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Haushoch. Weil sie zu viele faule Kredite in den Büchern hat, wird die Banca Populare di Vicenza zerschlagen.

© A. Bianchi/Reuters

Der Steuerzahler muss zahlen: Kritik an Staatshilfe für italienische Banken

Für die Insolvenz zweier Institute zahlt Italien Milliarden – Gläubiger werden verschont. Das sorgt für Kritik.

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Aufatmen in Italien, Wut in Deutschland: Die milliardenteure Auffanglösung für zwei italienische Regionalbanken auf Staatskosten löst in Europa sehr unterschiedliche Reaktionen aus. Italiens Regierungschef Paolo Gentiloni sagt, das Notdekret sei „sehr wichtig und sehr dringend“ gewesen. Nur so habe man einen Sturm der Kunden auf die knapp 1000 Bankschalter der beiden betroffenen Institute verhindern können. Hierzulande hat man dafür jedoch wenig Verständnis und fürchtet eine Aufweichung der Regeln, die sich die Europäer nach der Finanzkrise für den Fall einer Bankenpleite gegeben haben.

Es war eine Kettenreaktion, die sich am Wochenende abspielte – ausgelöst von der Europäischen Zentralbank (EZB). Deren Bankenaufsicht hatte die venezianischen Institute Veneto Banca und Popolare di Vicenza am Freitag als „wahrscheinlich nicht mehr überlebensfähig“ eingestuft. Weil die EU-Kommission eine Rettung durch den Staat ablehnte, entschied man in Rom die beiden Häuser zu zerschlagen. Die gesunden Teile übernimmt die Großbank Intesa San Paolo für einen symbolischen Euro. Der Rest – darunter auch die vielen faulen Kredite, die den beiden Häusern so große Probleme bereitet haben – landet in einer „Bad Bank“. Weil Intesa San Paolo für die Übernahme der guten Teile Kapital braucht, erhält die Bank 5,2 Milliarden Euro vom italienischen Staat. Enthalten sind in dieser Summe auch Rückstellungen für eventuelle Stellenstreichungen. Weitere maximal zwölf Milliarden Euro stellt der Staat als Garantien für die faulen Kredite zur Verfügung, die in die Bad Bank ausgelagert werden.

Die Gläubiger der Banken bleiben verschont

Technisch gesehen werden die Veneto Banca und die Popolare di Vicenza nach italienischem Konkursrecht „zwangsliquidiert“. Trotzdem kann von einer Liquidierung im landläufigen Sinne nicht ernsthaft die Rede sein: Beim Rettungsplan hat die Regierung darauf geachtet, dass die Auswirkungen auf Kunden, Gläubiger und Beschäftigte möglichst gering bleiben. So garantiert das Dekret unter anderem, dass nicht nur die Besitzer von erstrangigen Anleihen, sondern auch jene von nachrangigen Schuldpapieren nicht finanziell an der Rettung beteiligt werden.

Das Vorgehen scheint damit in klarem Widerspruch zu den Richtlinien der EU zu stehen, die verhindern sollen, dass die Steuerzahler für Bankenkrisen zahlen müssen. Stattdessen sollten eigentlich die Investoren, die Gläubiger und notfalls auch die Kunden zur Sanierung herangezogen werden. Aber: Es gibt Ausnahmeregelungen, etwa für Regionalbanken, die von der EZB nicht als systemrelevant eingestuft werden. Die können nach nationalem Recht restrukturiert werden – und dürfen dabei die Gläubiger verschonen.

Die Deutschen haben kein Verständnis für die Entscheidung

EU-Kommission und EZB haben dem Rettungsplan bereits zugestimmt, was Grünen-Politiker Sven Giegold stark kritisiert. Er argumentiert, Banken dürften Gläubiger nur dann aus der Haftung entlassen, wenn die Gefahr einer schweren Finanzkrise bestehe. Das sei bei den beiden italienischen Instituten aber nicht der Fall. Seiner Meinung nach hätte man deshalb sehr wohl alle Gläubiger zur Haftung heranziehen müssen. „Daher handelt es sich um eine politisch getriebene Fehlentscheidung der EU-Kommission“, sagt  Giegold. „Das ist eine empörende Umgehung der Regeln der europäischen Bankenunion.“ Der Grünen-Politiker fürchtet, dass sich Banken nun wieder darauf verlassen könnten, im Zweifel vom Staat gerettet zu werden. Und Giegold ist längst nicht der Einzige, den das Vorgehen der Italiener wütend macht. „Das Versprechen, dass künftig nicht mehr der Steuerzahler für marode Banken in Haftung genommen wird, ist mit dieser Nacht-und Nebel-Aktion ein für alle Mal hinfällig“, sagt der CSU-Europaabgeordnete Markus Ferber.

Die Bonner Wirtschaftsweise Isabel Schnabel kritisiert dagegen vor allem den großen Spielraum, den ein Land wie Italien hat, wenn es Banken in Eigenregie in die Insolvenz gehen lässt. Gäbe es dagegen einheitlichere Regeln für solche Fälle, müssten nun auch in Italien die Anleihegläubiger zahlen – und nicht der Staat. Lösen könne man das Problem, indem man die Regeln für Bankinsolvenzen der EU-Staaten stärker harmonisiert. Oder indem man auch die Auflösung kleinerer Institute der europäischen Abwicklungsbehörde unterstellt.

Italiens Finanzminister rechtfertigt den Schritt

In Italien hat man für die Kritik aus Deutschland derweil kein Verständnis. „Diejenigen, die uns kritisieren, sollen sagen, was eine bessere Alternative gewesen wäre. Ich kann keine sehen“, sagt Finanzminister Pier Carlo Padoan. 200 000 Firmen seien über Kredite von den beiden Instituten abhängig: Ein ungeordneter Konkurs hätte daher schwerwiegende Folgen für die Wirtschaft haben können. Dazu kommt aber auch, dass die beiden Banken zusammen zwei Millionen Kunden haben – alles potentielle Wähler bei den kommenden Parlamentswahlen.

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