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Abu Dhabi: Öko-Stadt Masdar geht das Geld aus

Masdar City ist ein ökologisches Märchen aus Tausend-und-einer-Nacht. 45 000 Menschen sollen dort einmal leben - klimaneutral. Doch dem Projekt fehlen die Investoren.

Kairo - Die geschwungenen Dächer tragen Solarzellen. Die orange-roten Wohnblocks erinnern mit ihren Rundungen an traditionelle arabische Siedlungen. Überall Gassen und Innenhöfe, die Bebauung ist bewusst eng geplant, um möglichst viel Schatten zu erzeugen. Selbst die Kühlung durch traditionelle Windtürme soll wieder aufleben. Uralte Erfahrungen, modernste Technik und futuristische Architektur – das sind die Zutaten für dieses ökologische Märchen aus Tausend-und-einer-Nacht. 45 000 Menschen sollen einmal in Masdar City leben. Zur Arbeit gelangen sie zu Fuß, per Fahrrad oder mit fahrerlosen, spurgebundenen Elektrotaxis im Untergrund. Eine Stadt ohne Autos, Treibhausgase und Müllberge, so lauten die vollmundigen Ankündigungen ihrer Macher aus Abu Dhabi. 18 Milliarden Euro will das Golfemirat investieren, um sich als globaler Vorreiter für Umwelt- und Klimatechnik zu etablieren. Doch jetzt wachsen Zweifel, ob sich die hochfliegenden Pläne jemals werden realisieren lassen.

Als Kronprinz Muhammad ibn Zayid Al Nahyan im Februar 2008 den Grundstein für die Mustersiedlung legte, sollte alles bis 2016 fertig sein. Zweimal wurde der Masterplan seither bereits abgespeckt. Am vergangenen Wochenende überraschten die Verantwortlichen dann mit der Ankündigung, nun sei 2025 als Endpunkt ins Auge gefasst. Auch sollen die Eigenversorgung mit Trinkwasser, die Stromversorgung durch erneuerbare Energien sowie das unterirdische Transportsystem auf einen Kernbereich reduziert werden, erläuterte ein Sprecher des Generalunternehmers „Abu Dhabi Future Energy Company“. Ausgelöst durch die Krise im benachbarten Dubai fallen die Preise für Büro- und Wohngebäude in der Region. Und trotzdem werden immer neue Wolkenkratzer fertig, die niemand mehr braucht. So fehlt es Masdar City an Investoren und vor allem an potenziellen gewerblichen Mietern für die 1500 geplanten Sitze von Ökofirmen. Im März nahmen bereits zwei führende Köpfe des Projekts ihren Hut, die Chefs von Masdar Energie und Masdar Immobilienentwicklung.

Um die wachsende Schar der Skeptiker zu beruhigen, wurde dieser Tage nun demonstrativ im ersten Pionierbau der Ökostadt gefeiert, dem bereits in Teilen fertigen „Masdar Institute of Science and Technology“. Das Zentrum für „alternative Energie und Umwelttechnik“ arbeitet seit 2009 und nahm jetzt den zweiten Jahrgang von Studenten auf. Kooperationspartner und Vorbild ist das „Massachusetts Institute of Technology (MIT)“ in Boston, das seit Jahrzehnten zu den besten akademischen Adressen der Welt gehört. „Wir haben eine Weltklasse-Fakultät, die sich der größten Herausforderungen unserer Zeit annehmen kann – dem Klimawandel und der Energiesicherung“, bekräftigte der Chef des staatlichen Bauträgers, Sultan Al Jaber, in seiner Festrede. 43 000 Quadratmeter groß soll der Vorzeigecampus einmal sein. Bei den bisher fertigen Gebäuden wurde der Energieverbrauch nach Angaben der britischen Architekten um 51 Prozent gesenkt, der Trinkwasserverbrauch um 54 Prozent – alles kalkuliert im Vergleich zu den üblichen Bauten in den Vereinigten Arabischen Emiraten. Für Kritiker ist das jedoch eine Milchmädchenrechnung. Denn die Emiratis gehören zu den größten Energieverschwendern der Erde, ihr „ökologischer Fußabdruck“ ist Weltrekord. Daran gemessen sind 50 Prozent Energieeinsparung wohl eher eine Selbstverständlichkeit als ein epochaler ökologischer Erfolg.

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