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Am Boden: Trainieren wie Madonna - das versprachen die neun Studios der Hard Candy-Kette in Berlin. Doch das Konzept ging nicht auf. Heute haben fast alle Studios neue Betreiber, nur der Club am Kurfürstendamm ist verschwunden.

© Britta Pedersen/picture alliance / dpa

Ein Jahr nach der Hard-Candy-Pleite: Gläubiger wollen 46 Millionen Euro

Die einstigen Madonna-Studios haben neue Mieter. Für die Gläubiger sieht es aber nicht gut aus. Jürgen Jopp soll in Sardinien sein, sein Bruder in Privatinsolvenz.

Einst waren Ralf und Jürgen Jopp die Herren von 13 Fitnessstudios in Berlin. Zur Eröffnung ihres ersten Hard Candy-Clubs reiste Ideengeberin Madonna höchstpersönlich nach Berlin-Zehlendorf und zeigte auf der Truman Plaza ihre Tanzmoves. Doch das ist lange her. Vor einem Jahr meldeten die Unternehmer, die an der Spree neun Hard Candy- und vier „Superwomen“-Frauenclubs betrieben hatten, Insolvenz an. Die Firmenzentrale im Europa-Center ist geräumt. Vom einstigen Madonna-Glamour ist nur ein Briefkasten in einem unscheinbaren Mehrfamilienhaus in Berlin-Lichterfelde geblieben. Man kann dort Post für diverse Jopp-Firmen einwerfen, auf persönlichen Kontakt darf man aber nicht hoffen. Das Klingelschild zur Wohnung ist namenlos, „die Wohnung steht zum Verkauf“, sagt eine Nachbarin.

Auf Spurensuche: Briefkasten in einem Mehrfamilienhaus in Berlin-Lichterfelde.
Auf Spurensuche: Briefkasten in einem Mehrfamilienhaus in Berlin-Lichterfelde.

© Heike Jahberg

Jürgen Jopp soll sich auf Sardinien aufhalten, sein Bruder Ralf Privatinsolvenz angemeldet haben. Das sind keine guten Nachrichten für die Lieferanten, Arbeitnehmer und Kunden, denen die Unternehmerbrüder noch Geld schulden. 16.832 Gläubiger haben sich beim Insolvenzverwalter Torsten Martini gemeldet und Forderungen von 46,6 Millionen Euro angemeldet. Vom Insolvenzverwalter bestätigt sind davon bislang 15,4 Millionen Euro. Doch ob die Gläubiger jemals Geld sehen werden, ist fraglich. „Ob es eine Quote gibt, ist noch ungewiss“, räumt Martini ein. Die Hoffnungen richten sich vor allem auf eine Managerhaftpflichtversicherung über fünf Millionen Euro, die die Jopp AG einst für ihre Vorstände abgeschlossen hatte. Die zahlt aber nicht, wenn die Brüder die Insolvenz vorsätzlich betrieben haben.

Ob das der Fall ist, prüft die Berliner Staatsanwaltschaft seit einem Jahr. Die Ermittler haben zahlreiche Anzeigen bekommen – von Kunden, die sich um ihre Vorauszahlungen geprellt sehen, aber auch von Ex-Geschäftspartnern. Bei einigen geht es um Hunderttausende Euro und die Existenz. Der Frust ist groß. Doch auf schnelle Ergebnisse können die Gläubiger wohl nicht hoffen. „In Insolvenzverfahren ist es schwierig, Straftaten nachzuweisen“, sagt Martin Steltner, Sprecher der Staatsanwaltschaft. Man habe Berge von Unterlagen, die Ermittlungen seien mühselig. Es geht um Betrug und Insolvenzverschleppung. Für die Gläubiger ist die Situation vertrackt: Stellen die Ermittler bei den Jopp-Brüdern Vorsatz fest und würden diese verurteilt, könnten sich die Gläubiger zwar bestätigt fühlen – aber bekämen kein Geld von der Versicherung. Dass Jürgen Jopp in Sardinien sein soll, ändere dagegen nichts an der Rechtsverfolgung, sagt Steltner. Ohnedies soll der Unternehmer Gerüchten zufolge immer mal wieder in Berlin sein. Tagesspiegel-Anfragen beantwortet Jopp aber nicht.

Diejenigen, die Studios von Hard Candy übernommen haben, legen Wert darauf, dass die ehemaligen Verantwortlichen von Hard Candy mit den neuen Clubs nichts zu tun haben. Danny Seifert, Geschäftsführer des „Allstar Gym“ in der „Mall of Berlin“ und des „Pink“-Frauenclubs in der Friedrichstraße, betreibt mit seinen Partnern zwei der ehemaligen Hard Candy-Standorte. Seifert ist Unternehmensberater und kennt die Brüder Jopp. Er hatte im vergangenen Jahr über einen Geschäftspartner versucht, die „Superwomen“-Clubs an eine Investorin zu verkaufen. Diese hätte vier sehr gut aufgestellte Standorte übernehmen können, ist aber ihrer Zahlungsverpflichtung nicht nachgekommen, sagt Seifert über den geplatzten Deal.

In der Szene wird vermutet, dass Jopp und Seifert noch Kontakt haben. Seifert streitet das nicht ab, betont aber, dass der Kontakt „extrem selten“ ist. Das Logo für „Allstar Gym“, ein großes A auf blauem Stern, hatte ursprünglich Jürgen Jopp gehört. Seifert sagt, Jopp habe es der Gesellschaft mit der Auflage übertragen, im Gegenzug Ex-Hard-Candy-Kunden sechs Monate lang am Leipziger Platz kostenlos trainieren zu lassen. Andere hätten sicherlich Geld haben wollen, Jopp wollte einen Vorteil für seine ehemaligen Mitglieder, betont Seifert. Eine weitere Verbindung gebe es nicht.

Kletterwand und Virtual Reality

Seifert und seine Geschäftspartner haben die Studios komplett renoviert. „Allstar Gym“ hat jetzt eine Kletterwand und „Virtual Reality“-Fitnessgeräte. Vorkasseverträge, wie sie bei Hard Candy und Superwomen üblich waren, gibt es in den neuen Studios nur auf ausdrücklichen Kundenwunsch. Viele Geräte sind neu gekauft, nur sehr wenige sind geleast. Die Mietverträge für die Studio-Räume sind langfristig geschlossen worden. Die Mitgliedsbeiträge sind gemessen an dem, was die Konkurrenz verlangt, erstaunlich niedrig. 29,90 Euro zahlt man im Monat für „Allstar Gym“, Schwimmbad und Sauna inklusive. Trotz der Miete, die in der Toplage anfällt, würde sich das rechnen, betont Seifert. Mit mehr als 3000 Mitgliedern werde man in den Jahreswechsel gehen und den Break Even erreichen. Seifert sieht aber Potential für 5000 bis 6000 Trainierende.

Fitnesslounge bei Clays

In der Clayallee, wo einst Madonna ihren Workout gezeigt hat, haben die neuen Betreiber das Studio, das einst das profitabelste der Hard Candy-Kette war, mit viel hellem Holz und Dekortapeten zu einer Art Fitnesslounge gemacht. Das hat seinen Preis. 84 Euro monatlich kostet die Mitgliedschaft bei „Clays“ für einen Ein-Jahres-Vertrag, Schüler bekommen Rabatt, Prepaid-Verträge gibt es gar nicht. Noch in diesem Jahr soll die obere zweite Etage ausgebaut werden. „Wir haben einen Businessplan, der über Jahre läuft und wir liegen genau im Plan“, sagt Geschäftsführer Alexander Schlag. Man habe ausreichende finanzielle Polster. Schlag und sein Mitgeschäftsführer Tillmann Sauer-Morhard sind nämlich nicht nur Fitnessstudio-Chefs, sondern auch Vorstände der Immobilienentwicklungsgesellschaft MIB. Auf Jürgen Jopp ist Schlag nicht sonderlich gut zu sprechen. Für das Einkaufszentrum „Neue Mitte“ in Fürth, ein MIB-Großprojekt, musste man auf die Schnelle einen neuen Mieter finden, weil Hard Candy schon vor der ersten Miete aufgab. Zudem hatte die MIB Anteile an der Jopp AG und gehört damit zum Gläubigerkreis. „Von Jopp haben wir nichts mehr gehört“, betont Schlag, „der Kontakt ist komplett abgebrochen“.

McFit kommt mit neuer Frauenstudiokette

Ein Jahr nach der Pleite sind die Studios verteilt. Im Europa-Center ist ein „Superfit“-Studio, am Rosenthaler Platz und in der Schönhauser Allee eröffnet die Mc-Fit-Gruppe neue, höherwertige „Cyberobics“-Frauenstudios. In der Bismarckstraße ist Holmes Place eingezogen, in der Bergmannstraße schwitzen Frauen im Kiezstudio „Just move women“. Nur ein Studio hat nicht überlebt: Der Hard Candy-Club am Kudamm. Der Vermieter hat alle Spuren restlos beseitigt – von Madonna und von Jopp.

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