zum Hauptinhalt
A picture taken on July 23, 2013 in Flensburg shows sex toys displayed on shelves at a shop of the pioneering German sex shop chain Beate Uhse. The pioneering Germ

© AFP

Erotikbusiness: Was die Pleite von Beate Uhse aussagt

Beate Uhse hat einst Deutschland gemeinsam mit Oswalt Kolle und Erika Berger den Weg zu entklemmter Sexualität geebnet. Nun hat das Internet diesen Job übernommen. Eine Glosse.

Dies ist keine gute Zeit für Erotomanen und -innen. Erst stirbt Hugh Hefner, der immer den Eindruck erweckte, er habe es ganz besonders wild getrieben, ein Vorbild auch für unsere heimischen Vernasch-Virtuosen wie den Berliner Charmeur Rolf Eden. Und am gestrigen Freitag hat nun auch noch das morsche Imperium der großen Beate Uhse statt der erwarteten Bilanz einen Insolvenzantrag vorgelegt.

Ein Unternehmen, das sich ganz und gar der schönsten Sache der Welt nach dem Fußball gewidmet hat, ist also pleite. Nicht eins, sondern das Unternehmen. Beate Uhse, die tapfere Kunstflugpilotin, landete nach dem Krieg ausgerechnet in Flensburg und eröffnete dort, was wir heute platt „Sex-Shop“ nennen würden, die Basis eines gewaltigen Imperiums, über das Wikipedia in unerotischer Diktion sagt: „Die börsennotierte Beate Uhse AG ist ein Marktteilnehmer im erotischen Zubehörhandel“.

Ist sie auch immer noch. Pleite ist die Holding, aber die übrig gebliebenen Läden bleiben wohl in Betrieb, um zumindest dem Weihnachtsgeschäft letzte frivole Impulse geben zu können. Auszuschließen ist aber wohl, dass einer kommt wie die Lufthansa bei Air Berlin, um die begehrten Slots einzusacken und die erotische Mission des Unternehmens fortzuführen, denn das will ja niemand mehr. Die Kunden, vorwiegend wohl Männer, die sich den Pornovideos meist mit hochgeschlagenem Kragen näherten, haben längst andere, diskretere Wege gefunden. Und gerade in Berlin begann ja der finale Abstieg ganz offensichtlich: Das Erotik-Museum am Zoo, mit dem das Schmuddel-Image der Branche hochkulturell aufpoliert werden sollte, wurde längst mitsamt Gebäude auf die Bauschuttkippe geworfen.

Nur Rolf Eden kann noch Auskunft geben, wie es damals war

Als Beate Uhse das Flensburger Flugfeld ansteuerte, wusste man, was ein Interruptus ist; von „Disruption“ war noch keine Rede. So nennt man heute den Vorgang, dass ein einst unantastbar scheinendes Geschäftsmodell krachend zur Hölle fährt, weil es nicht mehr gebraucht wird. Beate Uhse, die 2001 starb, hat Deutschland gemeinsam mit Pionieren wie Oswalt Kolle und Erika Berger den Weg zu entklemmter Sexualität geebnet, das war eine Leistung.

Aber nun hat das Internet übernommen, von dem es heißt, es bestehe zu einem Viertel aus Pornos und Artverwandtem, und auch die Versorgung mit Vibratoren, Dessous und Härterem wird dort diskret geregelt. Ein paar Marktteilnehmer im stationären erotischen Zubehörhandel gibt es augenscheinlich noch, aber auch sie werden bald ebenso dahinscheiden wie die Videotheken, ihre seriösen Zwillinge. Bald kann nur noch Rolf Eden darüber Auskunft geben, wie es damals war. Und er ist auch nicht mehr der Jüngste.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false