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Gut ausgetüftelt. Autos müssen warten, zu Fuß kommt man rüber.

© TB Oder-Spree

Kleinste Kommune mit Straßenbahn: Der Tiger an der Schleuse

Drei Seen, ein Biergarten und viele Terrassencafés: Woltersdorf macht Ausflügler glücklich. Vor allem, wenn sie mit der Tram kommen.

Im Frühling lockt die Liebesquelle. In Woltersdorf, gleich hinter der östlichen Stadtgrenze Berlins ist sie zu finden. Und weil es sich um die kleinste Kommune Deutschlands mit eigener Straßenbahn handelt, lassen wir das Auto gern zu Hause. Bei diesem Ausflug ist der (Schienen-)Weg das Ziel. Am S-Bahnhof Rahnsdorf wartet die Tram bereits. Ein einziges blassgelbes Wägelchen nur, mit den rundlichen Formen der frühen 1960er Jahre.

Neun Stationen sind es bis zur Endstation Woltersdorfer Schleuse. Eine Strecke, die zu Beginn des 20. Jahrhunderts in Betrieb genommen worden war. Viele Woltersdorfer mussten damals zur Arbeit nach Berlin, und immer mehr Großstädter suchten am Wochenende Erholung in frischer Luft. Wie wir heute.

Kaum haben wir Platz genommen auf den soliden Holzbänkchen, fängt das Vergnügen an. „Drrrrr“, klingelt die Tram und fährt los. Rechts und links ist alles grün, sie zuckelt bis zur nächsten Station durch einen lichten Wald. Vögel zwitschern uns in Ferienlaune. Dann folgen die ersten Häuser von Woltersdorf, von Gärten umgeben. Am Thälmannplatz, der sechsten Station, steht ein steinernes Mahnmal, gekrönt von einem Sowjetstern. Getöteten sowjetischen Kriegsgefangen und Zwangsarbeitern der Jahre 1941 bis 1945 wird hier gedacht. Das Bähnchen ruckelt weiter, die Schienen liegen jetzt in Kopfsteinpflaster. Einen Hügel hinauf und wieder hinunter – dann sind wir da. Woltersdorfer Schleuse. Endstation.

Die Liebesquelle sprudelt nicht mehr, wie schade

Auf dem Kalksee schwimmt ein stolzes Schwanenpaar neben einem Schiff, das Kurs auf die Schleuse nimmt. An der Uferpromenade schauen Spaziergänger zu, wie sich bald darauf die Klappbrücke hebt. Während Autofahrer und Radler zur Querung warten müssen, können sich Fußgänger die Schleusung zum Flakensee von oben ansehen. Sie haben ihre eigene Brücke. Von oben erspäht man den verlockenden Biergarten am Kalksee: das Restaurant Liebesquelle. Die Namensgeberin selbst versteckt sich am Fuße des gut hundert Meter hohen Kranichsbergs.

1886 hatte der Verschönerungsverein des Ortes ein schützendes Schmuckgitter um sie herum gebaut und einen Spruch dazu gesetzt: „Aus märkischem Sand entspring ich hell als Labetrunk und Liebesquell.“ Leider sprudelt sie nicht mehr, schnödes Leitungswasser kommt aus dem Hahn. Wie schade.

Über die Enttäuschung hinweg tröstet ein toller Ausblick. Denn auf dem Kranichsberg steht ein Aussichtsturm. Das Original von 1886 brannte im Zweiten Weltkrieg ab, am Neubau von 1962 konnten sich die Besucher nicht lange erfreuen. Die Staatssicherheit der DDR nahm ihn in Beschlag. Nach der Wende konnten alle wieder einen Blick von seiner Aussichtsplattform riskieren. Berlin, gefühlt jetzt so weit weg, ist nah. Der Fernsehturm ist deutlich zu erkennen.

Zahlreiche Lokale locken mit Eis oder Kaffee und Kuchen

Dabei ist das Wahrzeichen auf dem Kranichsberg sogar bei schlechtem Wetter eine Option. Drinnen zeugen Fotos und Erklärungstafeln vom Woltersdorfer Hollywood. Etliche Filme waren zu Beginn des 20. Jahrhunderts hier gedreht worden, der Achtteiler „Die Herrin der Welt“ zum Beispiel, „Das indische Grabmal“ oder „Der Tiger von Eschnapur.“ Regisseur Joe May hatte gar eine Krokodilsbucht am Kalksee ausgewiesen. Von den Kulissen ist leider nichts übrig geblieben.

Wer jetzt ausruhen will, hat die Qual der Wahl. Zahlreiche Lokale locken mit Eis oder Kaffee und Kuchen. Alternativ spaziert man weiter auf dem schönen Uferweg am Flakensee. Hinter hohem Schilf schimmert das Wasser, immer mal wieder gleitet ein Boot vorüber. Eine Badestelle mit großer Liegewiese wartet auf Sommergäste.

Der Weg endet nach einer guten halben Stunde zu Fuß in Erkner, wo Gerhart Hauptmann vier Jahre lang gelebt hat. Seine gelbe Villa ist inzwischen ein sehenswertes Museum, das den Schriftsteller auch aus kritischer Perspektive beleuchtet. Vom Bahnhof Erkner fahren wir mit der Regionalbahn zurück nach Berlin. 40 Minuten dauert’s bis zum Bahnhof Zoologischer Garten. Ach, so schnell. Wir träumen von Woltersdorf. Am Kalksee genießen sie jetzt den romantischen Sonnenuntergang.

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