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Angst in Japan und Südkorea: Ein südkoreanischer TV-Sender berichtet über die nordkoreanische Rakete, die Japan überflog und dann ins Meer stürzte.

© dpa

Raketen Richtung Japan: Nordkorea testet Trump mit präzisem Kalkül

Pjöngjang provoziert mit immer neuen Raketentests, bleibt jedoch unterhalb der „roten Linie“ des US-Präsidenten. Bei allen Drohgebärden gibt es eine gute Nachricht. Ein Kommentar.

Ein Kommentar von Christoph von Marschall

Was geht im Kopf eines Diktators vor? Für Menschen, die in Westeuropa im Frieden leben und in der Überzeugung, dass Krieg als Mittel der Politik nicht taugt, ist das schwer nachvollziehbar. Eines ist nach den jüngsten Raketenabschüssen Nordkoreas offenkundig: Kim Jong Un ist weder ein Hasardeur noch weltfremd. Er kalkuliert präzise. Die Schüsse sind eine Provokation, die Donald Trump nicht ignorieren kann. Sie bleiben aber unterhalb der „roten Linie“, bei deren Überschreiten der US-Präsident mit einem Militärschlag gedroht hatte.

Kim Jong Un überspielt, dass er zurückweicht

Kim überspielt so, dass er zurückgewichen ist. Er hat seine Drohung, den US-Stützpunkt Guam anzugreifen, nicht wahrgemacht. Der liegt südlich von Nordkorea. Die Kurzstreckenraketen am Sonnabend schoss er nach Osten ins Meer. Die Mittelstreckenrakete am Dienstag erneut nach Osten, über Japan hinweg in den Pazifik. Das war gefährlich. Nordkoreas Raketentechnik ist unzuverlässig, die Flugkörper brechen oft in der Luft auseinander. Wäre das über Japan geschehen, hätte es Tote, Verletzte und Schäden geben können.

Es bleibt die Frage, was Kim erreichen will? Schon klar, im Idealfall möchte er sich ungestört Atomraketen verschaffen als Überlebensgarantie für sein menschenverachtendes Regime. Der Rest der Welt will das verhindern. Der UN-Sicherheitsrat hat seine jüngsten Beschlüsse einstimmig gefasst. Auch China und Russland, die im Verdacht stehen, Raketentriebwerke an Nordkorea geliefert oder den Schmuggel zugelassen zu haben, stimmten für harte Sanktionen.

Auch China und Russland verurteilen Nordkorea

Was könnte Kim unterhalb der Schwelle einer anerkannten Atommacht haben wollen? Früher war die Vermutung: den direkten Dialog mit den USA, denn der bedeutet Prestigegewinn. Aber Trump hatte sogar ein direktes Treffen angeboten. Kim nahm das nicht an, sondern schoss mit Worten und Raketen. Trump schoss verbal zurück. Sein Außenminister Rex Tillerson erneuert jedoch unermüdlich das Gesprächsangebot. Parallel verlangen China, Japan, Südkorea und die UN die Rückkehr zu den Sechs-Parteien-Gesprächen.

Der aktuelle Konflikt hat eine kurz- und eine langfristige Komponente. Nordkorea wird, erstens, hyperaggressiv, wenn ein neuer Führer an die Macht kommt, wie Kim Jong Un 2011. Und zweitens, wenn ein neuer US-Präsident ins Amt kommt. Das gilt heute für Trump wie 2009 für Obama.

Die gute Nachricht: Der Diktator ist kein Hasardeur

Langfristig gilt: Die USA werden nicht zulassen, egal wer im Weißen Haus regiert, dass Nordkorea sich Atomraketen verschafft, die Millionenstädte in den USA erreichen. Leider gibt es nur wenige Optionen, dies zu verhindern. Die militärische Option würde wohl Millionen Menschen das Leben kosten. Zur diplomatischen Lösung muss Kim die Hand reichen. Er ist weder ein Hasardeur noch weltfremd – das ist die gute Nachricht bei all den Drohgebärden.

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