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Die Hände zum Himmel: Festlich beleuchtete Fahrgeschäfte katapultieren die Wiesnbesucher in die Lüfte.

© Andreas Gebert/dpa

Oktoberfest-Start: 600.000 Besucher am ersten Wiesn-Wochenende

Kühle Temperaturen draußen, heiße Stimmung drinnen: Nasskalt und dennoch mit großer Feierlaune hat das Münchner Oktoberfest begonnen.

Zuerst floss Regen, dann Bier in Strömen - feucht-fröhlich hat am Wochenende das Münchner Oktoberfest begonnen. Bunte Schirme unter grauem Himmel prägten zeitweise das Bild, dazwischen Lichtblicke mit Sonnenstrahlen. In den Zelten feierten die Gäste ausgelassen und entspannt.

Terror-Sorgen blieben außen vor. Immerhin ist die Theresienwiese für die nächsten zwei Wochen mit Hunderten Polizeibeamten und weit über 1000 Security-Mitarbeitern einer der bestbewachten Orte der Welt. Die Kontrollen, das Rucksackverbot und der Zaun rund ums Festgelände hielten die Gäste nicht ab: Rund 600.000 Besucher und damit 100.000 mehr als im Vorjahr kamen am ersten Wochenende nach Schätzungen der Festleitung zum größten Volksfest der Welt. „Die Liebe zur Wiesn kehrt zurück“, sagte Festleiter und Bürgermeister Josef Schmid (CSU).

Hatten manche den Trachtentrend schon im Abklingen gesehen, so wurden sie am Samstag und Sonntag eines Besseren belehrt: Lederhose und Dirndl, letztere sogar in seriös-hochgeschlossenen Varianten, dominierten die Oktoberfest-Mode. Kombiniert wird häufiger als früher mit traditionellen Haferlschuhen - und immer wieder mit weißen Turnschuhen.

Barack Obama hatte abgesagt

Auch die Prominenz feierte mit - ein wenig. Barack Obama, von Oberbürgermeister Dieter Reiter (SPD) ausdrücklich eingeladen, hatte abgesagt. In den einschlägigen Zelten herrschte eher mäßige Promi-Dichte. Fußball-Nationalspieler Mats Hummels war da, der Maler Markus Lüpertz, die Schauspielerinnen Susanne Wuest und Sibel Kekilli, die Schlagerstars Marianne und Michael Hartl sowie Roberto Blanco, TV-Moderator Florian Silbereisen, Sänger Patrick Lindner mit seinem Lebenspartner Peter Schäfer. Für Empörung hatte zeitweise eine Internetseite gesorgt, die Schwule auf der Wiesn zur Zurückhaltung mahnte - weil angeblich nicht jeder Besucher des Oktoberfest so tolerant sei, dass er sich über schwule Paare freue.

Auf den Bänken in den Zelten schunkelten die Massen zu erprobten Wiesn-Hits, unzählige Male erhoben sich unzählige Krüge zum „Prosit der Gemütlichkeit“. Zehntausende Liter Bier rannen durch durstige Kehlen. Am Hügel hinter den Zelten übermannte manch einen der Schlaf - über den die Polizei sorgsam wachte: Die Beamten nahmen mehrere Diebe fest, die sich an die Taschen der bierselig Träumenden herangemacht hatten - und prägten für die Langfinger erstmals den speziellen Wiesn-Begriff „Schläferdiebe“.

Wiesnbesucher stoßen vor einem Bierzelt auf dem Oktoberfest mit Maßkrügen an.
Wiesnbesucher stoßen vor einem Bierzelt auf dem Oktoberfest mit Maßkrügen an.

© Andreas Gebert/dpa

Zwei Straßen weiter bei den Schaustellern katapultierten festlich beleuchtete Fahrgeschäfte die Gäste gen Himmel - den Wiesnchef Schmid zuvor mit nur partiellem Erfolg um gutes Wetter angefleht hatte. Er habe versucht, den Petrus anzurufen, ihn aber nicht erreicht, sagt Schmid nach dem verregneten Einzug der Wirte am Samstag.

Unter Regenschirmen hatten die Besucher stundenlang geduldig bei mitgebrachter Brotzeit, Kaffee und Bier vor den verschlossenen Eingängen ausgeharrt, die erstmals erst um 9.00 Uhr öffneten. „Man muss sich das Oktoberfest verdienen“, meinte ein Besucher aus Kanada. Und ein anderer Gast kündigte ungeachtet der neuerlich schärferen Sicherheitsmaßnahmen an: „Wir kommen wie immer jeden Tag.“

Der größte Wunsch aller: Dass nichts passiert

Begrüßt über die neue Lautsprecheranlage, die im Alarmfall Besucherströme sicher leiten soll und mit der Grüß-Gott-Ansage am Morgen ein bisschen Bahnhofsflair verbreitete, stürmten schließlich die ersten Gäste aufs Gelände - ein Wettlauf um die besten Plätze im Bierzelt. Zuvor waren gerade erst die letzten Lieferwagen vom Festgelände gerollt. Die Entzerrung von Lieferverkehr und Besucherströmen ist eine Konsequenz aus den Lkw-Anschlägen unter anderem in Nizza, Berlin, London und Barcelona.

Am Samstag hatte Oberbürgermeister Reiter das Fest eröffnet und mit Bayerns Ministerpräsident Horst Seehofer (CSU) auf eine friedliche Wiesn angestoßen. Das ist der größte Wunsch aller - dass nichts passiert.

Den Endspurt des Bundestagswahlkampfes sehen Sicherheitsexperten als zusätzliches Risiko. Die Wiesn selbst ist traditionell politikfreie Zone und als Wahlkampfbühne tabu. Hier soll gemeinsam gefeiert werden, jenseits von Parteipolitik, Alltags- und Terror-Sorgen. Seehofers Rat: Die Menschen sollten diese Wiesn „als Wohlfühltermin wahrnehmen“.

Reiter wiederum, der das erste Fass Bier erneut erfolgreich mit nur zwei Schlägen anzapfte, destillierte daraus eine Regel, die weit über das Oktoberfest hinaus Geltung haben kann: „Präzise ist wichtiger als fest.“ (dpa)

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