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Stephan Schwarz, Präsident der Handwerkskammer Berlin.

© Mike Wolff, TSP

Diversity-Konferenz 2016: Schwarz fordert bei Integration mehr Unterstützung

Der Präsident der Berliner Handwerkskammer, ruft Unternehmen auf, Geflüchtete auszubilden. Davon würden beide profitieren, sagte Stephan Schwarz.

Von Ronja Ringelstein

Am Berliner Arbeitsmarkt herrscht Fachkräftemangel, jedes Jahr werden mehr Ausbildungsplätze angeboten als besetzt. Um das zu ändern, sollten Betriebe bewusst Geflüchtete ansprechen, sagt Stephan Schwarz, Präsident der Handwerkskammer Berlin. „Es kostet mehr Aufwand, aber am Ende lohnt es sich und bereichert ein Unternehmen“, sagte er am zweiten Tag der Diversity-Konferenz im Tagesspiegel-Verlagshaus. Viele der Neuankömmlinge sind beruflich noch nicht festgelegt und haben eine lange berufliche Laufbahn vor sich, da sie relativ jung sind. Allerdings handelt es sich nicht um eine homogene Gruppe. Es sei zwar auch der „top ausgebildete Arzt aus Syrien dabei“, aber eben auch die erwachsenen Analphabeten, sagte Schwarz. „Um diese Menschen zu integrieren gibt es nicht nur den einen richtigen Weg.“ Dennoch erzählt er von überwiegend positiven Erfahrungen, die Unternehmen gemacht hätten.

Die Initiative Arrivo vermittelt Geflüchtete an Betriebe

Bereits 2014 hat die Handwerkskammer zusammen mit der Senatsverwaltung die Initiative „Arrivo“ gestartet, die Flüchtlinge in Betriebe vermittelt. Unternehmen, die auf der Suche nach Auszubildenden oder Mitarbeitern sind, melden sich bei der Initiative, die wiederum in Kontakt mit Flüchtlingsberatungsstellen steht und Flüchtlinge mit entsprechendem Profil vermittelt. Die Betriebe nehmen die Interessierten zunächst für ein Praktikum von ein paar Wochen auf, um sich gegenseitig kennenzulernen und herauszufinden, ob die Praktikanten als Auszubildende geeignet sind.

Die Diversity-Konferenz 2016 im Verlagshaus des Tagesspiegels feiert 10 Jahre Charta der Vielfalt.
Die Diversity-Konferenz 2016 im Verlagshaus des Tagesspiegels feiert 10 Jahre Charta der Vielfalt.

© Kai-Uwe Heinrich

„Wir haben in den zwei Jahren viel lernen können“, sagt Schwarz. Ursprünglich gestartet seien sie mit zehn Plätzen, inzwischen hätten 350 Menschen das Programm durchlaufen. „Angesichts der 800.000 Flüchtlinge ist das natürlich ein Tropfen auf den heißen Stein“, gab Schwarz zu. Allerdings erwarte er einen Anstieg, da viele Menschen demnächst ihren ersten Sprachkursen abschließen würden und dann für das Programm in Frage kämen.

Menschen mit Traumata - das ist neu und ohne Hilfe ein Problem

Und trotzdem gebe es auch einige Probleme, die überwunden werden müssten und Herausforderungen bei den kulturellen Eigenarten. Die aber seien oft nicht viel anders als bei anderen Auszubildenden mit Migrationshintergrund, etwa wenn der Betrieb auf die Zeit während des Ramadans reagieren muss. Das sei bekannt, so Schwarz. Neu ist aber, dass Auszubildende durch die Flucht traumatisiert sind und sozialpädagogisch betreut werden müssten. Während der Ausbildung gibt es aber keine derartige Betreuung. „Das führt zu Problemen, die die Zusammenarbeit schlicht unmöglich machen. Hier brauchen die Unternehmen Hilfe von außen“, mahnte Schwarz auch mit Blick auf die Politik. Was ihn besonders ärgert: Die Flüchtlinge bekämen in den Berufsschulen nicht mehr Zeit für ihre Tests. Ihre Sprachkenntnisse reichten zwar für die praktische Arbeit im Betrieb, aber nicht um in der Kürze der Zeit, die Schultests zu bestehen. So würden ihnen Berufsabschlüsse verwehrt, obwohl sie eigentlich gut seien in dem, was sie täten. „Da müssen wir flexibel sein“, sagt Schwarz. Menschen mit Lese-Rechtschreibschwäche würde schließlich auch mehr Zeit bei den Tests eingeräumt.
Trotz aller möglichen Schwierigkeiten will Schwarz die Berliner Betriebe ermuntern, sich für die Einstellung von Flüchtlingen zu entscheiden. Viele der Meister hätten ihm berichtet, dass sie selten eine so starke Motivation erlebt hätten.

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