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Anleger kaufen wieder verstärkt Gold. Der Preis des Edelmetall ist seit Jahresbeginn angestiegen.

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Glänzende Geldanlage: Verbraucher kaufen wieder Gold

Die extrem niedrigen Zinsen verunsichern Anleger und lassen wie wieder mehr Edelmetalle kaufen. Neben Gold sind auch Silber, Platin und Palladium gefragt.

Von Carla Neuhaus

Nikolaus von Bomhard hat es satt. Der Chef des Rückversicherers Munich Re ärgert sich so sehr über die Niedrigzinspolitik, dass er umschwenkt. Bereits vor einiger Zeit hat er seine Mitarbeiter angewiesen, Geld in Gold umzutauschen und es in den Tresor zu legen. Auch Starinvestoren wie George Soros oder Paul Singer setzen verstärkt auf das glänzende Edelmetall. Dabei hatten die Analysten eigentlich ein schlechtes Jahr für Gold vorausgesagt.

Doch stattdessen steigt der Preis für das Edelmetall von Monat zu Monat an (siehe Grafik unten). Die Anleger haben die Barren und Münzen wieder für sich entdeckt. Der Händler Pro Aurum berichtet von einer „deutlich stärkeren Edelmetallnachfrage“. Die Umsätze mit Gold hätten im ersten Quartal 25 Prozent über dem Vorjahresniveau gelegen, bei Silber seien es zehn Prozent mehr gewesen.

Anleger wollen Gold

Auch Fonds, die auf den Goldpreis setzen, erleben derzeit einen regelrechten Ansturm von Anlegern: Sie haben ihre Bestände im ersten Quartal um 364 Tonnen Gold aufgestockt – das ist der höchste Anstieg seit der Finanzkrise. Und: Die Anleger beschränken sich längst nicht mehr nur aufs Gold, sondern kaufen vermehrt auch Silber und Platin. So lieferte die amerikanische Prägeanstalt zum Beispiel im ersten Quartal Silbermünzen mit einem Volumen von fast 15 Millionen Feinunzen aus – das sind 27 Prozent mehr als im starken Vorjahresquartal.

Sind Edelmetalle gefragt, ist das ein Zeichen der Unsicherheit. Anleger bekommen Angst um ihr Erspartes, investieren es deshalb in Barren und Münzen. Und Gründe für Verunsicherung gab es in diesem Jahr bereits viele: Da waren der Crash am Aktienmarkt, die Sorgen um die chinesische Wirtschaft, die Terroranschläge von Brüssel. Dazu kommt noch die Furcht, bei der Bank keine Zinsen mehr zu bekommen oder gar draufzuzahlen. Die Gold-Gegner argumentieren stets, der Nachteil von Edelmetallen sei, dass sie keine Zinsen abwerfen. Doch angesichts der Debatte um Negativzinsen fällt dieses Argument immer weniger ins Gewicht.

Ein Risiko ist der Währungskurs

Wer überlegt, in Edelmetalle zu investieren, sollte allerdings die Risiken kennen. So werden sie am Weltmarkt in Dollar gehandelt. Wie teuer Edelmetalle im EuroRaum sind, hängt daher auch von den Währungskursen ab. Derzeit profitieren die Anleger vom schwachen Dollar – doch das kann sich schnell ändern.

Eine Rolle spielt zudem, wie sich die Zinsen in den USA entwickeln. Die amerikanische Notenbank Federal Reserve will die Zinsen langsam, aber sicher anheben. Doch steigen die Zinsen langfristig in den USA an, wird das das Gold verbilligen. Denn viele Anleger dürften ihr Geld dann wieder eher in Zinsanlagen stecken.

Auf Silber und Platin zahlen Anleger Mehrwertsteuer

Wie viel Steuern Anleger beim Kauf von Edelmetallen zahlen, hängt davon ab, welches Edelmetall sie kaufen. Gewinne aus dem Gold- oder Silberverkauf sind steuerfrei – solange man es länger als ein Jahr hält. Wer seine Barren oder -münzen schneller loswerden will und dadurch einen Gewinn erzielt, muss den in der Steuererklärung angeben. Besteuert wird er nach dem individuellen Grenzsteuersatz.

Bei der Mehrwertsteuer sind Goldanleger derweil im Vorteil: Denn für Barren und Münzen aus Gold fällt sie nicht an. Anders ist das bei Silber, Palladium und Platin. Auf diese Edelmetalle zahlen Anleger 19 Prozent Mehrwertsteuer. Eine Steuervergünstigung für Silbermünzen wurde erst vor zwei Jahren abgeschafft. Großinvestoren umgehen das jedoch, indem sie die Edelmetalle in einem Zollfreilager im Ausland parken.

Fonds sind eine Alternative zu Barren und Münzen

Wer Barren und Münzen kauft, muss sie auch verwahren können. Wer keinen Safe hat, sollte sich daher ein Schließfach bei der Bank mieten – doch das kostet. Alternativ können Anleger über Aktien auf den Preis von Edelmetallen setzen: etwa über die Papiere von Minenbetreibern oder Metallverarbeitern. Doch auch das ist riskant. Denn neben den Rohstoffpreisen hängt die Kursentwicklung dieser Aktien davon ab, wie sich das einzelne Unternehmen macht – und das können Anleger nur schwer einschätzen.

Umgehen kann man dieses Risiko über börsengehandelte Fonds, die die Preisentwicklung von Edelmetallen nachbilden. In der Regel orientieren sich diese Fonds an den Indizes, die die Preise verschiedenster Rohstoffe abbilden. So erfasst der S&P Goldman Sachs Commodity Index zum Beispiel 24 Rohstoffe – darunter sind Gold, Silber und Kupfer, aber auch Sojabohnen, Mais und Rind.

Gold: Der Krisengewinner

Milliardär George Soros macht es vor. Der US-Investor setzt verstärkt auf Gold. Aus Angst vor einem Aktiencrash hat er sich kürzlich am weltgrößten Goldproduzenten Barrick Gold beteiligt. Zusätzlich wettet er mit komplexen Finanzpapieren auf einen weiteren  Anstieg des Goldpreises. Und er ist mit seinem Hang zum Gold nicht alleine. Nach einer Pause setzten Anleger derzeit wieder verstärkt auf das Edelmetall. Sie sehen Gold in erster Linie als eine Art Schutz vor Krisen. Zuletzt waren es vor allem die schwankenden Aktienkurse und die niedrigen Zinsen, die sie Gold kaufen ließen. Nach Angaben des World Gold Councils ist die Nachfrage im ersten Quartal gegenüber dem Vorjahreszeitraum um 21 Prozent auf knapp 1300 Tonnen gestiegen. So groß war die Nachfrage nach Gold in den letzten 15 Jahren bislang nur einmal.

Die höhere Nachfrage hat den Goldpreis Anfang Mai kurzzeitig auf über 1300 Dollar je Feinunze (31,1 Gramm) steigen lassen. Damit kostete Gold so viel wie noch nie in diesem Jahr. Auch wenn der Preis derzeit leicht unter der Marke von 1300 Dollar liegt, glauben Experten, dass Gold noch teurer werden könnte.

Dabei ist die Anlage in Gold längst nicht so sicher, wie viele annehmen. Schließlich wirft Gold keine Zinsen ab. Nur wer es später zu einem deutlich höheren Preis verkaufen kann, als er es heute erwirbt, macht einen Gewinn. Doch dass das tatsächlich gelingt, ist nicht gesagt. Deshalb raten Verbraucherschützer maximal fünf bis zehn Prozent des eigenen Vermögens in Gold zu investieren.

Hinzu kommt, dass das Edelmetall gerade in Krisenzeiten besonders begehrt ist. Das lockt auch zweifelhafte Anbieter an. So hat eine Organisation namens Berliner Wirtschafts- und Finanzstiftung Verbrauchern zum Beispiel über Jahre Gold verkauft, von dem ein Großteil gar nicht echt war. Aufhorchen sollten Anleger zum Beispiel, wenn Händler ihnen anbieten, das  Gold für sie zu verwahren statt es ihnen auszuhändigen. Um es später wieder leichter verkaufen zu können, sollten Anleger zudem Barren oder bekannte Anlagemünzen wie Krügerrand oder Wiener Philharmoniker wählen.

Zudem gilt: Je kleiner die Stückelung ausfällt, desto höher ist der Preisaufschlag für die Herstellung. Deshalb kosten zehn Barren, die je zehn Gramm schwer sind, mehr als ein 100Gramm-Barren – obwohl der Goldanteil identisch ist.

Goldschmuck eignet sich als reine Geldanlage dagegen nicht besonders gut. Schließlich zahlen Kunden dabei vor allem die Arbeit des Juweliers. Wer den Schmuck verkaufen will, bekommt später jedoch nur den Materialwert.

Silber: Der Nachzügler

Weil es in der Regel deutlich günstiger ist, gilt Silber als das „Gold des kleinen Mannes“. Trotzdem wurde es in den letzten Jahren von den Anlegern eher verschmäht. Mittlerweile scheint sich das jedoch zu ändern, seit Jahresbeginn legt der Silberpreis zu. Kostete die Feinunze (31,1 Gramm) Anfang Januar noch knapp 14 Dollar sind es heute immerhin schon über 17 Dollar. Die großen Prägeanstalten stellen sich vorsorglich bereits auf eine wachsende Nachfrage ein. Die USA prägten zum Beispiel im ersten Quartal  im Vergleich zum Vorjahreszeitraum 23 Prozent mehr der beliebten Anlagemünzen „American Silver Eagle“. Die Australier steigerten die Zahl der produzierten Silbermünzen im selben Zeitraum sogar um 165 Prozent. Dieser enorme Zuwachs lag vor allem daran, dass das Land mit dem „Australian Kangaroo Silver“ eine neue Anlagemünze auf den Markt brachten. Auch das ist eine Antwort auf die steigende Nachfrage nach Silbermünzen.

Weil der Preisanstieg beim Silber verzögert und von einem sehr niedrigen Niveau kommt, beschreiben Experten Silber als den Nachzügler unter den Edelmetallen. Die Commerzbank spricht von einer „Aufholbewegung“. Und die könnte sich im Rest des Jahres durchaus noch fortsetzen. Darauf deuten vor allem die Prognosen für die Nachfrage nach Silber seitens der Industrie hin. Die fällt beim Silber deutlich stärker ins Gewicht als beim Gold. Silber wird zum Beispiel für die Herstellung von Funkchips, Batterien oder Photovoltaik-Anlagen gebraucht. Geht es der Industrie gut, steigt die Nachfrage nach Silber. Manche Analysten, zum Beispiel die der britischen Großbank HSBC, glauben, dass der Silberpreis in den nächsten Monaten deshalb schneller steigen dürfte als der Goldpreis. Das Beratungsunternehmen Metals Focus geht sogar davon aus, dass die produzierenden Unternehmen in diesem Jahr so viel Silber nachfragen könnten wie seit fünf Jahren nicht mehr.

Sich auf solch optimistische Prognosen zu verlassen, ist allerdings extrem heikel. Verbraucherschützer warnen immer wieder: Der Silberpreis sei unberechenbar. Er schwankt deutlich stärker als der Preis für Gold. Das liegt allein schon daran, dass der Markt für Silber kleiner ist: Wird jährlich Gold im Wert von über 100 Milliarden Dollar produziert, kommt „nur“ Silber im Wert von über zehn Milliarden Dollar auf den Markt. Hinzu kommt, dass durch die starke Silber-Nachfrage der Industrie schnell Krisen in einzelnen Branchen durchschlagen: Das beste Beispiel ist dafür die Solarindustrie, einem der großen Abnehmer von Silber.

Platin: Der Exot

Platin ist eines der wertvollsten Edelmetalle der Welt. Es ist seltener als Gold. Und es ist sehr viel komplizierte es zu veredeln. Deshalb werden auch sehr viel weniger Barren und Münzen daraus hergestellt – längst nicht jeder Edelmetallhändler hat es immer vorrätig. Dass die Nachfrage steigt, liegt deshalb auch weniger an den Privatanlegern und mehr an der Industrie. Benötigt wird es zum Beispiel für die Herstellung von Laserdruckern, Laborgeräten oder medizinischen Implantaten. Zu den größten Abnehmern gehören die Automobilhersteller, die das Edelmetall für ihre Katalysatoren brauchen – ihre Nachfrage bestimmt somit zu einem Großteil den Preis. Steigen die Absatzzahlen der Autokonzerne, ist die Chance groß, dass auch der Platinpreis zulegt.

Weil Platin vor allem für Dieselmotoren verwendet wird, hat sich zum Beispiel die Abgas-Affäre bei Volkswagen im vergangenen Jahr sofort beim Preis des Edelmetalls bemerkbar gemacht. In der Zwischenzeit hat er sich allerdings wieder etwas erholt – was vor allem an dem knappen Angebot liegt. Viele Minen in Südafrika haben ihre Platinförderung zurückgefahren. Noch dazu stehen bei vielen Minenbetreibern Lohnverhandlungen an, weshalb Branchenbeobachter mit Streiks rechnen. Gleichzeitig schrumpfen die Lagerbestände. Für Anleger gilt allerdings: Platin ist noch stärker als Gold oder Silber ein Spekulationsobjekt, da der Preis besonders stark schwankt. Auch ist das Angebot an physischem Platin in Form von Barren und Münzen bislang noch überschaubar. So gibt es nur wenige Anlagemünzen aus Platin – zum Beispiel das kanadische Maple Leaf oder den American Eagle.

Palladium: Die Rarität

Palladium ist wohl das unbekannteste der Edelmetalle. Wie Platin wird es zum Beispiel von der Automobilindustrie nachgefragt. Während Platin jedoch vor allem in Katalysatoren für Dieselmotoren landet, wird Palladium vor allem bei Benzinmotoren eingesetzt. So kommt es auch, dass der Preis für Palladium nach Bekanntwerden des VW-Skandals zulegte. Gefördert wird Palladium vor allem in Südafrika und Russland. Weil die Automobilindustrie so stark von diesem Rohstoff abhängt, ist es bislang nicht von den Russland-Sanktionen betroffen.

Für Anleger ist es allerdings noch schwerer in physisches Palladium zu investieren als in Platin. Denn die Barren sind rar. Hinzu kommt, dass die Preise für Palladium noch stärker schwanken. Durch die große Industrienachfrage ist Palladium extrem von der Weltkonjunktur abhängig. Anders als Gold geht Palladium daher auch nicht als Krisenwährung durch. Schließlich wird sein Preis in einer Wirtschaftskrise fallen – das unterscheidet es vom Gold, das dann aufgrund der starken Nachfrage der Anleger, teurer wird.

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