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Die Postbank hatte im August angekündigt, dass sie das Gratis-Konto für die meisten Kunden abschaffen will.

© Felix Heyder/dpa

Girokonto: Banken haften für reibungslosen Kontowechsel

Bankkunden soll er Umzug eines Girokontos leichter gemacht werden. Am 18. September tritt ein entsprechendes neues Gesetz in Kraft.

Knapp 60 Prozent der Bankkunden, heißt es bei der Online-Bank Comdirect, könnten sich vorstellen, die Bank zu wechseln, um anderswo günstigere Konto-Konditionen zu ergattern. Doch nur 20 Prozent hätten dies auch schon einmal umgesetzt - aus Scheu vor dem großen organisatorischen Aufwand. Das neue Zahlungskonten-Gesetz, das am 18. September in Kraft tritt, soll einen Bankwechsel für den Kunden vereinfachen und beschleunigen.

Die neue Regelung verpflichtet sowohl das bisherige als auch das neue Kreditinstitut, den Wechsel in maximal zwölf Tagen abzuwickeln und dem Kunden den Löwenanteil der Formalitäten abzunehmen. Die einzelnen Schritte sind dabei im Gesetz konkret festgelegt: "Der Kunde unterschreibt bei seiner neuen Bank ein gesetzlich vorgegebenes Ermächtigungsformular. Das Kreditinstitut muss das Formular innerhalb von zwei Arbeitstagen an die bisherige Bank des Kunden weiterleiten", erklärt Julian Mattes, Bereichsleiter Zahlungsverkehr und Einlagen der Commerzbank.

Schwierigkeiten bei überzogenem Dispo

Die alte Bank, die beim bisher angebotenen Kontoumzugs-Service der Banken nicht aktiv eingebunden war, muss nun beim Wechsel zur Konkurrenz helfen und der neuen Bank binnen fünf Tagen alle Kundenbuchungen der vergangenen 13 Monate inklusive Daueraufträgen, Einzugsermächtigungen und Terminüberweisungen melden. Das neue Kreditinstitut hat dann weitere fünf Tage Zeit, Zahlungspartnern wie Arbeitgeber, Versicherungen, Vereinen und Versorgern, die neuen Kundendaten zu übermitteln.

Bisher musste der Kunde seiner neuen Bank die Daten meist selbst auf den Kontoauszügen kennzeichnen und weiterleiten. Auch Fristen gab es bisher nicht. Nun haften beide betroffenen Banken, wenn der Umzug nicht fehlerlos und fristgerecht abgewickelt wurde.

Nicht ganz so einfach ist der Umzug, wenn der Kunde auf dem Girokonto einen Dispo mit umziehen will oder gar im Minus ist. Ein überzogenes Konto sei ein Kredit, der entweder von der neuen Bank abgelöst werden muss oder einfach ohne Kontoschließung bei der alten Bank kontinuierlich getilgt werde, sagt Kerstin Altendorf, Sprecherin des Bankenverbandes. Andere Spezialfälle wie Gemeinschaftskonten seien hingegen problemlos zu verschieben.

Die Neuregelung kommt für viele Kunden zur rechten Zeit. Denn wegen der extrem niedrigen Zinsen, an denen Banken kaum noch verdienen können, lassen sich kostenlose Girokonten immer seltener querfinanzieren. Einige Institute, etwa die Postbank, haben daher zuletzt ihre Gratis-Konten gestrichen bzw. einzelne Gebühren erhöht, damit allerdings auch Kunden angespornt, sich nach weiter kostenlosen Kontomodellen umzusehen. "Neukunden werden heiß umworben", bestätigt Altendorf.

Disposatz, Kartengebühren, Kosten beim Abheben

In der Tat zahlen vor allem Direktbanken ohne teures Filialnetz neuen Kunden für den Wechsel sogar Bares oder Sachprämien. So versprechen Ing Diba und Netbank neuen Girokonto-Kunden 75 Euro Gutschrift, Wüstenrot direct und die Postbank 100 Euro. Allerdings: Ob sich der Wechsel lohne, hänge nicht von einmaligen Prämien und auch nicht nur vom Gratis-Konto ab, wissen Verbraucherschützer. Denn meist setzen sich die Konto-Kosten unter dem Strich aus zahlreichen unterschiedlichen Konditionen zusammen, so dass ein Vergleich für den Kunden schwierig sei.

Bewertungs- und Vergleichsportale wie Finanztip oder Check24 böten Hilfe, verdienten allerdings über Links zu bestimmten Produkten oder Anbietern Geld. Wer wechseln wolle, müsse zunächst für sich klären: Zahle ich am liebsten mit Giro- oder auch Kreditkarte oder lieber bar? Sind also günstige Karten oder kostenloses Abheben am Geldautomat wichtiger? Reise ich viel, so dass hohe Kosten für den Auslandseinsatz der Karten die Kontokosten stark erhöhen würden? Oder überziehe ich gerne mal das Konto, so dass der Dispo-Satz wichtiger ist? Mindestens 100 Euro lassen sich mit der Auswahl der richtigen Bank jedes Jahr sparen, sagen Verbraucherschützer.

Bankensprecherin Altendorf sieht trotz des neuen Gesetzes nun keine Woge wechselwilliger Kunden die Bankfilialen oder Online-Seiten stürmen. Denn einige Banken böten bereits freiwillig die geforderte Wechselhilfe, andere setzten den Kontowechsel bereits vor dem 18. September deutlich schneller als gefordert um. Möglich ist dies mit Hilfe von jungen Startups und ihrer Software beziehungsweise Apps, die den Kontowechsel vollautomatisiert übernehmen.

Sorgen um den Datenschutz

40 Kreditinstitute, darunter die DKB, die Hypovereinsbank und die Berliner Sparkasse, arbeiten beispielsweise mit dem Berliner Unternehmen Finreach zusammen. "Wir ersparen dem Kunden den ganzen mühseligen Prozess und auch die Angst, beim Kontowechsel eine Lastschrift zu vergessen und dann womöglich in Zahlungsverzug zu geraten", sagt Sascha Dewald. Der Kontowechsel "dauert bei uns weniger als zehn Minuten" und sei via Handy, PC, Tablet oder auch, etwas langsamer, persönlich in der Filiale möglich, wirbt der Geschäftsführer von Finreach.

Das Unternehmen liest nach Zustimmung des Kunden die Transaktionen eines Jahres aus und überträgt alle markierten Vorgänge automatisch auf die neue Bank, schickt danach Briefe mit Infos zur neuen Kontoverbindung auf den Weg. Identifiziert wird der Kunde entweder persönlich oder per Video online. Die Kosten trägt die neue Bank. Umgezogen habe man bereits 25 000 Konten. Die Commerzbank wiederum arbeitet mit Fino Digital zusammen, andere mit Kontowechsel24.

Sorgen bereitet manchen Kunden der Datenschutz, wenn externe Firmen sensible Daten auslesen. Die Daten würden nach höchsten Datenschutz-Standards nur geschäftsgebunden verarbeitet, so Dewald. Laut Hypovereinsbank ist der Transfer auch SSl-verschlüsselt und wird in banksicheren Rechenzentren verarbeitet.

Veronika Czisi

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