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Die Böklunder Plumrose GmbH & Co. KG sowie die Könecke Fleischwarenfabrik GmbH & Co. KG gibt es nicht mehr, seit die Zur Mühlen-Gruppe konzernintern umstrukturiert hatte.

© imago/Rüdiger Wölk

Bundeskartellamt entgehen 128 Millionen: Clemens Tönnies entkommt durch die "Wurstlücke"

Der Fleischkonzern muss 128 Millionen Euro Buße für Preisabsprachen nicht zahlen. Das Bundeskartellamt muss sich wegen einer Lücke im Gesetz geschlagen geben.

Von Ronja Ringelstein

Das Bundeskartellamt musste sich gegen zwei Tochtergesellschaften des Fleischfabrikanten Clemens Tönnies geschlagen geben. Wie das Amt am Mittwoch mitteilte, entfallen Bußgelder in Höhe von 128 Millionen Euro, die entsprechenden Verfahren wurden eingestellt. Grund ist, dass es die beiden Gesellschaften, Böklunder Plumrose GmbH & Co. KG sowie die Könecke Fleischwarenfabrik GmbH & Co. KG, gegen die sich die Bußgeldbescheide richteten, nicht mehr gibt. Nach einer konzerninternen Umstrukturierung der Zur-Mühlen-Gruppe sind sie erloschen.

Die "Wurstlücke" im Gesetz

Das westfälische Familienunternehmen Tönnies gehört zu den größten Schlachtbetrieben Deutschlands. 2014 verhängte das Bundeskartellamt wegen Preisabsprachen Bußgelder gegen 21 Wursthersteller und 33 verantwortlich handelnde Personen. Die beiden Tönnies-Tochterfirmen aber wurden nach Erhalt des Bußgeldbescheides aus dem Handelsregister gelöscht und Vermögensgegenstände auf andere Gesellschaften der Zur-Mühlen-Gruppe übertragen. Tönnies bestreitet dies allerdings, wie die Deutsche Presse-Agentur berichtet: Die Umstrukturierung habe bereits vor Eingang des Bescheids begonnen. Jedenfalls war sie erfolgreich für Tönnies.
Andreas Mundt, Präsident des Bundeskartellamtes, bedauerte den Ausgang des Verfahrens: „Wir hätten dieses Ergebnis gerne vermieden.“ Dass eine solche Umstrukturierung überhaupt möglich ist, liegt an der seit dem Wurstkartell im Jahr 2014 so genannten „Wurstlücke“ – einer Lücke im Gesetz.

GWB-Novelle ist noch nicht in Kraft

Das bereits 2013 überarbeitete Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen (GWB) soll durch die neunte Novellierung auch diese Lücke endlich schließen. Das Bundeskabinett hat im September einen vom Bundeswirtschaftsministerium vorgelegten entsprechenden Entwurf verabschiedet. Dieser sieht die Einführung einer unternehmensbezogenen Sanktion vor, wie es sie im europäischen Recht bereits gibt. Die Verantwortlichkeit für Kartellrechtsverstöße soll sich auf rechtliche und wirtschaftliche Nachfolger der Gesellschaft sowie auf die lenkende Konzernmutter erstrecken. Noch ist die GWB-Novelle nicht in Kraft. Wie ein Sprecher der Kartellamtes mitteilt, stehen noch weitere Verfahren aus, bei denen sich Konzerne neu strukturiert hätten, nachdem sie entsprechende Bescheide erhalten hatten. Auch hier stehen Bußgelder in Millionenhöhe aus. Wie viele das seien, sagte er nicht. Bereits 2013 hatte das Bundeskartellamt darauf hingewiesen, dass die Gesetzeslücke dies ermögliche.

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