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Adolf E. Real soll als Bankenverbandspräsident das Ansehen des Finanzplatzes Liechtenstein verbessern.

©  Kai-Uwe Heinrich

Der Präsident des Bankenverbands Liechtenstein: „Wir begleiten die Kunden in die Steuerehrlichkeit“

Adolf E. Real, Präsident des Bankenverbands Liechtenstein, erklärt im Interview, warum Steuerhinterziehung über Konten im Fürstentum bald nicht mehr möglich sein soll.

Herr Real, Sie vertreten als Präsident des Bankenverbands den Finanzplatz Liechtenstein. Viele halten den hierzulande immer noch für eine Steueroase. Zu Recht?
Nein, Liechtenstein hat sich in den letzten zehn Jahren stark verändert. Mittlerweile haben wir alle internationalen Standards umgesetzt. Das gilt sowohl für Vorschriften zur Bekämpfung von Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung als auch für Regeln zur Steuerkonformität. Erst kürzlich hat uns das Global Forum der OECD bestätigt, dass wir die Anforderungen zur Steuerkonformität erfüllen. Schließlich gehören wir zu den Ländern, die bereits ab 2017 am Automatischen Informationsaustausch teilnehmen.

Welche Daten geben Sie künftig an die deutschen Finanzbehörden weiter?
Die Daten beinhalten die Namen aller deutschen Kunden, die in Liechtenstein ein Konto haben. Dazu kommen weitere Daten wie der aktuelle Kontostand, die Höhe des angelegten Vermögens und die Erträge daraus. Die Banken geben die Daten gemäß dem OECD-Standard an die liechtensteinische Steuerbehörde weiter, welche diese dann an die Steuerbehörden der jeweiligen Länder übermittelt.

Übermitteln Sie auch Daten aus der Vergangenheit?
Nein. Die Daten werden ab dem Steuerjahr 2016 ausgetauscht. Wir haben zudem versucht, unsere Kunden über die Selbstanzeige in die Steuerehrlichkeit zu begleiten, was inzwischen weitestgehend abgeschlossen ist. Wir haben sie darauf hingewiesen, dass der Automatische Informationsaustausch ab 2017 stattfindet.

Wie gehen Sie mit Kunden um, die sich nicht auf eine Selbstanzeige einlassen?
Ab 2017 werden die relevanten Daten aller Kunden weitergegeben werden. Wir haben keine Kunden dahingehend beraten, das Geld an Finanzplätze zu transferieren, die nicht vom Automatischen  Informationsaustausch betroffen sind. Das hat unser Verband frühzeitig in einer Richtlinie festgelegt, und daran halten sich die Banken auch.

Können Sie denn sicherstellen, dass Kunden ihre Gelder tatsächlich nicht einfach in eine andere Steueroase transferieren?
Verhindern können wir das nicht. Jeder Kunde kann selbst entscheiden, was er mit seinem Geld macht. Allerdings können sie Geld nicht einfach abziehen, ohne einen „Paper Trail“ zu hinterlassen – also eine Datenspur, die zeigt, wo das Vermögen hinfließt. Barabhebungen, über die man das umgehen könnte, haben wir eingeschränkt.

Mit Großbritannien haben Sie vereinbart, dass Kunden Gelder nachbesteuern können, ohne bestraft zu werden. Mit Deutschland gibt es solch ein Abkommen nicht.
Nein, das ist nicht zustande gekommen. Deutschland wollte ein solches Abkommen aus politischen Gründen nicht. Das haben wir akzeptiert.

Akzeptieren Sie auch, dass Deutschland Daten-CDs angekauft, um an die Namen von Steuersündern zu kommen?
Nein, das halten wir nicht für legitim. Deshalb leisten wir auch keine Amtshilfe, wenn die zugrunde liegenden Daten von einer gestohlenen Steuer-CD stammen. Das Stehlen von Daten ist schließlich eine kriminelle Handlung. Das wollen wir nicht unterstützen. Was Liechtenstein betrifft, ist das ja auch nicht nötig, da wir international kooperieren und relevante Daten austauschen.

In Deutschland kann man sich noch gut an den Fall von Ex-Post-Chef Zumwinkel erinnern, der über Stiftungen in Liechtenstein Gelder vorm Fiskus versteckt hat. Ist so etwas heute noch möglich?
Nein. Denn auch die Stiftungen sind beim Automatischen Informationsaustausch einbezogen. Dazu kommt, dass wir bei Neukunden immer erst prüfen müssen, woher die Gelder kommen und ob sie auch versteuert sind. Lässt sich das nicht klären, dürfen Banken und Stiftungen das Geld erst gar nicht annehmen.

Wenn Liechtensteiner Stiftungen Gelder nicht mehr vorm Fiskus verstecken können, macht das ihr Geschäftsmodell hinfällig. Gibt es bei Ihnen ein Stiftungssterben?
Wir haben tatsächlich festgestellt, dass sich die Zahl der Stiftungen in den letzten sechs Jahren halbiert hat – von 80 000 auf 40 000. Das ist natürlich bedauerlich. Allerdings gibt es auch wieder Neugründungen. Viele Anleger nutzen Stiftungen, um ihr Vermögen zu strukturieren und für die Nachkommen zu sichern. Manche wollen es auch einfach vor den Einblicken unberechtigter Dritter schützen. Dafür sind liechtensteinische Stiftungen ein legitimes und legales Instrument.

Was heißt, Gelder vor den Blicken anderer zu schützen? Kann man also doch noch verschleiern, wem die Gelder gehören?
Das geht ohnehin schon seit über 15 Jahren nicht mehr, da sowohl den Banken als auch den entsprechenden Treuhändern die wirtschaftlich Berechtigten bekannt sein müssen. Wir setzen aktuell die vierte Geldwäscherichtlinie der EU um. Ein Bestandteil der Umsetzung ist auch ein zentrales Register, in dem alle wirtschaftlich Berechtigten von juristischen Personen aufgelistet werden.

Seit dem Skandal um die Panama-Papers gibt es viel Kritik, weil Kunden über Briefkastenfirmen Gelder versteckt haben. Können Sie die Kritik nachvollziehen?
Nein, es gibt viele legale Gründe für solche Strukturen. Briefkastenfirmen sind nicht per se illegal. Wenn die Gelder in sogenannten Offshore-Strukturen im Rahmen der Steuererklärung offengelegt werden, dann steht dem nichts entgegen.

Wenn die Hilfe bei der Steuerhinterziehung kein Geschäftsmodell mehr ist, was ist die Alternative für Ihre Banken?
Wir haben in den letzten 50 Jahren sehr viel Know-how in der Vermögensverwaltung aufgebaut. Davon profitieren die Kunden weiterhin. Außerdem ist der Bankensektor in Liechtenstein sehr stabil. In der Finanzkrise mussten unsere Institute zum Beispiel nicht vom Staat gestützt werden. Auch sind sie heute mit Kernkapitalquoten von durchschnittlich mehr als 20 Prozent sehr gut aufgestellt. Deshalb glauben wir, dass unser Finanzplatz in Zukunft weiter wachsen wird. Schon jetzt liegen wir beim verwalteten Vermögen wieder über den Werten von 2007.

Wie wichtig ist der Finanzsektor überhaupt noch für Liechtenstein?
Derzeit trägt der Finanzsektor in Liechtenstein 24 Prozent zum Bruttoinlandsprodukt bei – es waren schon einmal 30 Prozent. Der Rückgang ist nicht erfreulich, aber für den Wirtschaftsstandort als solches tragbar. Zudem können wir die Wirtschaft breiter aufstellen. Die produzierende Industrie hat deutlich an Gewicht gewonnen. Thyssen Krupp ist mittlerweile der größte Arbeitgeber in Liechtenstein mit mehr als 2000 Mitarbeitern. Das Unternehmen produziert in Liechtenstein als Zulieferer Teile für die deutsche Automobilindustrie.

Ist Liechtenstein denn nicht für die Industrie ein sehr teurer Standort?
Wenn man rein auf die Lohnkosten schaut, ist das in der Tat so. Allerdings gibt es ansonsten für Unternehmen sehr gute Rahmenbedingungen. Dazu gehören unsere liberale Gesetzgebung ebenso wie der jahrzehntealte soziale Frieden und das ohne Gewerkschaften. Es gab bei uns zum Beispiel noch nie Streiks.

Bedeuten liberale Gesetze auch, dass die Unternehmen weniger Steuern zahlen?
Ja, das Steuersystem ist sehr einfach. Die Unternehmenssteuer liegt pauschal bei 12,5 Prozent. Davon profitiert die Wirtschaft in Liechtenstein.

Adolf E. Real (61) ist Präsident des Liechtensteinischen Bankenverbands. Das Amt füllt er in Teilzeit aus. In der übrigen Zeit leitet er eine Beratungsfirma und coacht Führungskräfte. Bis 2009 war Real Chef der VP Bank, dem drittgrößten Geldinstitut Liechtensteins. Damals trat er aufgrund unterschiedlicher Auffassungen über die Strategie zurück. Liechtenstein galt wie die Schweiz lange als Steueroase. Vor allem über die dort ansässigen Stiftungen sollen Deutsche immer wieder Gelder vorm Fiskus versteckt haben – zum Beispiel auch Ex-Post-Chef Klaus Zumwinkel.

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