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Der Besitzer dieses schönen "Bulli" (VW-Transporter vom Typ 2 T1) aus dem Jahr 1962 muss die Folgen des Abgas-Skandals nicht fürchten. Liebhaber zahlen für restaurierte Versionen kleine Vermögen.

© Wolfgang Kumm/dpa

Gebrauchte VW-Diesel: Fuhrparkbetreiber registrieren massiven Wertverlust

Lange schien es, dass Besitzer eines VW mit Diesel-Motor ihr Auto noch gut loswerden. Doch einige Besitzer großer Flotten registrieren jetzt massive Wertverluste.

Gründe, am Wert eines Volkswagens zu zweifeln, gibt es seit dem Dieselskandal genug. In dieser Woche kam ein weiterer hinzu. Der notdürftig beigelegte Streit des Autobauers mit zwei Zulieferern hat die Frage aufgeworfen, ob der riesige Konzern Risiken noch angemessen managen kann. Abgasbetrug und Managementfehler belasten das Image des qualitätsbesessenen Autoherstellers, das man in Wolfsburg in den Erfolgsjahren lange Zeit pflegen konnte. Die Zeiten scheinen vorbei, in denen Kunden ein paar tausend Euro mehr für einen vermeintlich gut verarbeiteten VW-Diesel statt für eine andere Automarke ausgaben.

Das die alten Werte buchstäblich vergänglich sind, haben einige Großkunden, die VW-Dieselfahrzeuge in ihrer Flotte haben, jetzt schwarz auf weiß. „Die Verkaufspreise bei Flottenbetreibern sind um 30 Prozent und mehr eingebrochen“, sagt der Berliner Anwalt Christopher Rother dem Tagesspiegel. Rother bereitet Schadenersatzklagen von VW-Kunden vor. Das hiesige Büro des US-Anwalts Michael Hausfeld hat die Restwert-Kalkulationen von 20 Flottenbetreibern mit mehr als 50.000 Fahrzeugen ausgewertet.

Passat TDI als Firmenwagen sehr weit verbreitet

Der Wertverlust von gebrauchten VW-Dieseln ist für Fuhrpark-Manager ein großes Problem. Modelle wie der VW Passat TDI, der ebenfalls von Abgasmanipulationen betroffen ist, sind als Firmenwagen sehr verbreitet. Flottenmanager wechseln ständig Gebraucht- gegen Neuwagen in großer Zahl aus, meist per Auktion. Stürzen dabei die Gebrauchtwagenpreise ab, bricht die Kalkulation zusammen – vor allem bei Leasingverträgen. Denn der Restwert eines Autos ist ein wichtiger Bestandteil in der Leasingrechnung.

„Ein vom Hersteller durch die Manipulation ausgelöster Wertverlust betroffener Fahrzeuge führt zu einem betriebswirtschaftlichen Schaden bei den Gebrauchtwagenvermarktern“, sagte Michael Velte, Chef des Verbands der markenunabhängigen Fuhrparkmanagementgesellschaften (VMF) im Frühjahr dem „Focus“. Heute schweigt Velte zu dem Thema, weil er sich vor Gericht mit der VW-Tochter Audi streitet.

Für Anwalt Rother ist die Sache klar: „Die Behauptung von VW, nach Bekanntwerden der Abgasaffäre sei der Wiederverkaufswert der betroffenen Fahrzeuge stabil geblieben, lässt sich damit gerichtsfest widerlegen“, sagt der Jurist, der hofft, mit den ausgewerteten Daten bessere Chancen in kommenden Schadenersatzprozessen gegen den VW-Konzern zu haben. Rother verweist darauf, dass VW selbst offenbar einen Wertverlust der manipulierten Dieselwagen erwartet. So kalkulierte die VW-Finanztochter das sogenannte Restwertrisiko ihrer unter Vertrag stehenden Leasingautos Ende 2015 auf 892 Millionen Euro. Im Juni 2015, vor Ausbruch der Dieselkrise, hatte es bei 281 Millionen Euro gelegen.

Warum der Autovermieter Sixt kein Problem sieht

Die Angaben des Anwalts widersprechen den Erkenntnissen von Markforschern, die bislang keine flächendeckende Preiserosion bei VW-Dieselfahrzeugen beobachtet haben. Die Deutsche Automobil Treuhand (DAT) ermittelte sogar, dass im ersten Halbjahr die Verkaufszahlen von Golf und Passat mit manipulierten Zwei-Liter-Dieselmotor deutlich gestiegen sind. „Wir stellen fest, dass die Wertentwicklung dieser Fahrzeuge weiterhin stabil ist“, erklärte die DAT. „Einen nennenswerten Restwertverlust bei Dieselmodellen – insbesondere auch von VW-Modellen – können wir bisher nicht erkennen“, bestätigt Thorsten Barg vom Autoberwerter Schwacke.

Sixt, Deutschlands größter Autovermieter, der insgesamt mehr als 170.000 Fahrzeuge in seiner Flotte (inklusive Francisenehmern) hat, spürt ebenfalls noch nichts von einem Wertverlust bei VW- Fahrzeugen. „Die Krise betrifft uns nicht“, sagte Erich Sixt kürzlich bei der Vorlage der Halbjahresbilanz. Ein Grund: Sixt hat mit Volkswagen und anderen Herstellern in der Regel Rückkaufvereinbarungen abgeschlossen. Das heißt, die Fahrzeuge werden zu fest vereinbarten Restwerten in den Bestand aufgenommen und später wieder verkauft.

So komfortabel können kleinere Unternehmen nicht kalkulieren. Wertverluste schlagen voll aufs Geschäft durch. Beim Hamburger Rechtsdienstleister My-right.de, der mit Rechtsanwalt Rother zusammenarbeitet, melden sich mehr und mehr Großkunden, die drohende Verluste fürchten und VW dafür haftbar machen wollen. „Flottenbetreiber sollten unverzüglich prüfen, ob VW ihnen feste Rückkaufswerte garantiert hat“, sagte My-right-Geschäftsführer Jan-Eike Andresen. „Wer keine garantierten Rückkaufswerte mit VW vereinbart hat, wird sich schwer tun, an Wertberichtigungen in den Büchern vorbei zu kommen.“ Diese Schäden wollten die Unternehmen sich natürlich von VW ersetzen lassen.

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