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Liam Condon leitet die Sparte Crop Science von Bayer.

© promo

Bayer-Manager Liam Condon: Bayer ist zuversichtlich für Monsanto-Übernahme

Liam Condon, Leiter der Agrarsparte von Bayer, über die Bedeutung von Donald Trump, die Fusion mit Monsanto und die Zukunft der Landwirtschaft.

Herr Condon, im September hat Bayer den Kaufvertrag für den US-Saatgutkonzern Monsanto unterschrieben. Wie kommt die Übernahme voran?
Gut! Nach der Vertragsunterzeichnung und der Zustimmung der Monsanto-Aktionäre geht es nun um regulatorische Meilensteine - der Prozess ist in vollem Gange. In den USA haben wir unsere Anmeldung bei den Kartellbehörden bereits eingereicht, bei der Europäischen Kommission planen wir dies im ersten Quartal zu tun.
Rechnen Sie nach wie vor mit einem Geschäftsabschluss in diesem Jahr?
Ja, davon gehen wir aus.
Die USA, wo die Firmenzentrale von Monsanto liegt, haben einen neuen Präsidenten. Welche Rolle spielt Donald Trump mit Blick auf die Fusion?
Bayer ist schon seit mehr als 150 Jahren in den USA vertreten, also deutlich länger als Monsanto existiert. Wir haben Standorte in 25 Bundesstaaten und beschäftigen in dem Land mehr als 12000 Mitarbeiter. Wir sind also sehr zuversichtlich, was unsere Präsenz und unser Geschäft in den USA anlangt.
Die Chefs von Bayer und Monsanto haben sich vor einigen Wochen mit Donald Trump getroffen. Sie wollen Tausende Jobs in den USA schaffen. Was wurde noch besprochen?

Es war ein produktives Gespräch, bei dem es um die Zukunft der Agrarwirtschaft ging und die Notwendigkeit von Innovationen.
Das Hauptgeschäftsfeld von Monsanto ist gentechnisch verändertes Saatgut, das vor allem in Europa umstritten ist. Wie stehen Sie als Vorstand von Bayers Agrarsparte?

Gentechnisch veränderte Pflanzen sind sicher für Mensch und Umwelt - das sagen auch die Zulassungsbehörden. Lieder gibt es viele Falschinformationen zu dem Thema. Auch deswegen hat die Gentechnik in Europa einen schlechten Ruf. Interessanterweise gibt es diese Diskussion in der Medizin überhaupt nicht, weil da der heilende oder gar lebensrettende Nutzen eines Medikaments für den Kranken im Vordergrund steht, nicht die Herstellungsform. Ich persönlich sehe in der Gentechnik viel Potenzial. Wenn die Gesellschaft und die Politik in Europa gentechnisch verändertes Saatgut aber nicht möchten, dann akzeptieren wir das, auch wenn wir inhaltlich anderer Meinung sind.

Heißt das, dass der europäische Markt auch in Zukunft weitgehend frei bleiben wird von gentechnisch veränderten Pflanzen?
Wir von Bayer entwickeln kein genmodifiziertes Saatgut für Europa und wir wollen Monsanto nicht übernehmen, um Gen-Pflanzen in Europa zu etablieren. Die wichtigere Diskussion ist, wie man mit den neuen Züchtungstechnologien umgeht. Dies haben das Potenzial, die Erträge in nachhaltiger Weise deutlich zu erhöhen und gleichzeitig den Einsatz natürlicher Ressourcen zu schonen.

Sie sprechen von Genedittierung etwa mit Crispr/Cas…
Ja. Mit neuen Methoden wie Crispr/Cas wird das Erbgut in der Pflanze gezielt verändert, um die gewünschten Eigenschaften wie zum Beispiel Pilz-Resistenz zu erzielen. Im Regelfall könnte eine so erhaltene Pflanze grundsätzlich auch in der Natur entstehen. Deshalb gibt es aus unserer Sicht keinen Grund, solche Pflanzen unter die Gentechnikgesetzgebung einzuordnen - so lange keine Gene aus anderen Organismen oder von nicht kreuzbaren Arten eingeführt werden. Übrigens werden diese neuen Züchtungsverfahren nicht nur von uns, sondern auch von einigen Vertretern des ökologischen Landbaus gebrüßt und finden auch bei Wissenschaftlern hohe Anerkennung. Wir sollten die Chancen dieser Technologien in Europa nutzen.
Wie sieht das Saatgut der Zukunft aus?
Die Herausforderungen sind enorm: 2050 werden knapp drei Milliarden Menschen mehr als heute auf der Erde leben, die zu ernähren sind. Das verfügbare Ackerland pro Kopf nimmt aber ab. Wir müssen also auf der vorhandenen Fläche mehr Nahrung produzieren. Durch den Klimawandel wird es zudem schwierig, den heutigen Status Quo bei der Produktivität aufrecht zu erhalten, denn es wird trockener und wärmer werden. Hinzu kommt: Viele natürliche Ressourcen werden noch knapper - etwa Wasser.
Was bedeutet das mit Blickt auf die Pflanzen?
Sie werden viel mehr Stressfaktoren aushalten müssen, als es heute schon der Fall ist. Ein großes Thema für uns ist daher, Saatgut widerstandsfähiger zu machen, so dass es auch in Dürre- und Überflutungsgebieten gedeiht. Das Wetter neigt ja immer mehr zu Extremen. Die Erträge müssen dennoch zunehmen - und zwar auf nachhaltige Weise, ohne die Umwelt oder Biodiversität zu beeinträchtigen.
Wie weit ist Bayer auf dem Gebiet in der Forschung und was kann Monsanto beisteuern?
Beide Unternehmen ergänzen sich sehr gut. Bayer ist zum Beispiel stark bei der Forschung und Entwicklung im Pflanzenschutz, Monsanto beim Saatgut. Vor allem in der Biotechnologie ist Monsanto sehr fortgeschritten. gemeinsam werden wir schneller bessere Lösungen für die Landwirte entwickeln können.
Woran forscht Bayer ganz konkret?
Nehmen Sie das Beispiel Raps, ein sehr wichtiger Rohstoff sowohl in den USA als auch Europa. Wir haben neue Hybridsorten entwickelt, die wesentlich ertragreicher und widerstandsfähiger sind als herkömmliches Saatgut. Die Pflanzen haben neue Eigenschaften, die nicht auf Genmodifizierung basieren und etwa dafür sorgen, dass der Anteil an ungesunden Trans-Fettsäuren im Öl zum Frittieren gesenkt wird.
Nach welchen Kriterien entscheiden Sie, welche Technologie bei neuen Produkten zum Einsatz kommt?
Wir schauen uns an, was funktioniert und am effektivsten ist. Natürlich muss es sicher sein und vom Markt akzeptiert werden. Wenn alle Kriterien gegeben sind, fangen wir mit der Entwicklung an.
Wie lange dauert es, ein neues Produkt auf den Markt zu bringen?
Im Schnitt rechnen wir im Bereich Saatgut je nach Kultur mit etwa zehn bis 15 Jahren für die Entwicklung einer neuen Sorte. Pflanzen mit den gewünschten Eigenschaften werden in einem aufwändigen Prozess gesichtet, gekreuzt, selektiert und in Feldversuchen erprobt. Ist ein geeigneter Kandidat gefunden, folgt die amtliche Prüfung und damit die Sortenzulassung sowie die Erteilung des Sortenschutzes. Bei Pflanzenschutzmitteln dauert es ähnlich lang. Hier sprechen wir von zehn bis 14 Jahre und rund 250 Millionen Euro. Erst wenn die Sicherheit eines Produktes für Mensch und Umwelt umfassend getestet und belegt wurde, wird es zugelassen und darf verkauft werden.
Apropos Pflanzenschutz: Bundesumweltministerin Barbara Hendricks hält die Wahrung der biologischen Vielfalt in der Landwirtschaft für unerlässlich. Steht der Einsatz von Totalherbiziden wie Glyphosat dem nicht völlig entgegen?
Wir setzen uns sehr dafür ein, dass die Artenvielfalt gefördert wird. So haben wir beispielsweise so genannte Forward Farms entwickelt. Das sind Höfe, auf denen wir mit unabhängigen Landwirten kooperieren, die besonders nachhaltig wirtschaften. Besucher können dort Maßnahmen zur Förderung der Biodiversität in der konventionellen Landwirtschaft sehen - etwa das Anlegen von Blühstreifen für Bestäuberinsekten bis hin zu Ausgleichsflächen. Der Schutz der Artenvielfalt muss nicht zulasten der Wirtschaftlichkeit gehen.
Wie steht es um die Vielfalt beim Saatgut? Schließlich entstehen in der Branche immer mehr große Player mit immer mehr Marktmacht.
Im Moment gibt es tausende Saatgutunternehmen auf der Welt, mehr als 100 davon in Deutschland. Sie alle stehen in Konkurrenz zueinander. Die Saatgutsparte von Bayer repräsentiert weniger als vier Prozent des gesamten Saatgutgeschäftes, Monsanto ist führend bei Mais und Soja. Kulturen, für die Bayer im Fall von Mais kein und im Fall von Soja nur in ganz untergeordneten Mengen Saatgut anbietet. An der relativen Konzentration auf dem gebiet wird sich also durch den Zusammenschluss der beiden Unternehmen kaum etwas verändern.
Bayer und Monsanto wollen Vorreiter beim Digital Farming sein. Was dürfen wir uns darunter vorstellen?
Wir befassen uns zum Beispiel mit der Frage, wie man die Unkrautentwicklung mit digitalen Methoden besser in den Griff bekommen kann. Auch Schädlinge und Infektionen lassen sich mithilfe der Digitalisierung schneller und präziser erkennen und bekämpfen als bisher.
Ein Beispiel, bitte!
Es geht um Diagnostik und Therapie. Satellitenbilder vom Feld beispielsweise können Aufschluss über aufkeimende Krankheiten geben, weit bevor der Landwirt davon Kenntnis erlangt. Wir können dann genaue Empfehlungen geben, welcher Teil des Feldes etwa mit Pilzmitteln besprüht werden muss. Die Digitalisierung kann also auch der Nachhaltigkeit dienen: Sie kann dafür sorgen, dass auf den Feldern weniger Pflanzenschutzmittel gespritzt werden müssen oder diese gezielter eingesetzt werden können. Die Technologie ist heute vorhanden, das geht alles. Es ist nur eine Frage der Reifung der Produkte. Wie bei jedem digitalisierten Geschäftsmodel braucht man eine bestimmte Menge an Daten, um die Algorithmen treffsicherer zu machen. Wir sind deswegen gerade dabei, unsere Produkte zu verbessern und noch mehr Daten zu sammeln, damit wir den Landwirten gute Handlungsempfehlungen geben können.
Wem gehören die Daten, die Sie für solche Vorhersagen sammeln und wer sorgt dafür, dass sie sicher sind?
Die Informationen gehören dem Landwirt. Wir können sie nur mit Einverständnis des Bauern benutzen und aufbereiten. Zugleich müssen wir gewährleisten, dass die sicher sind. Das ist alles machbar – es gibt mittlerweile genügend Unternehmen, die solche Services anbieten.

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