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Die Zukunft fest im Blick: Dieser Auszubildende zum Gleisbauer hat seinen Platz gefunden.

© dpa

"Blicksta" startet: Arbeitgeber gründen Onlineplattform für Berufswahl

App in die Ausbildung: Ein neues Onlineangebot von Bertelsmann, Coca-Cola, der Deutschen Telekom und anderen Unternehmen soll Schülern bei der Berufsorientierung helfen.

Von Maris Hubschmid

Erst mal das Abi schaffen – und dann? Was mit Medien machen? Mit Menschen arbeiten? Oder ganz egal was tun, Hauptsache, Chef sein? 30 Prozent aller Studiengänge werden abgebrochen, auch jeder vierte Auszubildende wirft vorzeitig hin. Schulabgänger haben in Deutschland häufig keine Ahnung, was sie nach dem Abschluss anfangen wollen. Mehr als 1,3 Millionen junge Menschen im Alter zwischen 20 und 29 Jahren können überhaupt keine Berufsausbildung vorweisen. Ein Arbeitskräftepotenzial, das ungenutzt ist – und Lebenswege, die erfüllter verlaufen könnten.

Die Medienfabrik Gütersloh, ein Unternehmen des Bertelsmann-Dienstleisters Arvato, hat jetzt ein Online-Angebot entwickelt, das Jugendlichen die Orientierung erleichtern soll. „Blicksta“ will helfen, Interessen und Stärken zu erkennen und einen Einstieg in die Berufswelt zu finden. Wesentlicher Bestandteil sind umfangreiche, von Wissenschaftlern erarbeitete Fragenkataloge – „Persönlichkeits-, Interessen- und Leistungschecks“ genannt. Möchte ich schnell eigenes Geld verdienen? Kann ich andere gut von meinen Ideen überzeugen? Die Anwendungen sind unkompliziert, klar in der Sprache und ansprechend designt. Am Ende listet Blicksta Berufsporträts, Erfahrungsberichte und Stellenangebote auf.

Berufsorientierung soll als Schulfach eingeführt werden

Gero Hesse, Initiator der Plattform, hat selber Kinder im Teenageralter. „Überspitzt kann man sagen: Viele Schulen haken es damit ab, dass sie alle Zehntklässler mal mit einem Bus zum nächsten Berufsinformationszentrum karren, wo sie an Windows-95-Rechnern Häkchen setzen und am Ende lesen, sie sollten Förster werden“, sagt er. „Die Berufswahl ist komplexer“, unterstreicht auch Thomas Sattelberger, ehemaliger Personalvorstand der Deutschen Telekom. Er sprach sich auf der Blicksta-Auftaktveranstaltung dafür aus, Berufsorientierung als festes Schulfach über ein bis zwei Jahre im Lehrplan zu installieren. Die Telekom ist wie Bertelsmann, Coca-Cola und der Zentralverband des Deutschen Handwerks Gründungsmitglied der Initiative. Zu den weiteren Partnern gehören Peek & Cloppenburg, die Deutsche Bank, die Post und Lidl. Alle Unterstützer erhoffen sich, mit Blicksta auch auf sich als Arbeitgeber aufmerksam zu machen – und mit jungen Menschen in Kontakt zu treten, die wirklich zu ihren Anforderungen passen.

„Jedem Einzelnen gerecht zu werden, ist in einem großen Unternehmen nicht immer möglich“, sagt Tanja Hofer, die das Talentmanagement bei Coca-Cola leitet. Umso wichtiger sei es, dass junge Menschen schon vor der Ausbildungswahl ein Gespür dafür entwickelten, was sie wirklich können und wollen.

Akademikerlaufbahnen sind nicht das A und O

Eine siebenstellige Summe haben die Unternehmen und Verbände den Angaben nach gemeinsam in Blicksta investiert. Holger Schwannecke vom Handwerksverband wünscht sich, dass auch die Attraktivität von Berufsausbildungen damit wieder wächst. „Stammhauskarrieren in Unternehmen wie Siemens oder Daimler sind heute akademisiert. Die Leistungsfähigkeit einer Volkswirtschaft bemisst sich aber nicht am Grad ihrer Akademisierung“, kritisiert er.

Hans-Ulrich Heiß, Vizepräsident für Lehre und Studium an der TU Berlin meint: „Wir alle stehen im Wettbewerb um die besten Talente.“ Träfen junge Menschen für sich aber die falschen Entscheidungen, profitiere niemand davon.

Alle Beteiligten hoffen, dass Blicksta als innovativer, ganzheitlicher Ansatz einen Beitrag leistet, die Lust der Jugend auf die eigene Zukunft zu fördern. Als der „Zukunftsentscheidungsvereinfacher“, der den Nachwuchs in seiner Lebenswelt abholt. Ab September soll das Angebot auch als App verfügbar sein.

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