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Der chinesische Milliardär Guo Guangchang ist seit einigen Tagen verschwunden.

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Verschwundener Milliardär: Warum Reiche in China gefährlich leben

Das Verschwinden des chinesischen Milliardärs Guo Guangchang zeigt: In China kann großer Wohlstand bedrohlich sein. Manchmal sogar lebensbedrohlich.

In den meisten Ländern würden sich die Menschen freuen, wenn sie ihren Namen auf einer Liste der reichsten Bürger entdecken würden – nicht so in China. Dort ruft die Entdeckung des eigenen Namens auf der sogenannten Hurun-Liste eher Beklemmung hervor. Zu vielen Superreichen hat diese Liste Pech gebracht, manche von ihnen wurden anschließend in den Staatsmedien angegriffen, manche der Korruption angeklagt, manche zu Haftstrafen verurteilt. „Sha Zhu Bang“ nennt der chinesische Volksmund inzwischen die Hurun-Liste: Die Liste der geschlachteten Schweine.

Guo Guangchang wird auf der aktuellen Hurun-Liste auf Platz 17 geführt. Der Milliardär, dem unter anderem der Club Med, der Cirque du Soleil und die Hamburger Modefirma Tom Tailor gehören, ist laut einem chinesischen Medienbericht seit mehreren Tagen verschwunden. In den sozialen Medien wird das Gerücht kolportiert, wonach der Star-Investor auf einem Flughafen in Schanghai von Polizisten abgeführt worden sei.

Möglicherweise wird gegen Guo Guangchang wegen Korruption ermittelt

Möglicherweise werde gegen ihn wegen Korruption ermittelt oder er muss als Zeuge in einem Korruptionsfall aussagen, berichtet die „South China Morning Post“. Nachdem sein Verschwinden bekannt geworden ist, brachen die Aktienkurse seiner Fosun-Investmentgruppe ein, am Freitag wurde der Handel sogar ausgesetzt. „Wir sind immer noch geschockt, obwohl es in der Vergangenheit ähnliche Gerüchte um ihn gegeben hat“, zitiert die „South China Morning Post“ einen ungenannten Fosun-Mitarbeiter, „Guo ist sehr vorsichtig im Umgang mit der Regierung, er hat uns oft erklärt: Bleibt nahe der Politik dran, aber haltet euch von den Politikern fern.“

Die ehemalige Multi-Millionärin Wu Ying ist 2009 wegen Finanzbetrug zum Tode verurteilt worden, später wurde die Strafe in lebenslang umgewandelt.
Die ehemalige Multi-Millionärin Wu Ying ist 2009 wegen Finanzbetrug zum Tode verurteilt worden, später wurde die Strafe in lebenslang umgewandelt.

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Möglicherweise ist Guo Guangchang dennoch den Politikern zu nahe gekommen. Er könnte das nächste Opfer der Anti-Korruptionskampagne geworden sein, die Chinas Staatspräsident Xi Jinping seit 2012 betreibt. Mehr als 100 000 Menschen sind im Rahmen dieser Kampagne bereits verhaftet worden, darunter Zhou Zhengyi, der elftreichste Mann des Landes. Zudem sucht die Regierung nach dem Absturz der Aktienkurse in diesem Jahr nach Schuldigen, was unlängst dem Hedgefondsmanager Xu Xiang zum Verhängnis wurde. Dem mehrfachen Millionär wird nun „betrügerischer Aktienhandel“ vorgeworfen.

Schon vor der Anti-Korruptionskampagne lebten Chinas Superreiche gefährlich

Doch auch schon vor der Anti-Korruptionskampagne und der Suche nach Schuldigen für den Börsenskandal lebten Chinas Superreiche gefährlich. Das untermauert eine wissenschaftliche Untersuchung der Schanghai Universität. Demnach steigt für Milliardäre mit dem Auftauchen auf der Hurun-Liste die Gefahr, dass gegen ihn ermittelt wird. Simon Lang, wissenschaftlicher Mitarbeiter beim China-Forschungsinstitut Merics, macht im politischen System Chinas, in dem das Primat der Politik gilt, drei Gründe dafür aus, warum die Justiz Ermittlungen gegen Superreiche einleitet. „Besonders prominente Persönlichkeit müssen auf ihr öffentliches Bild achten – sonst besteht die Gefahr, dass ein Exempel statuiert wird.“ sagt China-Experte Simon Lang, „Oder man gehört der falschen politischen Interessensgruppe an.“ Es gebe aber auch Fälle, in denen Anklagen nicht politische motiviert seien. Wie bei Wu Ying.

Der Milliardär Xu Ming stürzte über seine Verbindungen zum Politiker Bo Xilai - und verstarb im Dezember 2015 im Gefängnis im Alter von 44 Jahren.
Der Milliardär Xu Ming stürzte über seine Verbindungen zum Politiker Bo Xilai - und verstarb im Dezember 2015 im Gefängnis im Alter von 44 Jahren.

© Reuters

Die ehemalige Multimillionärin, die 2006 in der Hurun-Liste als sechstreichste Frau Chinas geführt wurde, ist drei Jahre später von einem Gericht in der ostchinesischen Provinz Zhejiang wegen Finanzbetrugs zum Tode verurteilt worden. Diese Strafe wurde 2014 in lebenslänglich umgewandelt. Wu Ying, die aus einfachsten Verhältnissen stammte, hatte ein Schneeballsystem aufgebaut und zahlreiche Anleger um ihr Geld gebracht. Das zunächst unangemessen harte Urteil wurde von Beobachtern als Exempel bewertet, um andere Menschen abzuschrecken.

Der Dollar-Milliardär Xu Ming ist überraschend im Gefängnis verstorben

Den schlimmsten Sturz aber erlebte der Dollar-Milliardär Xu Ming. Der ehemaligen Nummer acht der Hurun-Liste verhalfen seine guten Beziehungen zur Familie des Politikers Bo Xilai in seiner Heimatstadt Dalian zu großem Reichtum. Doch als Bo Xilai 2012 über eine Korruptions- und Mordaffäre stürzte und zu einer lebenslangen Gefängnisstrafe verurteilt wurde, wurde ihm die Nähe zu dem chinesischen Politstar zum Verhängnis. Wegen Korruption wurde auch Xu Ming zu einer Freiheitsstrafe verurteilt. Der Unternehmer, der im nächsten Jahr aus dem Gefängnis freikommen wäre, ist am 4. Dezember überraschend gestorben. Als Todesursache nannten die Behörden einen Herzanfall, was einige Beobachter stutzig machte. Doch Näheres ließ sich nicht mehr herausfinden, seine Leiche ist nur wenige Tage nach seinem Tod verbrannt worden.

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