem als wichtiges Zentrum der zivilen Luftfahrtindustrie. Etwa 40 000 Menschen arbeiten in diesem Bereich, darunter allein 14 000 bei Airbus und 8000 bei Lufthansa Technik. Die SPD möchte das Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt in der Stadt und das Hamburg Centre of Aviation Training erweitern.

Auch in der Stadt an der Elbe wächst der Tourismus

Zu einem wichtigen Wirtschaftszweig hat sich zuletzt auch der Tourismus entwickelt. Mit dem Fremdenverkehr erlöst die Stadt derzeit bereits rund 7,5 Milliarden Euro im Jahr, der Sektor sichert 100 000 Arbeitsplätze. Nun will der Senat durch den Bau eines dritten Kreuzfahrtterminals sowie der Sanierung und Modernisierung des maroden Congress Centers (CCH) dem Tourismus weiteren Schwung verleihen.

Doch nicht alles ist gut: In der wachsenden Stadt fehlt, wie in vielen deutschen Metropolen, bezahlbarer Wohnraum. Der Senat hat sich verpflichtet, jedes Jahr 6000 neue Einheiten zu schaffen, davon 2000 Sozialwohnungen. In den vergangenen beiden Jahren wurde dieses Ziel erreicht. Wie ein Damoklesschwert hängt über der „schlafenden Schönen“, wie Alt-Bundeskanzler Helmut Schmidt seine Heimatstadt genannt hat, auch das aufgeschobene Urteil des Bundesverwaltungsgerichts zur Elbvertiefung. Wird sie verhindert, droht der Hafen seine Wettbewerbsfähigkeit zu verlieren. Denn dann werden die größten Pötte um Hamburg einen Bogen machen.

Die SPD will mehr Räume für Handwerksbetriebe und Kreative schaffen

Zu den Maßnahmen, die die SPD für die nächsten vier Jahre plant, um den Wirtschaftsstandort noch attraktiver zu machen, gehören Neuansiedlungen von Industriefirmen in Billbrook, im Osten Hamburgs, die Bereitstellung weiterer Gewerbehöfe für Handwerksbetriebe und günstiger Mieträume für Kreative in Quartieren wie Hammerbrook, Rothenburgsort und Hamm-Süd. Jüngster Spross in der Medien/IT/Internet-Szene ist die Games-Branche, die inzwischen fast 4500 Beschäftigte zählt. Für weiteren Rückenwind soll die Medien- und Digitalstandortinitiative nextMedia.Hamburg sorgen. Ihre Aufgabe: die digitale Transformation der traditionsreichen Hamburger Medienunternehmen unterstützen.

Hamburgs erster Bürgermeister Olaf Scholz (SPD) will die Olympischen Spiele nach Hamburg holen.
Hamburgs erster Bürgermeister Olaf Scholz (SPD) will die Olympischen Spiele nach Hamburg holen.

© dpa

Bei der Digitalisierung soll Hamburg nach dem Willen des Senats Vorreiter werden. Freies Wlan für alle, ein sich selbst regulierendes Verkehrssystem, virtuelle Museen und Online-Hochschulen. Ein weitere Pfeiler dieser Offensive ist der „schlaue“ Hafen mit seinem bereits bestehenden „Port Monitor“, über den alle relevanten Daten wie Schiffspositionen oder Brückenhöhen abgerufen werden können – und zwar auch per App. Integriert werden sollen dabei auch der Straßenverkehr: Lkw-Fahrer erhalten per Smartphone Routen-Empfehlungen und Parkplatzbuchungen. Als IT-Lotsen auf dem Weg zur smarten Stadt haben die Hanseaten Unternehmen wie Cisco, SAP und T-Systems an Bord geholt. Erst am Mittwoch legte Scholz den Grundstein für ein neues Rechenzentrum des Chipherstellers NXP Semiconductors in Hamburg-Lokstedt.

Auch Hamburg kämpft um Olympia

Einen großen Sprung nach vorne erhofft sich die lokale Wirtschaft – der Geschäftsklimaindikator der Handelskammer stieg zuletzt um 3,9 Prozent auf 113,4 – von Olympischen Spielen an der Elbe. Das geplante zentrale Olympiagelände mitten im Hafen würde den seit Jahren von der Stadtentwicklungsbehörde avisierten „Sprung über die Elbe“ ermöglichen, also Stadtteile und Unternehmen nördlich und südlich des Stroms miteinander verbinden. Damit könnte sich Olympia für Hamburg rechnen.

Wie in Berlin ist auch in Hamburg die Wirtschaft Treiber der Bewerbung: Oberster Olympia-Botschafter ist Alexander Otto, jüngster Sohn des Hamburger Versandhausgründers Werner Otto und Chef des Gewerbeimmobilienentwicklers ECE. Er ist sich sicher: „Die Ausrichtung der Spiele wäre der größte denkbare Entwicklungsschub für die Stadt und Region.“

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