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Am Main. Die EZB sitzt seit einem Jahr im Neubau im Frankfurter Ostend. Die Bankenaufseher sollen nun in den alten Euro-Tower in der Innenstadt ziehen.

© dpa

Ein Jahr EU-Bankenaufsicht: Nicht alle Banken haben die Krise überwunden

Ein Jahr nach Einführung der EU-Bankenaufsicht haben die europäischen Institute noch immer Probleme. Wo es hakt.

Europas Banker haben es derzeit schwer. Die Niedrigzinsen, eine schwache Konjunktur und die noch immer nicht vollständig aufgearbeiteten Skandale der Vergangenheit bereiten ihnen Sorgen. Daniele Nouy, die oberste Bankenaufseherin der Europäischen Zentralbank (EZB), kennt die Probleme. Viele Häuser müssten ihre Geschäftsmodelle neu aufstellen, um wieder tragfähig zu werden, mahnt sie deshalb am Mittwoch auf einer EZB-Konferenz in Frankfurt an Main an. „Wir wissen, dass einige Banken der Euro-Zone noch mit erheblichen Kreditrisiken konfrontiert sind“, sagt sie.

Nouys Job ist es, dafür zu sorgen, dass die Banken in Zukunft besser gewappnet sind und Krisen eher verkraften können. Seit nun genau einem Jahr leitet die 65-jährige Französin die Europäische Bankenaufsicht (in Fachkreisen Single Supervisory Mechanism, kurz SSM genannt). Dieses Gremium wurde damals aufgebaut, um Banken, die grenzüberschreitend arbeiten, nicht mehr nur rein national zu überwachen. Nouy und ihr Team sind seitdem für die Aufsicht der 123 größten Banken in den Euro-Staaten verantwortlich – darunter auch die Deutsche Bank und die Commerzbank.

Kritiker monieren die mangelnde Unabhängigkeit

„Jede Bank muss die Nachhaltigkeit ihres Geschäftsmodells belegen: Sie muss profitabel sein und die zentralen Anforderungen im Blick auf Kapital und Liquidität erfüllen“, sagt Aufseherin Nouy. Die ersten zwölf Monate der neuen Aufsicht seien gut gelaufen. „Die Ergebnisse waren vernünftig.“

Dennoch heißt das nicht, dass alle Banken schon wieder gut dastehen. Im Gegenteil. Während manche Institute ihren Anlegern schon wieder eine Dividende zahlen können, musste die Aufsicht anderen Häusern eine Ausschüttung untersagen, weil sie „die Krise nicht überwunden haben“. Namen nennt Nouy nicht. Aber dem Druck der Aufseher schreiben Beobachter auch die dramatischen Abschreibungen und den Rekordverlust zu, den die Deutsche Bank unlängst verkündet hat.

Und nicht nur die Banken haben noch Hausaufgaben, auch an der Aufsicht selbst gibt es Kritik – zum Beispiel an ihrer fehlenden Unabhängigkeit. Denn der SSM untersteht der EZB. Wichtige Entscheidungen – etwa darüber, ob eine Bank saniert oder gar geschlossen werden muss – fallen im EZB-Rat: also dort, wo auch über Geldpolitik befunden wird.

Die Branche bemängelt zu wenig Transparenz

Dabei sollten diese beiden Bereiche eigentlich streng voneinander getrennt sein, da sonst ein Interessenkonflikt droht: Die Zentralbanker könnten geldpolitische Entscheidungen treffen, die nicht die Preisstabilität fördern – sondern rein dem Ziel dienen, strauchelnde Banken am Leben zu halten. Bislang mussten die Aufseher und Zentralbanker eine solche harte Entscheidung noch nicht treffen, aber bei den griechischen Geldinstituten war es im Sommer zumindest kritisch.

In der Bankbranche erfährt Aufseherin Nouy zwar viel Lob und Anerkennung, doch so ganz gewöhnt haben sich die Institute an die neue Aufsicht noch nicht. Michael Kemmer, Hauptgeschäftsführer des Bundesverbandes Deutscher Banken, bescheinigt dem SSM „höchsten Respekt und Anerkennung“ – trotzdem ist seine Liste der Kritikpunkte lang: zu wenig Transparenz, viel zu viele Daten, zu kurze Fristen, über die gesetzlichen Vorgaben hinausgehende Kapitalanforderungen. Volksbanken und Sparkassen bemängeln vor allem, dass kleine und mittlere Institute genauso streng beaufsichtigt würden wie Großbanken, obwohl ihre Risiken viel geringer seien.

Jan-Pieter Krahnen, Professor für Kreditwirtschaft an der Universität Frankfurt, hat für diese Kritik wenig Verständnis. Der SSM habe enorm viel geleistet und sei auf dem richtigen Weg. „Die Großbanken müssen sich an neue Standards anpassen, an eine neue Aufsichtskultur mit international besetzten Aufsichtsteams, auch wenn das zu Reibereien führt.“ Ähnlich sieht es Banken-Professor Michael Koetter von der Frankfurt School of Finance. „Die Banken sind nach der Krise in der Bringschuld. Da galt es schließlich, einen Augiasstall auszumisten.“ Klagen über zu viel Regulierung und Aufsicht seien fehl am Platz.

Draghi fordert rasche Umsetzung der Bankenunion

Doch kann Nouy mit ihrem Team aus über 1000 Bankenaufsehern die nächste Finanzkrise verhindern? „Dieses Versprechen kann ich nicht geben“, sagt sie. „Aber wir sind definitiv strenge Aufseher, die die neue Regulierung sehr genau anwenden. Und wir sind besser ausgestattet als je zuvor, um eine Krise zu bewältigen.“

Dass dennoch auch sieben Jahre nach dem Ausbruch der Finanzkrise nicht alles so ist, wie es sein sollte, macht EZB-Präsident Mario Draghi am Mittwoch deutlich. Er fordert eine rasche Vollendung der Bankenunion in Europa. Denn die EU-weite Aufsicht der größten Banken ist nur eine von drei Säulen, die helfen sollen, einer erneuten Krise vorzubeugen. Dazu gehört auch eine neue europäische Behörde zur Abwicklung maroder Banken (SRM), die erst 2016 ihre Arbeit aufnehmen soll. Und vor allem eine einheitliche Einlagensicherung für Bankguthaben: Bankeinlagen müssten in allen Ländern den gleichen Schutz erhalten, fordert Draghi.

EU-Kommission will Gesetzesvorschlag vorlegen

Der EZB-Präsident legt damit den Finger in die Wunde. Denn dass eine gemeinsame Einlagensicherung in der EU noch nicht auf den Weg gebracht ist, liegt unter anderem an der Bundesregierung: Sie lehnt die gemeinsame Einlagensicherung zum gegenwärtigen Zeitpunkt ab. Nach ihrer Ansicht sollten zunächst die nationalen Systeme greifen. Die EU-Kommission will jedoch bis Jahresende einen konkreten Gesetzesvorschlag zur Einlagensicherung präsentieren.

Draghi hält das für zwingend nötig. Denn nur mit Aufsicht, Abwicklung und Einlagensicherung sei die Bankenunion komplett. „Ansonsten würden wir den gleichen Fehler begehen, den wir gemacht haben, als der Euro eingeführt wurde“, sagt er. Damals seien die Folgen einer Währungsgemeinschaft nicht ausreichend im institutionellen Aufbau berücksichtigt worden. Das habe die Gemeinschaft verwundbarer gemacht, als es sein sollte.

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