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Probleme unter Palmen. Paphos an Zyperns Westküste ist bei Touristen beliebt. Doch seit dem Schuldenschnitt für Griechenland hat der Inselstaat große Geldsorgen.

© picture alliance / dpa-tmn

Eurokrise: Auch die Russen sollen für Zypern zahlen

Die Euro-Staaten wollen Aktionäre der Banken und Sparer für die Rettung Zyperns zur Kasse bitten. Noch aber sperrt sich der Inselstaat.

Die Euro-Staaten verhandeln darüber, wie der Privatsektor an der milliardenschweren Rettung der hoch verschuldeten Republik Zypern beteiligt werden kann. Das bestätigten mehrere EU-Diplomaten in Brüssel unabhängig voneinander am Donnerstag dem Tagesspiegel. Da das geplante Hilfsprogramm für den Inselstaat hauptsächlich den schwer angeschlagenen Bankensektor betrifft, sollen deren „Eigentümer und Bondholder“ einen Teil der Kosten für die Rekapitalisierung tragen, wie ein hochrangiger Vertreter der Euro-Zone sagte.

Der zyprische Bankensektor gilt als aufgebläht und im Verhältnis zur Wirtschaftsleistung des Landes als viel zu groß. Bis zu 17,5 Milliarden Euro braucht er in den nächsten Monaten, um den Staatsbankrott zu vermeiden – das entspricht der gesamten Wirtschaftsleistung im Jahr 2011. Mehr als die Hälfte der erhofften Summe wird für die Rettung der Geldinstitute benötigt. Bis zu zehn Milliarden Euro sind in einem fertig ausgehandelten „Memorandum of Understanding“ dafür veranschlagt. Besonders der Schuldenschnitt für Griechenland hatte Zyperns Finanzbranche hart getroffen und Abschreibungen in Höhe von 4,5 Milliarden Euro notwendig gemacht.

Diese Summen sollen aber nun offenbar nach dem Willen der Bundesregierung nicht alleine vom Rettungsschirm ESM und damit von den europäischen Steuerzahlern aufgebracht werden. Es habe in der Sache bereits „mehrere Gespräche mit Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble gegeben“, hieß es in diplomatischen Kreisen in Brüssel. Das Bundesfinanzministerium geht damit allem Anschein nach auf die großen Bedenken im deutschen Bundestag gegenüber einer weiteren Rettungsaktion ein. Erst zu Wochenbeginn hatte SPD-Kanzlerkandidat Peer Steinbrück in Brüssel darauf hingewiesen, dass dies „kein Selbstläufer“ sei. Vor allem die Geldwäsche-Vorwürfe und die offensichtliche Attraktivität der Insel für das Schwarzgeld vorzugsweise russischer Kunden treiben die Deutschen um.

Zwar wollte die Sprecherin des neuen Euro-Gruppenvorsitzenden Jeroen Dijsselbloem am Donnerstag nichts zu dem Thema sagen. Aber die Überlegungen der europäischen Geldgeber gehen noch weiter. So ist die EU-Kommission hochrangigen diplomatischen Kreisen zufolge „von zahlreichen Mitgliedstaaten ermuntert worden, ein Bail-In der Bankkunden zu prüfen“. Mit anderen Worten: Es geht darum, die Sparguthaben auf den zyprischen Banken anzutasten. Das wäre politischer Sprengstoff nicht nur für Zypern – es könnte ein Modell sein für ähnliche Fälle in anderen Ländern.

Den Angaben zufolge ist schon intensiv darüber gesprochen worden, wie ein für diesen Fall zu befürchtender Ansturm auf Zyperns Banken und ein mögliches Übergreifen auf andere Länder mit Bankenkrisen verhindert werden kann. „Schäuble ist sich dieser Gefahr bewusst“, hieß es dazu in Brüssel. Im Gespräch sind aber offenbar dennoch schon Ankündigungen über Nacht und zeitweise Bankschließungen, um massenhafte Abhebungen zu vermeiden.

„Bisher ist nichts Offizielles in dieser Hinsicht auf dem Tisch gelandet“, berichtete ein zyprischer Diplomat. Etwaige Überlegungen würden aber „gegen zyprisches und europäisches Recht verstoßen“. Der Staat garantiert EU-weit alle Spareinlagen bis zu einer Höhe von 100 000 Euro. Der Vertreter der Regierung in Nikosia lehnt die Idee aber selbst für den Fall ab, dass die Bankkunden nur oberhalb dieser hohen Marke belangt und somit möglicherweise tatsächlich besonders viele russische Schwarzgeldbesitzer getroffen würden. „Die Staats- und Regierungschefs haben ganz klar gesagt, dass die private Beteiligung in Griechenland ein einmaliger Vorgang war. Wenn wir das jetzt wiederholen, setzen wir das gesamte wiedergewonnene Vertrauen der Eurozone aufs Spiel.“

Bekommt Zypern keine Hilfe, könnte die Euro-Krise wieder aufflammen – das befürchtet Klaus Regling, der Chef des Euro-Rettungsfonds ESM. „Nach den Zahlen, die ich gesehen habe, droht Zypern im Sommer in Zahlungsschwierigkeiten zu kommen“, sagte der ESM-Chef. „Wir brauchen zügig eine Entscheidung“, mahnte Regling in der französischen Zeitung „Le Figaro“. Seiner Einschätzung nach sei Zypern für die Währungsunion systemrelevant. „Die (zyprischen) Banken haben bedeutende Filialen in Griechenland. Und die Märkte beobachten Zypern sehr genau“, erklärte der ESM-Chef. „Im Fall des Abdriftens, droht Ansteckungsgefahr.“ Klarheit könnte es nach der zweiten Runde der Präsidentenwahlen an diesem Sonntag geben.

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