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Allein auf weiter Flur. Die Deutsche Post dominiert nach wie vor den Briefmarkt in Deutschland. Doch der Vorsprung auf die Wettbewerber schmilzt.

© Sebastian Kahnert/dpa

Briefzustellung: Wenn die Post nicht kommt

In Modellversuchen verzichten Kunden der Deutschen Post freiwillig auf die tägliche Lieferung von Briefen. Macht das jetzt Schule?

Von Laurin Meyer

Der Blick in den Briefkasten kann manchmal ganz schön lästig sein. Etwa, wenn er mit bunten Werbeprospekten überquillt. Oder, wenn es wieder einmal nur Rechnungen gibt. Lästig kann es aber auch sein, wenn der Postbote die sehnsüchtig erwarteten Briefe gar nicht mehr regelmäßig einwirft.

Für manche Kunden der Deutschen Post gehört letzteres nun fest zum Alltag – zumindest für ein paar Monate. Denn wie in der vergangenen Woche bekannt wurde, experimentiert das Unternehmen seit Juli mit neuen Modellen bei der Briefzustellung. In einem Pilotprojekt können Kunden wählen, ob sie ihre Post als Sammelzustellung an einem oder an drei Tagen in der Woche erhalten möchten. Und wer Briefe wie üblich an jedem Werktag bekommen will, der muss sie sich zum Arbeitsplatz liefern lassen. Was der Test im Ergebnis bringen wird, scheint offen. Er soll noch bis zum Ende des Monats andauern.

Eine Verordnung regelt den Rhythmus der Zustellung

Viele Kunden sind irritiert. Sie fragen sich: Kommen alle Briefe bald nur noch einmal pro Woche? Doch so leicht umstellen, kann die Deutsche Post ihren Rhythmus aber nicht. Wie schnell und wie oft Briefe zugestellt werden müssen, regelt eine Verordnung – die sogenannte Postuniversaldienstleistungsverordnung, kurz PUDLV. Sie soll gewährleisten, dass hierzulande jeder Bürger auch in den ländlichsten Regionen mit Postdiensten versorgt wird. Daran halten müssen sich die Unternehmen, die Universaldienstleistungen anbieten – also auch die Deutsche Post. Demnach muss das Unternehmen durchschnittlich 80 Prozent aller Briefe am ersten Werktag nach dem Einwurf austeilen, am zweiten Werktag sollen mindestens 95 Prozent der Briefe in den Briefkästen der Empfänger landen. Außerdem steht in der Verordnung geschrieben: „Die Zustellung hat mindestens einmal werktäglich zu erfolgen.“

Genau das bleibt den Testkunden der Deutschen Post nun verwehrt. Ärger bekommt das Unternehmen dafür aber nicht. Die Testpersonen nehmen nämlich freiwillig teil. In Hessen und Nordrhein-Westfalen hätten 18 Briefträger nach Kunden gesucht, die auf eine tägliche Zustellung verzichten und sich stattdessen für eines der Pilot-Modelle entscheiden würden.

Beschwerden bei der Netzagentur häufen sich

Regelmäßig leere Briefkästen – das kennen allerdings nicht nur die Testpersonen der Post. Auch manche regulären Kunden scheinen davon häufig betroffen zu sein. Das zeigen zumindest die Beschwerdezahlen. Jahr für Jahr melden sich immer mehr Kunden bei der Bundesnetzagentur, die unregelmäßige Zustellungen oder verschütt gegangene Briefe beklagen. Die Behörde in Bonn ist dafür verantwortlich, die gesetzlich festgelegte Grundversorgung sicherzustellen. In besonders harten Fällen schlichtet die Bundesnetzagentur zwischen Kunden und Anbietern, sofern sich diese nicht selbst einigen können. Im vergangenen Jahr sind über alle Postdienstleister und Produkte hinweg knapp 4000 Beschwerden bei der Bundesnetzagentur eingegangen – 20 Prozent mehr als noch im Jahr 2015. Das geht aus dem aktuellen Jahresbericht der Behörde hervor. In 57 Prozent aller Fälle haperte es bei der Briefzustellung. Die Kunden bemängelten dabei, vor allem an Montagen und Samstagen gar keine oder nur eingeschränkt Briefe bekommen zu haben. Ebenfalls klagten Verbraucher häufig darüber, dass über mehrere Tage hinweg keine Post im Briefkasten landete. Beschwerden zur Briefzustellung richteten sich überwiegend gegen die Deutsche Post, die den Markt nach wie vor dominiert. Über 13 Milliarden Briefsendungen wickelte das Unternehmen nach Schätzungen der Bundesnetzagentur im vergangenen Jahr ab. Das ist ein Marktanteil von etwa 84 Prozent.

Marktforscher im Auftrag der Post

Ob die Deutsche Post die Vorgaben zur Pünktlichkeit einhält, muss laut Gesetz ebenfalls die Bundesnetzagentur kontrollieren. Das macht die Behörde jedoch nicht anhand eigener Tests. Sie verlässt sich stattdessen auf Zahlen, die ein Hamburger Martkforschungsinstitut erhebt – und dafür von der Deutschen Post beauftragt wurde. Das bestätigte ein Sprecher der Bundesnetzagentur auf Anfrage.

Die Methode des Instituts ist vom Tüv Rheinland zertifiziert, die regionale Verteilung der versendeten Briefe wie auch die Briefformate seien nach eigenen Angaben dem realen Briefaufkommen nachgestellt. Das soll faire Bedingungen gewährleisten. Um die Laufzeiten zu messen, verschickt das Institut mithilfe von Partnern jährlich mehr als 700000 Briefe. Zu diesen Partnern gehören Firmen, aber auch Privathaushalte. Die Bundesnetzagentur bekomme dann Zugriff auf die Rohdaten der Messung und prüft die Zahlen nach, erklärt ein Sprecher. Infos zur Anzahl der Poststellen und Briefkästen erhalte die Behörde direkt von der Deutschen Post. Beim Deutschen Verband für Post, Informationstechnologie und Telekommunikation (DVPT) sieht man das kritisch. „Die Deutsche Post bezahlt ein Unternehmen, um Tests durchführen zu lassen“, sagt Serkan Antmen vom DVPT. Damit keine Skepsis aufkomme, sollte besser wieder die Bundesnetzagentur selbst testen. meint er. Noch bis zum Jahr 2004 hatte die Behörde tatsächlich eigene Messungen vorgenommen, musste dies aber nach einer Kritik des Bundesrechnungshofs einstellen.

In Berlin vor allem Probleme bei der Paketzustellung

Auch ohne eigene Tests ist der Bundesnetzagentur aufgefallen: Während die Berliner im vergangenen Jahr überwiegend Probleme bei der Paketzustellung hatten, kamen aus Hamburg vor allem Beschwerden zur Briefzustellung, besonders im Herbst. Darin beklagten Kunden immer wieder, längere Zeit keine Briefe von der Deutschen Post bekommen zu haben – wie auch schon im Vorjahr. Als Grund nannte die Post damals hohe Krankenstände und ein unerwartet hohes Aufkommen. Einen Anlass, aktiv zu werden, sah die Bundesnetzagentur darin aber nicht. „Trotz dieser Unregelmäßigkeiten ist das Grundversorgungskriterium über das gesamte Bundesgebiet gesehen erfüllt“, heißt es im Jahresbericht der Behörde. Und auch die gesetzlichen Laufzeitvorgaben seien eingehalten worden.

Das Problem aus Sicht des Verbrauchers: Die Quoten für die Laufzeiten muss die Deutsche Post laut Verordnung im Jahresdurchschnitt erfüllen. Zeitweise länger dauernde Zustellungen sind also von der Verordnung gedeckt. Warum und wie häufig manche Kunden auf ihre Briefe warten müssen, ließ die Deutsche Post auf Anfrage unbeantwortet. Nach eigenen Angaben seien die Prozesse aber darauf ausgelegt, 95 Prozent der Briefe am ersten Werktag nach dem Einwurf zuzustellen.

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