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Trump und Putin bei ihrem ersten offiziellen Treffen als Präsidenten in Hamburg.

© Reuters/Carlos Barria

USA und Russland: Diplomatenposse im Schatten von Atomraketen

Trump und Putin piesacken sich mit Strafmaßnahmen. Ein Teil davon fällt ins Humoristische, ein anderer Teil ist brandgefährlich. Ein Kommentar.

Ein Kommentar von Christoph von Marschall

Hinter den Kulissen sieht es schrecklicher aus als auf der Bühne. Die Sanktionen gegen diplomatische Vertretungen, mit denen sich Russen und Amerikaner öffentlich piesacken, fallen ins humoristische Fach. Zum Drama dagegen kann der Streit um den Bruch des wegweisenden INF-Abrüstungsvertrags (INF für Intermediate Range Nuclear Forces) werden, der bisher nicht öffentlich ausgetragen wurde. Gar zur Tragödie, wenn sich daran ein neuerliches Aufrüsten anschlösse.

Putin möchte die Rüstungskontrolle los werden

1987 hatten sich die beiden Supermächte auf ein Verbot von Mittelstreckenraketen und Marschflugkörpern mit einer Reichweite zwischen 500 und 5500 Kilometer geeinigt. Er beendete das atomare Wettrüsten in Europa. Insbesondere die Deutschen konnten aufatmen. Ein Atomkrieg zwischen Ost und West hätte ihr Land am schlimmsten verwüstet. Der Streit darüber bringt das Bild vom Kalten Krieg zurück.

Gemessen daran wirkt der Konflikt um Diplomaten und Konsulate niedlich. Er führt gewiss in keinen neuen Kalten Krieg. Vielmehr illustriert er vor allem, dass Russland den USA nicht mehr ebenbürtig ist.

Bei Wirtschaftssanktionen kann Moskau nicht mithalten

Der US-Kongress hat die Wirtschaftssanktionen verschärft, als Reaktion auf Moskaus Aggression gegen Krim und Ostukraine sowie die mutmaßlichen Eingriffe in die US-Wahl. Putin kann nicht mit gleicher Münze antworten. Er hat keine Waren, die die USA brauchen und benötigt Know-how und Investitionen aus dem Westen, um seine marode Wirtschaft zu modernisieren. Also verlangte er, dass die USA die Zahl ihrer Diplomaten in Russland auf die der russischen Diplomaten in den USA verringern.

Das hat den praktischen Nebeneffekt, dass weniger Amerikaner die politische Stimmung in der russischen Provinz beobachten und weniger Russen in Versuchung kommen, US-Kultur attraktiv zu finden. Wie bei der Wirtschaft ist Russland den USA bei der „Soft Power“ unterlegen. Wenn euch so viel an Parität liegt, antworten die USA nun, dann solltet ihr nicht mehr Konsulate bei uns haben als wir bei euch. Putin muss das Konsulat in San Francisco sowie zwei Nebenanlagen in New York und Washington schließen.

In die Abrüstung müssen China und Indien eingebunden werden

Die Gefahr eines neuen Wettrüstens ist von anderem Kaliber: das INF-Drama würde zur Tragödie. Das Atomwaffenarsenal ist wohl der einzige Weltmachtaspekt, bei dem Russland mit den USA mithalten kann. Bilateral lässt sich das Problem aber nicht lösen. Putin will die Beschränkungen des INF-Vertrags loswerden, weil der nur die USA und Russland bindet, nicht aber China und Indien, die Moskau als regionale Konkurrenten betrachtet.

Es ist ein gutes Zeichen, dass Amerika die Nato einbindet, den bilateralen Streit mit Moskau also internationalisiert. Eine multilaterale Abrüstungskonferenz mit China und Indien ist kein leichtes Ziel. Aber vielleicht nicht unmöglich, wenn viele dafür eintreten.

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