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Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hat Sympathien für die "Deutschland-Rente" und Steuererleichterungen für die Gebäudesanierung.

© Jörg Carstensen/dpa

Deutscher Verbrauchertag: Merkel und Schulz kämpfen um die Verbraucher

Sammelklagen, Marktwächter, Gebäudesanierung, Rente: Auf dem Deutschen Verbrauchertag in Berlin sticht Martin Schulz Kanzlerin Angela Merkel im Ringen um die Stimmen der Konsumenten aus.

An diesem Ort fühlt sich die Bundeskanzlerin sichtlich wohl. In den Bolle-Festsälen in Moabit, in denen Angela Merkel am Montag auf dem Deutschen Verbrauchertag auftritt, hat Carl Bolle vor rund 130 Jahren seine Milch abgefüllt und – eine Revolution seinerzeit – diese dann auf Pferdewagen zu den Kunden gebracht. „Carl Bolle hat mit Frische und Qualität gepunktet“, erinnert die Kanzlerin an den Pionier des Direktmarketings. Auch wenn die Bolle-Milch heute die Lebensmittelkontrolle wohl nicht mehr überstehen dürfte.

Alle zwei Jahre findet der Deutsche Verbrauchertag in Berlin statt, Neuland ist das für Merkel schon lange nicht mehr. Sie war schon mehrfach da, besonders gern kommt sie in Wahljahren. Jeder der 61,5 Millionen Menschen, die bei der Bundestagswahl am 24. September ihr Kreuzchen machen dürfen, ist nun mal auch ein Verbraucher. Da kann es nicht schaden, um die Gunst der Konsumenten und ihrer Vertreter – den Verbraucherzentralen – zu kämpfen.

Wenig Konkretes von der Kanzlerin

Doch im Gepäck hat die Kanzlerin dann nur wenig Konkretes. Sie verspricht, sich für die steuerliche Absetzbarkeit der Gebäudesanierung einzusetzen – ein Vorhaben, das in dieser Legislaturperiode gescheitert ist. Und sie lässt überraschenderweise bei der Altersvorsorge Sympathien für ein schwarz-grünes Projekt erkennen: die Deutschland- Rente, bei der nicht die Versicherungswirtschaft, sondern der Staat die private oder betriebliche Altersvorsorge organisiert. Was die Union ansonsten noch für die Verbraucher in ihr Wahlprogramm schreiben will, lässt Merkel offen. Stattdessen schwärmt sie von den Möglichkeiten des autonomen Fahrens („Man kann Zeitung lesen, während man durch Berlin schaukelt.“) und des Smart Homes, bei dem man per App Heizung, Rolläden und Haushaltsgeräte steuern kann. Allerdings sei auch sie noch nicht in dem Stadium angelangt, in dem sie per Handy checken könne, „welche Völligkeitsstufe der Kühlschrank erreicht hat“, räumt die Kanzlerin bedauernd ein.

Kanzlerkandidat Martin Schulz (SPD: Nicht das Recht des Stärkeren, sondern die Stärke des Rechts verteidigen.
Kanzlerkandidat Martin Schulz (SPD: Nicht das Recht des Stärkeren, sondern die Stärke des Rechts verteidigen.

© Jörg Carstensen/dpa

Schulz will Sammelklage einführen

Verglichen mit Merkel ist ihr Herausforderer Martin Schulz deutlich präziser. Der SPD-Kanzlerkandidat liefert. Die Finanzierung der Marktwächter Finanzen, Digitales und – bald auch – Energie, die Beschwerden sammeln und diese Informationen an die Politik weitergeben, will Schulz nicht nur langfristig sichern, sondern zudem noch zwei neue Marktwächter einführen. Auch im Gesundheits- und Lebensmittelbereich soll es künftig solche Einrichtungen geben. Bundeskartellamt, -netzagentur und die Finanzaufsicht Bafin sollen sich künftig noch stärker als heute um den Verbraucherschutz kümmern, sagt Schulz. Und die Musterfeststellungsklage, eine Art Sammelklage, mit der etwa VW-Kunden ohne Kostenrisiko den Konzern wegen der Dieselaffäre in Haftung nehmen könnten, will der SPD-Kandidat auf jeden Fall einführen. Sein Parteifreund Heiko Maas ist hier vor wenigen Monaten vom Bundeskanzleramt ausgebremst worden. Schulz empört so etwas: „Das Recht des Stärkeren darf nicht vor der Stärke des Rechts stehen“, ruft er den rund 700 Verbraucherschützern zu, die im Saal versammelt sind.

Gastgeber: Klaus Müller, Vorstand des Bundesverbands der Verbraucherzentralen, und Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU).
Gastgeber: Klaus Müller, Vorstand des Bundesverbands der Verbraucherzentralen, und Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU).

© Jörg Carstensen/dpa

Der Chef des Bundesverbands der Verbraucherzentralen (VZBV), Klaus Müller, hört solche Ankündigungen gern. Deutschlands oberster Verbraucherschützer ärgert sich über die Weigerung des VW-Konzerns, die 2,5 Millionen deutschen Kunden, die vom Dieselskandal betroffen sind, zu entschädigen oder wenigstens eine Garantie für die Umrüstung zu geben. Ende dieses Jahres dürften die meisten Ansprüche der Käufer verjährt sein, warnt Müller. Wenigstens hier könnte sich Deutschlands größter Autohersteller bewegen und die Verjährungsfrist auf 2021 verlängern, fordert er. Die Politik täte wohl gut daran, die Kunden zu unterstützen. Das zeigt eine neue, repräsentative Umfrage des VZBV: Danach glauben 72 Prozent der Menschen, dass die Politik vor allem die Belange der Wirtschaft im Auge hat. Im Wahljahr sind das keine guten Nachrichten.

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