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Beim Einchecken fragt man sich schon ein wenig, wie das nette Vier-Sterne-Hotel und sein eifriges Team in dieses Viertel geraten sind.

© promo

Als Touristin in der eigenen Stadt: Eine Nacht im Wyndham Garden Mitte

Unsere Autorin übernachtet in Wedding und besucht die örtlichen Attraktionen: den Humboldthain und das Automatencasino.

Ausgehtipps? Aber gerne. Mit erfahrener Geste zieht die Rezeptionistin eine brandneue Berlinkarte aus der Holztheke. „Auf der Schönhäuser Allee in Prenzlauer Berg gibt es viele nette Cafés und Restaurants“, erklärt sie routiniert. Zum Bummeln empfielt sie den Alexanderplatz, die Friedrichstraße, den Hackeschen Markt ...

Stopp. „Ich meinte hier im Kiez“, präzisiere ich. Schließlich bin ich im Wyndham Garden Berlin Mitte abgestiegen, um Wedding kennenzulernen. Ich ernte einen ratlosen Blick. Hilflos schaut die Dame vom Hotel zur Mitarbeiterin, die ebenfalls mit einem Achselzucken antwortet.

Osloer Straße? Pass bloß auf, sagten die Kollegen

Hatten meine Kollegen doch recht, die lachten, als ich von meinen Plänen erzählte? Osloer Straße? Was willst du denn da? Pass bloß auf dich auf ...

Tatsächlich fragt man sich, wie das Vier-Sterne-Hotel und sein eifriges Team in dieses Viertel geraten sind. Das Hotel versteckt sich in einem überdachten Hof mit rotem Teppich. In der glitzernden Lobby dudelt Jazzmusik. Ganz fein und warm ist es auch in meinem lila und rosa gestalteten Zimmer. Von der viel befahrenen Straße ist hier nichts mehr zu sehen und zu hören. Die Gäste des Hotels interessieren sich auch nicht besonders dafür. Oft sind sie hier, um Tagungen zu besuchen, oder weil es für ein zentrales Hotel vergleichsweise preiswert ist. Ich gehe spazieren.

Vollbepackte Mütter schieben ihre Buggys über den Gehweg der Prinzenallee, vorbei an billigen Friseursalons, zersägten Weihnachtsbäumen, Spätis, Teppichläden, Kebabhäusern, Ein-Euro-Shops. Die andere Seite von Berlin-Mitte.

Das Hotel versteckt sich in einem überdachten Hof mit rotem Teppich. In der glitzernden Lobby dudelt Jazzmusik.
Das Hotel versteckt sich in einem überdachten Hof mit rotem Teppich. In der glitzernden Lobby dudelt Jazzmusik.

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„Es ist ein ganz toller Kiez“, schwärmt Mourad trotzdem. Der Kellner vom italienisch-türkischen Restaurant „La Fiamma“ lebt gerne in dem vielgesichtigen Kiez. Neben mir schwatzen zwei alte Türken. Einen Tisch weiter flirtet ein deutsches Pärchen über seiner Pizza, und vorne schreit ein Spanier ins Telefon: „Vale! Vale!“.

Ich werde mutig und entscheide mich, eine örtliche Leidenschaft auszuprobieren: Das Kasino! In der Prinzenallee scheint jede dritte Tür zu einer Spielothek zu führen. Der Laden, den ich betrete, ist leer und düster. Mein Auftauchen überrascht die Rezeptionistin. Ich setze mich an einen klingelnden Spielautomaten und drücke minutenlang frenetisch auf den grünen Plastikknopf. Ting-ting-ting-ting. Vier Euro gewonnen! Und gleich wieder verloren. Mist!

Hunde, Kinder, Jogger und heiße Schokolade

Um mich abzuregen, laufe ich weiter in den Park. Im Humboldthain kann man neben Hunden, Joggern und schlittenrutschenden Kindern eine schöne Runde bis zur Panoramaaussicht drehen. Ich entscheide mich, weiter zur Bernauer Straße und zum Mauerpark zu laufen und schenke mir selbst zur Belohnung eine heiße Schokolade im Ost-West-Café.

Ist doch gar nicht so hart, der Wedding, wie man immer hört, denke ich. Gleich mal meine Kollegen anrufen. Ah, nein. Mein Handy ist weg! Irgendein Idiot muss es mir in der U8 geklaut haben.

Karina Kochan

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