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Hobbies und die eigenen Interessen werden den Jugendlichen immer wichtiger.

© Guido Schiefer/epd

Ausbildungsstudie: Berufserfolg verliert für junge Menschen an Bedeutung

Die Prioritäten der 15- bis 24-Jährigen haben sich verschoben. Unabhängigkeit und Selbstverwirklichung gewinnen an Stellenwert.

Von Laurin Meyer

Berlin - Erfolg im Beruf und eine steile Karriere? Junge Menschen in Deutschland setzen in ihrem Leben eher andere Prioritäten. Das zeigt die mittlerweile dritte McDonald´s-Ausbildungsstudie, die das Unternehmen beim Institut für Demoskopie Allensbach (IfD) in Auftrag gegeben hat. Demnach definieren sich immer weniger junge Menschen im Alter zwischen 15- und 24 Jahren über den Job. So halten nur noch 37 Prozent der Befragten Erfolg im Beruf für „sehr wichtig“. Das sind sechs Prozent weniger als noch vor vier Jahren.

„Der Beruf als Vehikel, um zufrieden zu sein, verliert an Bedeutung“, sagte IfD-Geschäftsführerin Renate Köcher, die die Studie am Dienstag in Berlin vorstellte. Stattdessen würden Unabhängigkeit und Selbstverwirklichung wichtiger. 44 Prozent der Befragten wollen etwa ihre Hobbies und Interessen ausleben. Das sind acht Prozent mehr als noch im Jahr 2013. Jeder Zweite hält es für „sehr wichtig“, das Leben zu genießen und Spaß zu haben.

Eine Sache ist beim Freizeitgenuss kaum noch wegzudenken: das Internet. Der Stellenwert von Sozialen Netzwerken im privaten Bereich ist über die vergangenen vier Jahre noch einmal gewachsen. Insgesamt begreift die überwiegende Mehrheit der jungen Menschen die Digitalisierung als Chance. So ist rund jeder zweite überzeugt von positiven Effekten: Digitale Technologien bringen der Gesellschaft mehr Vor- als Nachteile. Gut jeder Dritte erwartet bessere berufliche Möglichkeiten. Dass sich die junge Generation vor der Digitalisierung fürchte, sei ein Irrglaube aus Teilen der Politik, sagt Köcher. „Das ist ein Minderheitenphänomen, allemal bei den jungen Menschen.“ Die Meinungsforscherin warnte jedoch davor, die Auswirkungen der Digitalisierung zu unterschätzen. Die Mehrheit der jungen Menschen sehe nicht, dass die Digitalisierung auch Berufe verändern könne. Den Beruf der Kassiererin werde es in einigen Jahren vermutlich nicht mehr geben, sagte Köcher.

Immerhin eine Grenze bei der Digitalisierung ziehen die meisten aber – nämlich dort, wo sie auch nach Feierabend noch über das Smartphone oder per E-Mail beruflich erreichbar sein müssen.

Die junge Generation in Deutschland zeigt sich insgesamt außerordentlich zufrieden mit ihrem Leben. Auf einer Skala von null (überhaupt nicht zufrieden) bis zehn (völlig zufrieden) ordneten sich 35 Prozent der Befragten auf der Stufe acht ein, jeweils 20 Prozent auf Stufe sieben und Stufe neun. „Das ist im Moment etwas Besonderes“, sagte Köcher „und hat mit dem positiven Trend auf dem Arbeitsmarkt zu tun.“ In anderen europäischen Ländern wie Frankreich und Italien zeige sich derzeit das Gegenteil. Das bedeute jedoch nicht, dass die Jugend hierzulande frei von Ängsten sei. Diese hätten den Umfrageergebnissen zufolge aber immer stärker einen privaten Hintergrund. So macht sich jeder Zweite manchmal Sorgen darüber, schwer zu erkranken, mehr als jeder Dritte hat Angst, seinen Freundeskreis zu verlieren. Hingegen befürchtet nur jeder fünfte unter 25-Jährige gelegentlich, keinen Ausbildungs- oder Studienplatz zu finden.

Das verwundert kaum, schließlich sind die Möglichkeiten auf dem Arbeitsmarkt für viele so groß wie nie. Paradox: Genau das scheint jedoch viele zu überfordern. So findet es ein Großteil viel schwieriger als früher, Entscheidungen über die berufliche Zukunft zu treffen. Jeder vierte Schüler hat noch keine konkrete Vorstellung vom Leben nach der Schulzeit. Die Erwartungen vieler Jugendlicher: Hierbei soll ihnen die Schule helfen. 40 Prozent der Schüler wünschen sich mehr Unterstützung von Lehrern. Zugleich fühlen sich immer weniger durch die Schule gut über Berufsmöglichkeiten informiert.

Besserung sehen die Meinungsforscher auch bei den Aufstiegserwartungen von jungen Menschen – insbesondere in den unteren sozialen Schichten. Während im Jahr 2013 nur 40 Prozent aus einfachen Verhältnissen gute Aufstiegschancen sahen, sind es in diesem Jahr 55 Prozent. Das scheint viele Jugendliche zugleich zu motivieren. Die Mehrheit ist der Auffassung, dass sich Leistung lohne.

Der Jugendforscher Klaus Hurrelmann von der Hertie School of Governance warnte jedoch: „Wir haben nach wie vor eine Kluft, die sich entlang der sozialen Herkunftsgrenzen bilde.“ Den Jugendlichen ohne Schulabschluss gehe es heute noch schlechter als vor 20 Jahren. Es bleibe ein deutlicher Anteil an „Statusfatalisten“ übrig, sagt Hurrelmann, die nicht vergessen werden dürften.

Selbstverwirklichung statt Berufserfolg – die jungen Menschen würden die Unternehmen mit ihren Lebensvorstellungen vor neue Herausforderungen stellen. „Da kommt eine Generation mit Selbstbewusstsein und Motivation, aber auch mit vielen Komfort-Zonen“, sagte Hurrelmann. Viele Jugendliche würden schon kleinste Kritik schlecht vertragen und beendeten häufig Ausbildung oder Studium vorzeitig.

Für die Ausbildungsstudie 2017 hat das Allensbach-Institut knapp 1500 junge Menschen im Alter zwischen 15- und 24 Jahren befragt. Es ist der dritte Report nach 2013 und 2015.

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