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Ausflug an die "Riviera des Ostens". Der Name Müggelsee leitet sich vom indogermanischen "Migh" also Nebel ab.

© imago

Hotel "Spree-Idyll": Wintergefühle am Berliner Müggelsee

Im Sommer ist es schwer ein Zimmer in der 3-Sterne-Unterkunft zu bekommen. Jetzt scheint das ganze Wassersportzentrum Berlin im Winterschlaf zu liegen. Ein Besuch.

Alles schreit hier nach Sommer. Das Wasser, die Boote, die Strandbars. Aber weil der Sommer nun so fern ist, ausgewandert in seligere Gefilde, ist ein Winterschlaf ins Land gezogen. Es schlafen die Boote unter ihren grauen Pelerinen, die Yachten und Kanus, nur manchmal ächzen sie ein bisschen in ihren Träumen, wenn eine Windböe in sie fährt. Es schlafen die Cafés, sie haben ihre Sonnenschirme eingeklappt und die Türen verschlossen. Und auf dem Wasser kräuseln sich lautlos kleine Wellen. Nur manchmal schnalzt eine Ente.

Was für eine Idee, hierher zu kommen, an den Müggelsee, um diese Jahreszeit. Die private Berliner Wohnung für eine Nacht zu tauschen mit einem Bett im Hotel „Spree-Idyll“. In der eigenen Stadt ins Fremdenzimmer zu gehen. Gast zu sein, wo man eigentlich heimisch ist. Und dabei entdecken, wie fern das Nahe ist. Nicht nur die Federn sind fremd. Was für eine Idee.

Hier ist alles, was Kapitäne und Matrosen brauchen können

Das Hotel „Spree-Idyll“ liegt direkt am Fluss, der hier breit ist und Müggelspree heißt, nur ein paar hundert Meter entfernt vom Fußgänger- und Radfahrertunnel, der vier Meter unter dem Wasser die Köpenicker mit der Friedrichshagener Seite verbindet. Das Hotel ist hineingebaut in ein großes Areal, das sich Wassersportzentrum Berlin nennt, früher eine bedeutende Schiffswerft war und heute alles beherbergt, was Kapitäne und Matrosen brauchen können. Bootsverleih, Bootsverkauf, Bootsbau. Yachtservice, Yachtagentur, Yachtmode. Ein maritimes Freizeitgehege. Darum ist das Hotel auch tiefblau gestrichen.

Eine familiäre, von großer Freundlichkeit geleitete 3-Sterne-Unterkunft, weiter Panoramablick aufs Wasser, ganzjährig geöffnet. Nur 27 Zimmer sind es, und im Sommer ist es nicht einfach, eines davon zu bekommen.

Am Morgen ist die Welt am Müggelsee weiß

„Riviera des Ostens“ hat man den See genannt. Und tatsächlich, das Wintergefühl am Müggelsee ist gar nicht weit entfernt von jenem schwer bezwingbaren Charme, der mediterranen Badeorten eigen ist, wenn man sie außerhalb der Saison besucht. Wenn sich stille Melancholie über die Strände legt, die Farben abzublättern beginnen und alles, was vordem laut und hektisch war, wie in Watte gepackt erscheint. Was für eine gute Idee, hierher zu kommen.

Am Morgen nach einer stillen Nacht ist die Welt am Müggelsee weiß. Es ist nicht Schnee, es ist der Nebel. Er hat sich in Schwaden über die Friedrichshagener Welt gelegt, über Stadt, Wald, Fluss, hat alles Harte weich gemacht und alles Gerade rund. Wie schön zu erfahren, dass sich der Name Müggelsee vom indogermanischen „Migh“ ableitet. Migh heißt Nebel.

Alle Beiträge aus der Rubrik "In fremden Federn" gibt es hier.

Fabian Fröhlich

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